Der Dämonen-Turm Traumtor-Trilogie Band I (German Edition)
ja fast schon mürrisches Verhalten ihr gegenüber darauf zurückgeführt. Doch auch jetzt, wo ihn die Verletzung nicht mehr behinderte, änderte sich sein Verhalten nicht.
Sie fragte sich, was wohl der Grund für sein abweisendes Benehmen sein mochte, denn trotz allem hatte sich bei ihnen eine gewisse Vertrautheit eingestellt. Aber nur selten hatte er ihr, wenn sie abends am Feuer saßen, von seinen Reisen erzählt, bei denen er viele gefährliche Abenteuer erlebt hatte. Meist jedoch starrte er stumm in die Flammen, und nur hier und da streifte er sie mit einem eigenartigen Blick, dessen Bedeutung sie sich nicht erklären konnte. Obwohl sein Verhalten nicht unbedingt dazu angetan war, merkte Deina, dass sich ihre Gefühle für Targil vertieft hatten. Sie fühlte sich zu ihm hingezogen und vermisste ihn, wenn er für einige Zeit fortging, um zu jagen. Daher kränkte sie seine abweisende Art, und sie versuchte immer wieder, ihn aufzuheitern und seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Doch ohne Erfolg! Ja, je mehr sie sich um ihn bemühte, desto mehr schien er sich in sich selbst zurückzuziehen. Deina war ratlos.
Eines Abends, als sie wieder einmal noch eine Weile am Feuer saßen, ehe sie sich niederlegten, begann Deina Targil von Varnhag und vom Hof König Forns zu erzählen, um ihn aus seiner Versunkenheit zu reißen. Sie erzählte kleine, heitere Begebenheiten und tat so, als habe sie diese als allgemeinen Hofklatsch erfahren, wie das Gesinde ihn unter sich verbreitete. Targil hörte ihr lächelnd, jedoch mit wenig Anteilnahme zu.
Um ihn etwas mehr zu fesseln, suchte sie nach einer Begebenheit, die aus der Zeit stammte, in der er noch mit seinem Vater in Varnhag gelebt hatte.
Sie hatte einmal gehört, wie sich einige Zofen über ihres Vaters schiefe Nase lustig gemacht hatten. Zornig war sie zu ihm gelaufen und hatte ihm davon erzählt. Aber Forn hatte nur gelacht.
„Lass nur, meine Kleine!“ hatte er sie beschwichtigt. „Dies ist ein Andenken an glückliche Tage meiner Jugend. Du weißt, dass Canar und ich Freunde waren, doch er war mir an Körperkraft und Geschicklichkeit stets weit überlegen. Einmal rangen wir miteinander, wie Jünglinge es im Spiel tun, und ein unglücklicher Stoß von ihm brach mein Nasenbein. Leider ist es nicht gerade zusammengewachsen. Doch immer, wenn ich in den Spiegel schaue, denke ich an diese schöne Zeit. Darum kann mich der Spott dieser Mädchen nicht kränken.“
An diese Geschichte erinnerte sich Deina, und nun fragte sie Targil, ob er denn wisse, wie König Forn an seine schiefe Nase gekommen sei. Mit offensichtlicher Überraschung sah Targil sie an.
„Nein, das weiß ich nicht“, sagte er langsam, „aber es interessiert mich doch sehr, was man sich bei Hof darüber erzählt hat.“
Als Deina ihn daraufhin berichtete, dass sein eigener Vater die Ursache gewesen war, sprang Targil mit einmal in höchster Erregung auf. Sein Gesicht war kreidebleich geworden und seine Augen funkelten vor Zorn.
„Jetzt weiß ich, wer du bist!“ rief er mit bebender Stimme. „All die Wochen habe ich herumgerätselt, denn dass du kein einfaches Bauernmädchen bist, ist mir schon lange klar. Zu viel an deinem Benehmen, deine Unwissenheit in einfachsten Dingen, deine Ausdrucksweise, ja, deine ganze Art passte nicht dazu. Welches Spiel spielst du mit mir, Prinzessin Deina? Was hat dich bewogen, mich so zu betrügen? Was führst du im Schilde und welchen Auftrag gab man dir? Die ganze Zeit schon versuchst du, dich bei mir einzuschmeicheln. Wie sehr ähnelst du deiner Mutter! Hat man dir geraten, mich in dich verliebt zu machen, damit ich deinen Plänen willfährig bin?
Aber du hast dich verraten! Die Geschichte von Forn und Canar kannten nur diese beiden. Denn Canar wäre von Forns Vater hart bestraft worden, hätte Forn erzählt, wer ihm die Nase brach. So erfanden die beiden die Geschichte eines Unfalls und nur diese Version war bei Hof bekannt. Mein Vater hat auch mir erst davon erzählt, als wir den Hof von Varnhag schon lange verlassen hatten. Nur die Tochter Forns kann die Wahrheit aus seinem eigenen Mund erfahren haben, denn nie hätte er sie einem Fremden erzählt. Nun, rede, Prinzessin! Was willst du von mir?“
Zuerst war Deina vor Schreck wie gelähmt, dass sie sich verraten hatte. Doch dann wallte Jähzorn in ihr hoch. Wie konnte er es wagen, so mit ihr zu sprechen? Dass er ihr unterstellte, sie habe ihm schön getan, um ihn sich gefügig zu
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