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Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)

Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)

Titel: Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz-Josef Dohmen
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auf dein Gefühl.“
    „Ich bin keine Hexe wie du. Ich habe nichts Magisches an mir.“
    „Nein nein. Keine Zauberkräfte oder so etwas. Ich kann mit Tieren sprechen und habe so manchen Trick auf Lager, aber du hast ein Gespür dafür im rechten Moment das Richtige zu tun. Das habe ich sofort bemerkt, als ich dich zum ersten Mal sah. Vielleicht ist Magie das falsche Wort dafür, aber du siehst manche Dinge nicht nur mit den Augen. Vielleicht bist du auch deshalb die Auserwählte geworden.“
    „Ich hoffe, du hast Recht. Ich werde jede Gabe brauchen können, die ich kriegen kann. Und wirklich jeden Verbündeten. Glaubst du, ich werde ihn in dem Haus mit der Zahl Drei finden?“
    Renata überlegte einige Augenblicke lang. Dann sagte sie: „Ganz bestimmt. Sonst ergibt das alles keinen Sinn, oder?“
    „Stimmt wohl. Also lass uns losgehen. Begleitest du mich bis zum Felsen?“
    „Selbstverständlich, Kindchen. Aber zuerst müssen wir deine Reise so gut es geht vorbereiten.“
    Und so verbrachten die beiden Freundinnen, die sich doch eben erst kennengelernt hatten, ihre knapp bemessene gemeinsame Zeit damit, Lisas Reise ins Unbekannte so gut wie möglich zu planen. Sie sortierten den Inhalt des Rucksacks neu, den das Mädchen mitnehmen würde, ergänzten ihn um frisch gefüllte Wasserflaschen, Trockenfleisch (vom Hyaenodon vermutlich), Brot und Obst und flickten Lisas Kleid, damit sie einen möglichst guten Eindruck machen würde in der Nebenwelt. Renata beschwor ihre jüngere Freundin, sich immer dicht an ihren Verbündeten zu halten und ihn nicht aus den Augen zu verlieren, damit sie die Prophezeiung würde erfüllen können. Beide hofften, dass es ein netter Zeitgenosse sein würde, allerdings hatte sich der Priester hierzu nicht geäußert. Zudem sei neben dem Messer Haams eine weitere Waffe von Vorteil, mutmaßte die Hexe. Doch da sie eine friedliche alte Frau war, förderte sie lediglich einen rostigen Schürhaken zu Tage, den sie kurzerhand mit in den proppenvollen Rucksack des Mädchens steckte. Schließlich wusste man ja nie, wofür er einmal gut sein könnte. Einen vermeintlichen Talisman gab Renata ihr zum Schluss noch mit auf den Weg. Es handelte sich um einen Anhänger aus purem Gold in der Form eines Apfels an einer ebenfalls goldenen Halskette. Die Hexe wusste nicht, ob ihm magischen Eigenschaften innewohnten,  aber  immerhin war der Apfel ihre Lieblingsfrucht und das Schmuckstück das einzig Goldene, was sie besaß. Sie hatte es vor eigen Zeiten von ihrer Mutter geerbt und stellte somit in zweifacher Hinsicht ihren kostbarsten Besitz dar.
    „Aber Renata, das darfst du mir nicht schenken. Du hast mir doch erzählt, das gehörte einst deiner Mutter.“
    „Ich weiß, Kindchen. Aber ich werde in meinem Alter ganz sicher keine Tochter mehr bekommen. Also habe ich auch niemandem, dem ich das Schmuckstück geben könnte, bevor ich abtrete. Und du bist mir mehr Tochter, als es irgendwann zuvor jemand gewesen wäre, auch wenn wir uns erst heute kennenlernen durften. Ich fühle die Verwandtschaft unserer Seelen, und weder meine Mutter, noch meine Großmutter wären wohl dagegen, wenn ich es dir schenke. Mir hat es Zeit meines Lebens Glück gebracht und dir nun hoffentlich auch. Du wirst es brauchen können, Tochter meines Herzens.“
    Lisa weinte, ohne sich ihrer Tränen zu schämen und brachte nur ein schluchzendes „Danke“ hervor, dann umarmte sie die Hexe so fest sie konnte. Schweigend verbrachten sie so einige Minuten, bevor Renata auf die einsetzende Dämmerung hinwies, die durch die Fenster zu erkennen war.

„Komm, mein Schatz. Es ist Zeit zu gehen.“
    „Ja“, flüsterte das Mädchen und hatte nur ein ganz kleines bisschen Angst.
     
    Sie kehrten Seite an Seite zurück zu dem Handelspfad und dem bemoosten Felsbrocken in Form eines Fisches. Dieses Mal verliefen sie sich nicht, denn sie waren nun zu zweit. Vom Kartoffelkobold, den Lisa an dieser Stelle zurückgelassen hatte, war weit und breit nicht zu sehen. Vermutlich hatte er Angst vor der Hexe. Danach setzten sie den Weg, den Lisa drei Tage zuvor begonnen hatte, nach Norden fort; doch nicht für lange, denn schon nach wenigen Kilometern erreichten sie in dem Augenblick, in dem die Sonne sich anschickte, einmal mehr am Horizont unterzutauchen, die Wegscheide. Während der gerade Weg weiter nach Norden führte und festgetretene, dunkle Erde auf einer Breite von rund drei Metern den weiteren Pfad markierte, war die Abzweigung im Dämmerlicht

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