Der Cyberzombie
ist eine Hexenjagd. Wir haben keinen konkreten Beweis, der irgend jemanden belastet. Ich weiß, welche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen wurden, um Dunkelzahn zu beschützen. Ich bin immer wieder alle möglichen nur denkbaren Schwachstellen durchgegangen und habe mir über die Ursache der Explosion den Kopf zerbrochen. Und ich werde es wieder tun, aber die Beweise sind zu dürftig, um zu einem endgültigen Schluß zu gelangen. Ihr habt keinen Beweis.«
»Carla ...«
»Quecksilber, gerade du solltest wissen, wie übereilt und gefährlich allein dieses Gespräch ist, ganz zu schweigen davon, diesen Drek auch noch auszuführen. Jemanden von Damien Knights Kaliber zu töten, würde die Welt erschüttern, und zwar in ihren Grundfesten, besonders nach dem Mord an Dunkelzahn. Wir reden hier von grassierender Paranoia. Der Tod einiger mittlerer Execs regt niemanden auf, aber wenn ihr anfangt, Leute wie Knight umzulegen, werden die Konzerne Amok laufen.«
Ryan hob die Hände. »Immer mit der Ruhe, Carla. Noch unternimmt niemand etwas. Das hier ist lediglich eine strategische Besprechung. Wir wissen doch alle, daß man bei den größten Extremen beginnt und dann nach einer gangbaren Lösung sucht, wenn man einen Plan entwickelt. Nehmen Sie es nicht so persönlich. Es ist unbedingt erforderlich, daß Sie Ruhe bewahren und klar denken. In dem Augenblick, in dem Sie zu dem Schluß kommen, daß etwas undurchführbar ist, ist es undurchführbar, und das kann Ihre Möglichkeiten erheblich einschränken.«
Carla holte tief Luft, dann nickte sie und lehnte sich zurück.
Ryan wandte sich an die anderen beiden Frauen. »Okay, nennt mir Alternativen.«
Jane zog eine monodrahtdünne Augenbraue hoch. »Was meinst du damit? Du sagst, du kannst Knight umlegen, ich sage, es muß getan werden. Was gibt es da noch zu bereden?«
Ryan wandte sich an Janes Icon. »Ich erinnere daran, daß ich nicht so sicher bin, ob es getan werden muß. Ich töte nicht ohne Grund, und ungeachtet meiner Gefühle für Knight habe ich nicht die Absicht, jetzt damit anzufangen.«
»Endlich, die Stimme der Vernunft«, sagte Carla mit einem müden Händeklatschen.
Ryan runzelte die Stirn. »Freuen Sie sich nicht zu früh, Carla. Ich sagte, ich töte nicht ohne Grund. Ich habe meinen Verdacht noch nicht bestätigt, und um ehrlich zu sein, ist das der Hauptgrund, warum Damien Knight derzeit noch unter den Lebenden weilt. Mir gefällt Nadjas Idee. Wir finden mehr heraus und überlegen uns dann unsere Handlungsweise.«
Nadja sah von ihrem Schreibtisch auf, wo sie die letzte Minute getippt hatte. »Ryan, Damien kommt heute nachmittag ins Watergate Hotel zu einer Lunchparty, um Unterstützung für meine Nominierung als Vizepräsident zu sammeln. Wahrscheinlich will er von mir wissen, was ich mit meinen Gavilan-Aktien zu tun gedenke.«
Ryan nickte.
Nadja fuhr fort. »Ich könnte eine private Unterredung mit ihm führen und versuchen, ihn auszuhorchen. Vielleicht läßt er einen Knochen fallen.«
Jane schnaubte verächtlich. »Ja, und vielleicht fliegen demnächst blaue Affen aus meinem Hintern.«
Ryan lachte. »Jane hat recht. Er wird sich bei dir nie verplappern. Er muß so viele geistige Barrieren um sich aufgebaut haben, daß er wahrscheinlich eine Stunde braucht, nur um sich mental auf die Party vorzubereiten.«
Carla zuckte die Achseln. »Was dann? Entführen wir ihn und unterziehen ihn so lange einer Gehirnwäsche, bis er gesteht?« Ihr Tonfall war sarkastisch, aber Ryan erwog ihren Vorschlag einen Moment lang ernsthaft, bevor er ihn abhakte.
Dann erhob er sich und ging zum Fenster, wo er das makellos gepflegte Grundstück betrachtete. Etwas aus Roxboroughs Vergangenheit drängte an die Oberfläche.
Roxborough war in London auf einer Party für den Geschäftsführer von Intellynx, einem mittelgroßen Konzern, den er aufkaufen wollte. Ryan erinnerte sich, daß er nervös gewesen war und vor innerer Unruhe fast gezittert hatte. Aber er hatte auch Erregung empfunden, den Nervenkitzel der Jagd.
Er hatte über eine Stunde damit verbracht, der Privatsekretärin des Geschäftsführers zu schmeicheln. Ryan konnte sich nicht mehr an ihren Namen erinnern. Nachdem er sich eine Ewigkeit bemüht hatte, sie so betrunken zu machen, daß sie vergaß, wer er war und was seine Anwesenheit bedeutete, hatte Roxborough ihre anschaulichen Schilderungen der Sexorgien, Fetisch-Partys und heimlichen Treffen aufgezeichnet, an denen sie teilgenommen hatte. Alles auf Befehl ihres
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