Der Dämonen-Turm Traumtor-Trilogie Band I (German Edition)
verschlossene Art waren bestimmt nicht nach ihrem Geschmack. Wie sollte sie sich also in ihn verlieben? So war ihre Angst um ihn wohl doch nicht mehr als die Sorge um einen Gefährten, mit dessen Schicksal sie eng verbunden war. Und Targil? Wie mochte er wohl zu ihr stehen? Sicher sah er in ihr nicht mehr als ein kleines Bauernmädchen, das durch Zufall der Schlüssel zur Befreiung Valamins geworden war. Das – und nur das – war für ihn von Bedeutung. Ihre Begleitung schien ihm darüber hinaus jedoch nur hinderlich zu sein, denn bis auf den Abend, an dem er ihr die Geschichte von Norhang erzählte, hatte er nur das nötigste mit ihr gesprochen. Meist war er so in seine Gedanken versunken gewesen, dass er es kaum mitbekam, wenn sie einmal das Wort an ihn richtete. Nein, auch Targil schien sich nichts aus ihr zu machen, obwohl er sie vielleicht ganz hübsch fand. Naja, vielleicht war das auch ganz gut so! Es würde ihr den Umgang mit ihm nur erleichtern.
Die Beschäftigung mit ihrem Verhältnis zu Targil hatte sie eine kleine Weile von ihrer Angst abgelenkt, doch mit einmal war diese Angst wieder da. Wie sie so allein dort in der Dunkelheit saß, wurde ihr das ganze Elend ihrer Lage erst so richtig bewusst. Alle Verwandten, alle Freunde waren tot, ihre Heimat zerstört – von ihrem vorherigen Leben war nur ein Scherbenhaufen geblieben. Nirgendwo gab es für sie einen sicheren Platz, und zog sie nicht neuen schrecklichen Gefahren entgegen, an der Seite eines Mannes, der ihre Eltern gehasst hatte? Was würde geschehen, wenn er erfuhr, wer sie war? Würde sich dieser Hass nicht auf sie übertragen, da auch sie ihn belogen hatte?
Sie wünschte, sie könne irgendwo hingehen, wo sie in Sicherheit war, und versuchen, mit der Zeit das Unglück zu vergessen, das sie getroffen hatte. Am liebsten wäre sie weit, weit fort gewesen von den Schrecken des Krieges, von Blut und Tod.
Doch dann musste sie erkennen, dass es so einen Ort für sie nicht mehr geben würde, solange Zolkar nicht vernichtet war. Er würde nun wissen, dass sie am Leben war, und er würde nicht eher ruhen, bis er sie in seine Gewalt gebracht hätte. Und sie dachte an die Toten im brennenden Varnhag, an Dardas und an die Gräueltaten, die sie in Zolkars Lager gesehen hatte. Und wie ein dunkler Schatten stieg das Bild von Menhag und seinen Menschen vor ihr auf, die wohl in kurzer Zeit auch nicht mehr existieren würden.
Der wie eine Fackel erneut in ihr aufflammende Gedanke an Rache verscheuchte ihr Selbstmitleid und der Hass auf Zolkar verbrannte ihre Trauer, die nun nur noch tief in ihr verborgen schwelte.
Da ließ ein Geräusch sie herumfahren. Mit einem erstickten Schrei sprang sie auf, das Schwert zum Schlag erhoben und dem Griff der Waffe mit beiden Händen umklammernd.
Eine dunkle Gestalt drängte sich durch die Büsche und eine Stimme sagte ruhig:
„Willst du mich etwa auch umbringen? Es reicht mir, dass die Kawaren das versucht haben!“
„Targil! Den Göttern sei Dank!“ Erleichtert ließ Deina das Schwert sinken. „Ich bin so froh, dass Ihr zurück seid! Ich bin vor Angst fast umgekommen. Doch wieso wollten die Kawaren Euch töten? Haben sie Euch denn entdeckt?“
„Mich nicht!“ knurrte Targil. „Sie dachten, sie hätten ein Wildschwein entdeckt, und einer ihrer Bogenschützen wollte sich den Braten nicht entgehen lassen.“ Er lachte trocken auf. „Welch’ ein Kompliment für mich, mit einer Wildsau verwechselt zu werden! Aber das war mein Glück, denn so ließen sie von der Verfolgung ab, da sie schon genug Wild erbeutet hatten. Aber der Pfeil steckt noch in meiner Wunde. Sobald es hell wird, wirst du ihn herausschneiden müssen. Ich habe nur den Schaft abbrechen können.“
„Ihr seid verwundet?“ fragte Deina erschrocken.
„Nur eine Fleischwunde“, beruhigte Targil sie. „Morgen früh kannst du dich darum kümmern. Leg dich jetzt schlafen! Ich werde Wache halten. Ich glaube zwar nicht, dass wir jetzt noch etwas zu befürchten haben, aber die Wunde wird mich sowieso nicht viel Schlaf finden lassen, zumal die Pfeilspitze noch darin steckt. Aber die Kawaren lagern am anderen Ende des Waldes und werden sich in der Nacht kaum hier sehen lassen. Ich hörte, dass der Aufbruch in der Dämmerung geplant ist. Sie haben es eilig, denn sie sind weit hinter dem Heer zurück und müssen morgen noch einen Umweg machen. Ich denke darum, dass wir heute Nacht hier sicher sind.“
Deina wickelte sich in ihre
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