Der Dämonen-Turm Traumtor-Trilogie Band I (German Edition)
Augen und hob den Kopf. Sein Blick war erst verständnislos, als wisse er nicht, wo er sei, doch dann schien er klar zu werden. Er drehte sich auf die Seite und setzte sich auf.
„Hast du es geschafft?“ fragte er. „Die Schulter brennt so höllisch, als stecke der Pfeil noch darin.“
„Ich konnte ihn herausziehen“, antwortete Deina, „aber so, wie Ihr lagt, war es mir nicht möglich, mehr zu tun. Nur das mit dem Wundkraut getränkte Tuch klebt auf der Wunde. Aber jetzt werde ich Euch verbinden.“
„Ich danke dir, Elda! Du bist ein tapferes Mädchen“, sagte Targil, und Deina vermeinte, in seiner Stimme eine gewisse Bewunderung wahrzunehmen. „Nicht jede Frau hätte das fertig gebracht. Es gehört schon eine gewisse Überwindung dazu, mit einem Dolch in lebendes Fleisch zu schneiden. Eine Wunde versorgen und verbinden kann jeder, aber ich muss ehrlich gestehen, dass ich nicht sicher war, dass du es schaffst, den Pfeil zu entfernen. Doch nun leg mir bitte einen Verband an. Träufele aber vorher noch etwas von dem Saft auf das Tuch. Er lindert den Schmerz und kühlt.“
Ungeschickt begann Deina, Targils Schulter zu verbinden. Sie hatte so etwas noch nie gemacht und hatte keine Vorstellung davon, wie sie den Verband zum Halten bekommen sollte. Der Erfolg ihrer Bemühungen war, dass die Binden sich sofort wieder zu lösen begannen, als Targil aufstand.
„Was hast du denn da gemacht?“ fragte er ärgerlich. „Was glaubst du, wie lange das hält, wenn ich wieder auf dem Pferd sitze? Man könnte meinen, du habest noch nie eine Wunde verbunden.“ Er tastete über den Verband. „Warum hast du die Streifen nicht schräg über die Schulter und um die Brust geführt? Und das muss alles viel strammer sein! Mach es nochmal, aber beeil dich! Die Kawaren werden bestimmt schon fort sein, und daher möchte ich auch so schnell wie möglich aufbrechen.“
Sein barscher Ton trieb Deina die Tränen in die Augen. Sie biss sich auf die Lippen und löste den Verband. Dann fing sie an, die Streifen so zu wickeln, wie er es gesagt hatte. Als ihr jedoch zum dritten Mal eines der Enden wegrutschte, das sie mit dem nächsten Streifen hatte überdecken wollen, ließ sie die Hände sinken und brach in Tränen aus. Die Erlebnisse der letzten Tage und nun noch die Verantwortung für Targils Wunde hatten ihre Nerven so strapaziert, dass dieser winzige Anlass genügte. Ihre seelische Erschöpfung brach sich Bahn und sie warf sich haltlos schluchzend ins Moos.
Überrascht und hilflos blickte Targil auf die bebenden Schultern des Mädchens. Doch dann wurde ihm klar, dass er ihr zu viel zugemutet hatte. Nach all dem, was sie durchgemacht hatte, war das Herausschneiden des Pfeils mehr gewesen, als sie hatte verkraften können. Aber was hätte er tun sollen? Es hatte keine andere Möglichkeit gegeben.
Er beugte sich über sie und streichelte sanft ihre Schulter, bis ihr Schluchzen unter der beruhigenden Berührung seiner Hand verstummte. Eine Weile noch lag sie still, dann setzte sie sich wieder auf.
„Verzeiht mir!“ bat sie leise. „Aber ich …
„Schon gut, schon gut!“ beruhigte er sie. „Ich verstehe dich ja. Komm nur! Gemeinsam werden wir es schon schaffen.“
Unter seiner Assistenz und Anweisung gelang ihr dann doch ein fester Verband, und nach einem kurzen Imbiss brachen sie auf. Vorsichtig führten sie die Pferde durch den Wald auf die gegenüberliegende Seite zu. Als sie sich dem Waldrand näherten, sagte Targil:
„Bleib hier mit den Pferden zurück! Ich werde nachsehen, ob die Luft rein ist.“
Er drückte Deina die Zügel in die Hand und huschte davon, sich immer in der Deckung der Bäume haltend. Nach einiger Zeit kam er zurück und sagte:
„Der Lagerplatz ist leer. Wie es aussieht, müssen die Kawaren schon bei Sonnenaufgang abgezogen sein. Der Weg ist jetzt für uns frei.“
Er half Deina in den Sattel, und sobald sie den Waldsaum erreicht hatten, preschte er davon.
4. Ein folgenschwerer Streit
Vier Wochen waren Deina und Targil jetzt unterwegs. Sie hatten einen Bogen um das zerstörte Varnhag geschlagen, da Targil mutmaßte, dass dort ein Trupp Kawaren als Besetzer zurückgeblieben war.
Seine Wunde war inzwischen fast verheilt. Sie musste ihm anfangs starke Beschwerden verursacht haben, denn oft hatte Deina gesehen, dass sich sein Mund schmerzlich verzog und im Schlaf hatte er manchmal gestöhnt.
Deina hatte sein noch wortkargeres,
Weitere Kostenlose Bücher