Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
berühren.
Nur Ansehen! Dies war auf diversen Hinweisschildern in allen möglichen (und unmöglichen) Sprachen und Schriftzeichen zu lesen. Das schien wohl auch durchaus nötig zu sein, denn die Wesen in der Warteschlange waren so verschieden wie die gesamte Bevölkerung im Nichts. Nur eines hatten sie alle gemeinsam. Sie waren in Eile. Selbst die Auserwählten, obwohl auf sie kein Reisebus wartete, sondern noch 1.000 weitere Abenteuer. Und Lisa. Endlich waren sie an der Reihe. Sie blickten schließlich auf eine rund drei Meter hohe Marmorsäule, die mit goldenen Verzierungen übersät war. Sie hatte die Form zweier Kegel, deren Spitzen sich in der Mitte berührten. Am unteren und oberen Ende besaß die Säule in etwa den Umfang einer ausgewachsenen Birke. Und über der Säule schwebte, ohne diese selbst zu berühren, eine Kugel. Exakt geteilt in eine weiße und in eine schwarze Hälfte. Sie war beinahe so groß wie ein Basketball und schien aus Stein zu bestehen. Sie drehte sich langsam und gleichmäßig um ihre eigene Achse. Wenn man genau hinsah, erkannte man, dass blasse Strahlen von ihr ausgingen, die sich in alle Himmelsrichtungen ausdehnten, und zwar unaufhörlich. Hier entstanden also Raum und Zeit des Nichts. Ben wollte mehr wissen und fragte den schneeweißen menschenähnlichen Wächter, der vor der Säule stand.
„Entschuldigen Sie, sind sie der Jongleur der Zeit?“
„So nennt man mich“, antwortet er einsilbig. Der Jongleur war an die einsachtzig hoch gewachsen und weder Mann noch Frau, denn obwohl er nackt war, wies er keinerlei äußere Geschlechtsmerkmale auf. Ansonsten konnte man ihn für einen kahlen, beinahe schneeweißen und feingliederigen Menschen halten. Seine Augen schimmerten in einem Hauch von Blau.
„Darf ich erfahren, was es mit dem Stein und mit ihnen selbst auf sich hat, Jongleur? Ich stamme aus einer anderen Dimension und bin sehr daran interessiert. Außerdem gehören meine Freunde und ich zu den Auserwählten um ihre Nachfolge. Daher gehen uns natürlich eine Menge Fragen durch den Kopf, die Sie uns vielleicht beantworten könnten. Wenn Sie Zeit dafür haben, natürlich ...“
„Sicher habe ich Zeit. Ich bin ein Teil der Zeit. Alles dürfen du und deine Freunde allerdings nicht wissen. Niemand darf das. Und dass ihr die Auserwählten seid, ist mir selbstverständlich bekannt, denn ich war es schließlich, der diese Auswahl einst getroffen hat. Doch auch ihr dürft noch nicht die volle Wahrheit über den Stein erfahren, denn das ganze Wissen wäre gefährlich für jeden. Nicht einmal ich weiß wirklich alles. Aber was euch gestattet ist, sollt ihr erfahren: Schon bevor es die Zeit gab und den Raum, lebte er – der uralte Unsterbliche. Er war ganz allein. Nur einen einzigen großen, schwarzweißen Felsen hatte er, auf dem er saß. Niemand weiß, woher der Alte und sein Felsen kam. Vielleicht nicht einmal er selbst. Womöglich war er schon immer da. Doch einmal war der Alte es leid, so einsam auf einem Stein im Nichts zu sitzen. Er brach einen kleineren Stein aus seinem Felsen und formte diesen auf wundersame Weise rund. Er wurde zum Heiligen Stein von Raum und Zeit. Zu dem Stein, den ihr hinter mir seht. Er schenkte ihn dem Nichts. Er war und ist zu zwei völlig gleichen Anteilen schwarz und weiß. In ihm waren seit jeher aller Raum und alle Zeit dieser Welt enthalten. Einmal vom großen Felsen getrennt, setzte er seine Kraft frei und schuf alles, wie es ist. So kennen wir heute die Tage, die Monde, die Sommer. Den Himmel und die Erde. Das Land und das Wasser. Und alles Leben im Nichts, dass wir kennen. Der Stein darf niemals bewegt oder auch nur angefasst werden, da sonst ein Ungleichgewicht entstehen könnte. Und wenn er gar zerbrechen würde, dann zerbricht auch unsere ganze Welt. Vielleicht sogar andere Welten gemeinsam mit der unseren. Nur die Herrscher des Nichts haben die Macht, den Stein in seinen Drehungen mit der Kraft ihrer Gedanken zu lenken. Die weiße Königin des Lichts hütet die gute Seite, der Fürst der Dunkelheit in seinem schwarzen Turm die böse. Niemals darf eine Seite gewinnen, denn alles hat seine Daseinsberechtigung. Und wenn eine Seite stirbt, stirbt auch die andere. So wie die Kugel keine Kugel mehr sein wird, wenn eine Hälfte von ihr verloren geht. So halten die beiden Herrscher den Heiligen Stein in einem ewigen Gleichgewicht. Und keine Änderung der Drehung geschieht ohne Einwilligung des anderen. Weil beide Herrscher vom Bestehen des
Weitere Kostenlose Bücher