Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
weitere Jahre mindestens.“
„Du bist tausend Jahre alt?“, fragte Ben ungläubig. „Du bist doch noch ein Kind!“
„Das stimmt. Ich war immer ein Kind, bin eines und werde wohl immer ein Kind sein. Denn nur ein Kind kennt den Weg hinaus. Wer, wenn nicht ich, würde die Verirrten des Labyrinths bis an die ersehnte Tür bringen? Ohne mich müsste jeder sterben und die Gänge des Irrgartens wären mit den Gebeinen der verzweifelten Sucher übersät.“
Als Ben das hörte, kam ihm eine Idee. Vielleicht ...?
„Kind des Labyrinths, hast du in den letzten Tagen vielleicht ein anderes Mädchen hier getroffen, dem du den Weg nach draußen gezeigt hast? Lisa ist recht zierlich, hat rotes, langes Haar und grüne Augen. Sie müsste auf dem Rücken einen Rucksack wie den unseren getragen haben.“
„Ja, ich denke, ich kenne dieses Mädchen. Sie fand mich einen Tag, bevor der weinende Junge zu mir kam. Und ich habe auch ihr den Weg gezeigt.“
„Bitte zeige auch uns den Weg. Wir müssen unsere Freundin finden. Ging es ihr denn gut, als du sie getroffen hast?“
„Ja. Sie war in Ordnung, denke ich. Und nun schließt die Augen.“
Die Fünf wussten nicht warum sie das von ihnen verlangte, aber sie nahmen den Jungen und die beiden Katzen. Dann schlossen sie die Augen.
„Ich weise euch den Weg“, hörten sie das Mädchen sagen.
Dann hörten und sahen sie nie wieder etwas von ihr. Mit geschlossenen Augen sahen sie – wie in einem dreidimensionalen Computerspiel – verschiedene Steinwände, Gänge und Winkel des Labyrinths auf sich zu kommen. Immer weiter und schneller bewegten sie sich im Geiste durch den Irrgarten. So schnell, dass sie schließlich nichts mehr um sich herum eindeutig erkennen konnten. Charly fühlte sich an einen Besuch auf der Computermesse erinnert, während dessen er eines der modernen Cyberspace-Spiele ausprobiert hatte, bei dem man sich, obwohl man sich keinen Schritt weiter bewegte, in einer fremden virtuellen Welt austoben konnte. Genau das geschah auch hier mit ihnen. Aber in was für einem Tempo! Welch ein Strudel aus Licht und Farben; einfach sensationell. Doch abrupt war ihre Reise im Geiste beendet. Vor sich – immer noch mit geschlossenen Augen – erblickten sie endlich den Ausgang aus dem Labyrinth. Ein schlichtes, großes Loch in der hellgrauen Mauer, hinter dem sie eine seltsam trostlose Landschaft erwartete. Dann öffneten sie nacheinander die Augen und sahen ... das gleiche, was sie zuletzt auch im Geiste vor sich gesehen hatten: Den Ausgang aus dem Irrgarten. Sie schritten durch das Tor und befanden sich endlich wieder im Freien. Sie hatten nicht nur das Labyrinth, nein, sie hatten nun endgültig das ganze Zentrum hinter sich gelassen. Eine weitere Etappe auf ihrem Weg zum Unsterblichen war abgehakt. Doch wie viele weitere Abenteuer warteten wohl noch auf sie, bis sie endlich ihre Aufgaben alle erfüllt haben würden?
Doch zunächst einmal mussten sie sich an die neuen Eindrücke gewöhnen: Vor dem Sextett lag eine weite Ebene, in der nichts auf das Vorhandensein irgendeiner Lebensform hinwies. Kein Tier, keine Pflanze, kein Geräusch. Nur eine öde Fläche aus fester Erde und vereinzelten, verwitterten Felsbrocken, soweit das Auge reichte. Und über allem der grenzenlose, blaue Himmel. Keine Wolke verdeckte die Sicht in die Unendlichkeit des Nichts. Nur die gute alte Sonne wies die Reisenden wie eh und je ihren Weg. Und wieder einmal fragte sich Ben, ob es wohl die gleiche Sonne sein mochte, die auch in seiner Heimatdimension für Leben, Licht und Wärme sorgte.
„Irgendwelche Vorschläge, wie's weitergeht?“, sprach der alte Wirt die ersten Worte, seitdem sie das Zentrum verlassen hatten.
„Na, einfach immer der Nase nach!“, mutmaßte Charly.
„Warum nicht? Alle Wege führen nach Rom“, sagte Ben, der heilfroh war, dem furchtbaren Labyrinth endlich entkommen zu sein.
„Rom? Was soll das sein?“, fragte Nessy berechtigterweise.
Schließlich nahmen sie die lange Reise wieder auf. Weiter nach Norden, auch wenn es hier eigentlich keinen Norden gab, oder? Erst wenige Minuten waren sie unterwegs, da drehte sich Ben unwillkürlich noch einmal um. Die gewaltigen Mauern des Labyrinths waren immer noch da. Wo sollten sie auch sonst sein? Doch der Ausgang, das Mauerloch war wie von Geisterhand wieder verschwunden. Es gab also kein Zurück! Ben fand das allerdings nicht unbedingt bedauernswert.
Die Umgebung, durch die sie nun wanderten, veränderte sich bis zum
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