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Der Daleth-Effekt

Der Daleth-Effekt

Titel: Der Daleth-Effekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Harrison
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sehr dafür interessieren, meinen Sie nicht auch?« Das Schweigen zog sich in die Länge.
    »Was wollen Sie?« fragte sie schließlich und senkte den Blick.
    »Das gefällt mir schon besser. Sie sind eine große Fotoliebhaberin – hier ist eine Brosche für Sie. Stecken Sie sie an Ihrer Handtasche fest, ehe Sie losfahren.«
    Sie nahm sie in die Hand – ein schönes Stück, das gut zu ihrer schwarzen Alligatorentasche paßte. Ein großer Stein in der Mitte war rundum von Diamantensplittern und anderen Steinen umgeben, bei denen es sich um Rubine handeln mochte. Die Juwelen waren mit handgearbeitetem Gold eingefaßt.
    »Richten Sie Ihre Handtasche aufs Ziel und drücken Sie hier«, sagte er und deutete auf den oberen Rand der Brosche. »Es ist ein Weitwinkelobjektiv, die Belichtungszeit ist genau eingestellt, und wegen der Lichtverhältnisse brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Sie haben über hundert Fotos auf dem Film – seien Sie also nicht knauserig. Ich möchte Bilder von der Brücke und dem Maschinenraum, wenn Sie den zu Gesicht bekommen, Nahaufnahmen der Kontrollen, Schnappschüsse aus Korridoren, Treppen, Türen, Kabinen, Luftschleusen – einfach alles. Später zeige ich Ihnen dann die Abzüge und bitte Sie, mir die Bilder näher zu beschreiben. Also passen Sie gut auf und merken Sie sich, auf welchem Weg Sie durch das Schiff geführt werden.«
    »Von solchen Sachen habe ich keine Ahnung. Können Sie nicht jemand anderen schicken? Es sind doch Hunderte von Gästen da …«
    »Wenn wir jemand anderen hätten, würden wir dann Sie einsetzen?« Er schnaubte verächtlich, spuckte ihr den Satz förmlich ins Gesicht. Dann bückte er sich, um die Besen wieder aufzusammeln, und gestikulierte mit einer Abwaschbürste vor ihrem Gesicht herum.
    »Und versuchen Sie ja kein kleines Unglück zu inszenieren – die Brosche etwa fallen zu lassen oder den Film unbrauchbar zu machen und uns hinterher die Schuld zuzuschieben. Ich kenne mich da aus. Sie haben keine Wahl. Sie werden die Bilder machen, wie ich es Ihnen gesagt habe. Hier, die ist für Sie.« Er reichte ihr eine Bürste und lächelte kalt und selbstsicher. Dann öffnete er die Tür und war verschwunden.
    Martha starrte auf die Bürste in ihrer Hand – und schleuderte sie an die Wand. Ja, das war passend, dachte sie. Eine Klosettbürste. Zitternd ging sie daran, sich fertig zu machen.
     
    »Schaut euch diese Massen an!« sagte Ove und fuhr um einen Bus voller Studenten herum, die schreiend aus den Fenstern hingen und Flaggen schwenkten.
    »Kannst du es ihnen verübeln?« fragte Ulla, die mit Martha im Fond des Wagens saß. »Es ist ja auch ein großer Tag.«
    »Und wir haben gutes Wetter«, sagte Ove und blickte zum Himmel auf. »Wolken, aber keinen Regen – und leider auch keine Sonne. Aber man kann eben nicht alles haben.«
    Martha schwieg und hielt ihre Tasche umklammert, an der sie die Brosche befestigt hatte. Ulla hatte das Stück natürlich sofort bemerkt, und sie hatte schnell eine Erklärung erfinden müssen.
    Ohne die offiziellen Einladungen wäre es unmöglich gewesen, an das Wasser heranzukommen. Sie wurden durch die Barrieren gelassen und zum Schloß Amalienborg geleitet, dessen Vorhof man zu einem Parkplatz gemacht hatte. Von hier war es nur ein kurzer Spaziergang über den Larsen Plads zum Wasser.
    »Noch zehn Minuten«, sagte Ove und blickte auf die Uhr. »Wir sollten uns lieber beeilen. Es sei denn, Martha meint, daß sich ihr Mann verspäten könnte.«
    »Nils!«
    Sie alle lachten bei dem Gedanken; Martha stimmte fröhlich ein. Einen Augenblick lang fühlte sie sich wieder richtig zu Hause und lächelte zahlreichen Freunden zu, als sie zu ihrem Platz geführt wurde, der kaum drei Meter vom König und der königlichen Familie entfernt war. Aber dann erinnerte sie sich an ihren Auftrag, und sie hatte ein seltsam leeres Gefühl im Magen, und sie umklammerte ihre Tasche, überzeugt, daß alle darauf starrten. Schließlich spielte die Kapelle »König Christian«, die königliche Hymne, und alle Anwesenden erhoben sich. Es folgte die Nationalhymne. Die letzten Töne verklangen, und die Menge setzte sich, und fast im gleichen Augenblick war ein leises Pfeifen zu hören. Die Menschen sahen auf und legten schützend die Hände über die Augen. Das Geräusch wurde tiefer, verwandelte sich in ein Dröhnen, und ein dunkler Schatten brach durch die Wolken.
    »Pünktlich auf die Sekunde!« sagte Ove aufgeregt.
    Mit erschreckender Schnelligkeit wurde der

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