Der Cowboy
Lichtzeichen gebe, dann habe ich mich dagegen entschieden.”
Quinn hatte vor lauter Eifer ganz vergessen, dass Jo sich noch gar nicht sicher war. “Oh.” Er sah sie an wie ein Hundewelpe, den jemand im Regen ausgesetzt hatte. Sein Verlangen machte ihn zu einem willenlosen Sklaven. “Bitte gib mir das Zeichen!”
“Wir werden sehen, Quinn. Ich habe Angst, dass wir einen riesigen Fehler machen. Du denkst zu kurzfristig.”
“Allerdings. Ich kann nicht weiter denken als von jetzt bis heute Nacht um elf. Was, wenn du einschläfst und mich einfach vergisst?”
“Das wird nicht passieren, da kannst du dir sicher sein.” Sie stellte sich auf die Zehen und gab ihm einen hastigen Kuss. “Beobachte mein Fenster”, hauchte sie ihm ins Ohr. Dann wand sie sich aus seiner Umarmung, schnappte sich ihren Hut und verschwand in Richtung Haupthaus.
Quinn stand im Zwielicht und fühlte sich wie verhext. Noch nie hatte eine Frau so viel Macht über ihn besessen!
Seufzend hob er das Seil auf und begann weiterzuüben. Irgendwie musste er sich ja ablenken, bis es Abendessen gab.
Jo saß Quinn gegenüber und überlegte verzweifelt, wie sie sich entscheiden sollte. So lecker Emmy Lous Braten auch war, Jo brachte kaum einen Bissen hinunter. Quinn allerdings konnte offenbar nichts den Appetit verderben.
“Dir scheint es ja zu schmecken”, sagte sie irritiert, als er sich seinen zweiten Nachschlag nahm. Sie fand es unfair, dass Männern einfach nichts auf den Magen schlug, während Frauen bei jeder Kleinigkeit den Appetit verloren.
“Ich liebe Schmorbraten.” Er warf ihr sein umwerfendes Lächeln zu, ehe er sich wieder auf seinen Teller konzentrierte.
Emmy Lou strahlte ihn vom anderen Ende des Tisches aus an. “Es ist wirklich ein Vergnügen, Ihnen beim Essen zuzusehen, Quinn.”
Fred schnaubte. “Klar, ich bekomm Gänsehaut vom bloßen Anblick.”
“Wirklich?” Benny starrte ihn überrascht an. “Ich sehe sie gar nicht.”
“Ach, Fred, du bist doch bloß eifersüchtig”, erwiderte Emmy Lou. “Weil du nicht mehr so ungehemmt futtern kannst wie in deiner Jugend.”
“Wer behauptet das?” Fred hielt seinen Teller vor. “Noch eine Portion, bitte.”
“Du bekommst keinen Nachschlag von mir.” Emmy Lou schob seinen Teller weg. “Du wirst die ganze Nacht über Sodbrennen haben, das weißt du ganz genau.”
Quinn sah alarmiert auf. “Genau, außerdem sind morgen das Rodeo und der Tanz. Wir alle werden eine ruhige Nacht nötig haben.”
“Stimmt.” Jo hielt sich die Hand vor den Mund, um ihr Lachen über Quinns Eifer zu verbergen.
“Ich weiß verdammt gut, was morgen für ein Tag ist. Ich will trotzdem einen Nachschlag, Emmy Lou!” Fred hielt ihr wieder seinen Teller hin.
Emmy Lou verdrehte die Augen. “In Ordnung, du dickköpfiger alter Esel.” Sie häufte Gemüse und Braten auf seinen Teller. “Aber beschwer dich nicht bei mir, wenn du heute Nacht kein Auge zubekommst.”
Quinn packte Fred am Arm. “Ich glaube, der Braten schmeckt morgen zum Mittagessen noch viel besser, Fred.”
Fred starrte ihn argwöhnisch an. “Hören Sie mir mal zu, Stadtbürschchen. Ich habe schon Emmy Lous Schmorbraten gegessen, da haben Sie noch Windeln getragen. Also erklären Sie mir nicht, wann er am besten schmeckt. Und jetzt Pfoten weg von meinem Arm.”
“Wissen Sie, meine Augen waren größer als mein Magen.” Quinn schob seinen fast vollen Teller weg. “Ich kann nicht mehr. Noch ein Bissen, und
ich
bin hier derjenige mit Sodbrennen. Ich hebe es mir für morgen auf. Wenn wir uns den Braten morgen in der Mikrowelle aufwärmen, muss Emmy Lou uns kein Mittagessen kochen. Was halten Sie davon, ihr Arbeit zu ersparen?”
Fred zuckte mit den Achseln. “Machen Sie doch, was Sie wollen. Emmy Lou weiß, dass sie nicht zu kochen braucht, wenn sie müde ist. Ich bin durchaus in der Lage, mir ein Sandwich zu machen.”
“Ach, wirklich?” Emmy Lou warf ihm einen zweifelnden Blick zu. “Gut zu wissen, Fred. Wann hast du es denn zum letzten Mal versucht? Als du noch keinen Bartwuchs hattest?”
Fred zwinkerte ihr zu. “Ich glaube, ein paar Härchen waren da schon. Und jetzt entschuldige mich, ich habe einen Teller leer zu essen.”
Seit Jo wusste, wie es um Fred und Emmy Lou stand, war sie vollkommen fasziniert davon, wie die beiden miteinander umgingen. Von einer Sekunde auf die andere wurde aus Spaß Ernst und aus Liebenswürdigkeit Gezänke. Sie fragte sich, ob alle langen, glücklichen Beziehungen so
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