Der Dämonen-Gnom
Verräter sterben würde.
Bestimmt durch die Messer!
Ja, die erste Klinge wurde geworfen.
Sie traf, sie fraß sich in den Körper hinein, und auch der Zwerg erlebte zum erstenmal die magische Wirkung, denn dieses Feuer hatte er bisher noch nicht zu sehen bekommen. Weiße Flammen, die sich allerdings immer tiefer fraßen, den Körper aushöhlten und ihm von innen her die gefährlichen Wunden zufügten.
So konnte er nicht überleben, denn auch die anderen Messer trafen zielgenau.
Und noch etwas entstand.
Im Hintergrund und auch jenseits des Wagens rötete sich die Spiegelfläche, als hätte dort jemand ein Feuer entfacht. In großen Wolken breitete es sich aus, es bekam immer mehr Nahrung, es tanzte hoch, und in ihm bewegten sich zwei nackte Gestalten.
Ein Mann und eine Frau!
Der Gnom beugte sich vor, als hätte jemand an einem Faden gezogen.
Seine große Stirn legte sich in Falten, und er schüttelte den Kopf, wobei sich gleichzeitig sein Mund in einem ungläubigen Staunen öffnete.
Beide waren nackt.
Er kannte sie.
Die Frau… das… das war seine Mutter. Und sie hielt seinen nackten Vater an der Hand, um mit ihm durch das heiße Feuer zu tanzen, als würden sie sich darin wohl fühlen.
Zwar bewegten sich beide auf der Stelle, für den Gnom jedoch sah es aus, als würden sie näher an ihn herankommen, ohne selbst etwas dafür zu tun und nur von der Hitze der Flammen nach vorn gedrückt zu werden. Eine rätselhafte unwahrscheinliche Begebenheit, die Pablo nicht mehr auf die Reihe bekam, aber sie akzeptierte und weiter zuschaute, wie sich dieser Zweiertanz entwickelte.
Seine Eltern fühlten sich im Feuer wohl. Sie und die Flammen hatten sich mit dem vorderen Bild vermengt, so daß es aussah, als wollten Mann und Frau auf den leblosen Schwarzen treten.
Er lag am Boden und verglühte allmählich. Immer mehr Teile seines Körpers lösten sich auf, begleitet von einem hellen Zischen und Sprühen sowie von tanzenden, langen Flammenarmen, die sich gegen die Decke richteten, aber dort keinen Schaden anstellten.
Teile waren aus dem Körper des Schwarzen einfach fortgebrannt worden, und die vier geisterhaften Gestalten bückten sich, um wieder ihre Messer an sich zu nehmen.
Gemeinsam zogen sie sich zurück, und gemeinsam verschwanden sie auch. Für den Gnom sah es aus, als wären sie von der rückwärtigen Spiegelwand aufgesaugt worden.
Zurück blieben seine Eltern!
Sie starrten nach vorn. Er konnte ihre Gesichter gut erkennen, und er sah auch das böse Lächeln darauf. Pablos Augen glänzten. Er fuhr mit der Handfläche über sein Gesicht, streckte dann den Arm aus, um gegen die blanke Spiegelfläche zu tippen, berührte sie auch, ohne etwas zu spüren, denn sie war kühl wie immer.
Seine Eltern grinsten und winkten ihm zu, bevor sich die beiden nackten Gestalten mit einem gemeinsamen Sprung zurückwarfen und verschwanden. Dem Gnom kam es so vor, als wären sie wieder zurück in ihr Totenreich gegangen, aus dem sie auch gekommen waren.
Nur noch sich selbst sah er in der Spiegelfläche abgebildet, und er kam sich jetzt vor, als würde er allmählich aus einem Traum erwachen, wobei Pablo genau wußte, daß es kein Traum war.
Cäsar war tot. Er brauchte nur hinzugehen, um sich zu überzeugen, aber was war mit seinen Eltern? Warum hatte er die, die schon lange tot waren, in dem Spiegel gesehen? Sie waren bei einem Unglück, bei einem Brand ums Leben gekommen. Auf dem Spiegel aber hatte es ausgesehen, als wäre das Feuer ihr Freund und die Flammen hätten ihnen als wundersame Kleidung gedient.
Pablo dachte jetzt darüber nach, was er überhaupt von seinen Eltern wußte.
Viel war es nicht. Er war zwar ihr Sohn, aber sie hatten doch nebeneinander hergelebt, und er hatte auch nie sehr viel Vertrauen zu ihnen gefaßt. Auch sie waren Artisten gewesen, doch dann durch ein Feuer ums Leben gekommen. Warum sah er sie?
Waren sie damals, als sie noch ganz normal lebten, ebenfalls nicht normal, sondern magisch begabt gewesen?
Er konnte sich selbst keine Antwort darauf geben, mußte sich aber beruhigen und sagte sich dann, daß seine Eltern oder deren feinstoffliche Körper so etwas wie ein magischer Katalysator zwischen ihm und den vier Geistern waren.
Vielleicht hatten sie auch damals die Messer geführt, um die Grausamen zu töten. Es war eben alles möglich, doch als Problem sah er dies nicht an. Auch das Erscheinen seiner Eltern konnte ihn von den eigentlichen Aufgaben nicht abbringen.
Er würde weitermachen.
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