Der Dämonen-Turm Traumtor-Trilogie Band I (German Edition)
und habe erst abgewartet, ob alles ruhig blieb.“
„Das war schon richtig!“ Targil war besänftigt. „Aber die Rehe werden wohl nur deine Witterung bekommen und deshalb das Weite gesucht haben. Vielleicht treiben sich auch ein paar Wölfe hier herum. Aber nun komm, lass uns anfangen! Ich möchte nicht zu viel Zeit verlieren.“
Targil hatte sein Hemd ausgezogen, und nun sah Deina auch die blutverkrustete Wunde in seiner linken Schulter. Der Pfeil war ihm dicht über dem Schulterblatt ins Fleisch gefahren. Targil hatte den Schaft abgebrochen und das zersplitterte Ende ragte aus der Wunde. Er hatte ihn aber nicht herausziehen können, denn die beiden Widerhaken hätten ihm die Wunde dabei aufgerissen.
Beim Anblick des aus dem Fleisch ragenden Pfeilstumpfs verkrampfte sich Deinas Magen. Doch sie riss sich zusammen und trat näher. Aber Targil hatte ihr Zögern bemerkt.
„Ich werde dir sagen, was du tun musst“, meinte er, „da du wohl noch nie selbst an einer Wunde geschnitten hast. Es tut mir leid, dass ich dir das zumuten muss, aber es geht leider nicht anders, da ich selbst die Wunde nicht sehen kann. Du musst am Pfeil vorbei die Wunde mit einem glatten, schnellen Schnitt bis zu den Widerhaken so verbreitern, dass du den Pfeil herausziehen kannst, ohne dass die Haken hängen bleiben. Sonst reißt das Fleisch und die Wunde wird schlecht heilen, mal abgesehen von den Schmerzen, die mir das bereiten würde. Auch so kann es sein, dass ich vielleicht das Bewusstsein verliere, aber du weißt ja wohl, was du tun musst, wenn der Pfeil draußen ist. Ich habe dir dort sauberes Leinen bereitgelegt. Der Saft des Krauts wird die Blutung schnell stoppen. Und nun fang an!“
Targil drückte ihr den Dolch in die Hand und legte sich dann bäuchlings auf dem Boden nieder. Da er genau wusste, dass er wegen der Nähe der Kawaren nicht schreien durfte, presste er sein Gesicht in sein zusammengeknülltes Hemd.
Mit zitternden Händen kniete Deina neben ihm nieder. Mit einem Stück des Tuchs, das sie aus einem der Wasserschläuche befeuchtet hatte, wusch sie das verkrustete Blut ab, damit sie die Wunde besser sehen konnte. Als sie dabei ungeschickt an den abgebrochenen Pfeilschaft stieß, zuckte Targil zusammen und die Muskeln seines Rückens verkrampften sich.
Deina nahm ihren ganzen Willen zusammen und schob den Dolch am Pfeil entlang in die Wunde. Targil stöhnte auf und seine Hände krallten sich in den Stoff des Hemdes. Übelkeit stieg in Deina auf, als das Blut erneut zu fließen begann. Fast wäre es ihr schwarz vor Augen geworden, doch dann machte sie einen entschlossenen Schnitt. Mit einem erstickten Schrei bäumte sich Targil auf, doch zum Glück hatte Deina den Dolch schon wieder herausgezogen. Targil sank auf die Decke zurück, er hatte das Bewusstsein verloren.
Aus der verbreiterten Wunde lief erneut viel Blut, und Deina bemühte sich verzweifelt, die Blutung mit einigen Tüchern einzudämmen. Dann packte sie beherzt den Pfeilschaft und zog daran. Zuerst gab er nicht nach, doch nach einem weiteren kräftigen Ruck hielt Deina wie blutige Pfeilspitze mit den scharfen Widerhaken in der Hand. Rasch drückte sie ein zusammen gefaltetes Leinenstück auf das nachdringende Blut. Was nun? Ach ja, das Wundkraut! Was für ein Glück, dass Targil etwas von Saft gesagt hatte! Nun wusste Deina wenigstens, was sie damit tun musste. Jetzt, nachdem sie sich überwunden hatte, war Deina ganz ruhig geworden. Sie war froh, dass Targil bewusstlos war. So hatte er nichts davon gespürt, als sie den Pfeil aus der Wunde zog. Der schlimmste Schmerz war ihm dadurch wohl erspart geblieben.
Deina nahm ein weiteres Stück des Tuchs und begann, die saftigen Blätter des Wundkrauts darüber auszudrücken. Dann legte sie das durchtränkte Tuch auf die Wunde. Targil hatte gut vorgesorgt, während sie fort war, und etliche Leinenstreifen gerissen. Doch wie sollte sie ihn verbinden? So, wie er jetzt lag, war ihr das nicht möglich. Sie musste warten, bis er wieder zu sich kam und sich aufsetzen konnte.
Mit einem Gefühl großer Erleichterung sah Deina auf Targil nieder, und ein gewisser Stolz erfüllte sie. Sie war wirklich nicht sicher gewesen, ob sie zu dem fähig gewesen sei, was Targil da von ihr verlangt hatte. Mit Befriedigung stellte sie fest, dass die Blutung aufgehört hatte. Also hatte sie wohl auch die Sache mit der Heilpflanze richtig gemacht.
Nach einigen Minuten begann Targil, sich zu rühren. Dann öffnete er die
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