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Der Daleth-Effekt

Der Daleth-Effekt

Titel: Der Daleth-Effekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Harrison
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nichts anderes übrig, als Ove und Ulla auf unsicheren Füßen zur Zollkontrolle zu folgen. Ulla sagte etwas, aber sie konnte nur stumm nicken, ihr Hals war wie zugeschnürt. Dann stand sie vor dem niedrigen Tresen und wagte kaum, den Zollbeamten anzublicken. Er streckte langsam die Hand aus.
    »Ein großer Tag für Ihren Mann, Frau Hansen«, sagte er. »Darf ich …?« Er deutete auf ihre Handtasche. Martha reichte sie ihm.
    »Wenn Sie sie bitte nur öffnen würden«, sagte er.
    Sie gehorchte, und er kramte kurz darin herum.
    »Ihre Puderdose!« sagte er mit ausgestrecktem Finger. Sie reichte ihm die Dose und er ließ sie aufschnappen, schloß sie wieder und gab sie ihr zurück.
    Das glitzernde Auge der Kamerabrosche starrte ihn direkt an. Einen langen Augenblick betrachtete er das Schmuckstück und lächelte dann.
    »Das ist alles, danke«, sagte er und wandte sich ab.
    Die Rasmussens warteten bereits und Nils winkte von oben. Sie hob die Hand und erwiderte den Gruß. Dann gingen sie an Bord.
    Martha hielt die Handtasche an den Körper gepreßt und legte den Finger auf die Brosche. Sie überlegte, was sie sagen sollte, wenn Nils etwas bemerkte. Aber sie hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen. Wenn er normalerweise im Dienst als ausgesprochen ruhig und ausgeglichen galt, so war er heute genau das Gegenteil. Er hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt – wahrscheinlich um sie stillzuhalten –, und seine Augen leuchteten in großer Erregung.
    »Martha – heute ist der große Tag!« sagte er, umarmte sie, küßte sie leidenschaftlich und schwenkte sie herum. Ihr war ganz schwindlig, als er sie wieder absetzte.
    »Himmel …«, sagte sie.
    »Hast du dieses Riesending gesehen? Ist das nicht ein Traum? So etwas hat die Welt noch nicht gesehen. Wir könnten die arme kleine Blæksprutten glatt als Rettungsboot an Bord nehmen. Und das Beste daran ist, daß das Schiff nicht als Zwitter gebaut ist, sondern daß es speziell für den Daleth-Antrieb entworfen wurde. Meine Brücke liegt direkt draußen an der Vorderseite, damit ich die horizontale Bewegung steuern kann; gleichzeitig habe ich volle Aussicht nach oben und unten, um auch Beschleunigung und Gegenbeschleunigung überwachen zu können. Komm, ich zeige dir alles – bis auf den Maschinenraum. Der ist abgeschlossen, solange Besucher an Bord sind. Und wenn wir die Zeit hätten, würde ich dir auch mein Schlafzimmer und meine Kabine zeigen.« Er legte ihr den Arm um die Schultern. »Martha, nachdem ich dieses herrliche Ding geflogen habe, ist alles anders. Ich habe das Gefühl, daß ich mir am Knüppel des größten Jumbo-Jets heute wie … wie in einem Kinderauto mit Tretantrieb vorkommen würde. Komm!«
    Als sie durch die offene Luftschleuse gingen, berührte sie mit dem Finger die goldene Brosche und spürte, wie sie nachgab.
    Sie haßte sich.
     

 
21.
     
    »Sind denn noch nicht alle an Bord?« fragte Arnie und starrte aus der hochliegenden Brücke auf die Mole hinab. Zwei Männer kamen gerade aus dem Zollgebäude, stemmten sich gegen den böigen Ostwind und hielten ihre steifen Hüte fest. Zwei schwerbeladene Gepäckträger folgten ihnen auf dem Fuße.
    »Noch nicht alle, aber es können nicht mehr viel fehlen«, sagte Nils. »Ich frage mal beim Zahlmeister nach.« Er wählte die Nummer des Büros bei der Eintrittsschleuse, und auf dem kleinen Videoschirm erschien das Farbbild des Hauptzahlmeisters.
    »Kapitän?«
    »Wie viele Passagiere fehlen noch?«
    Der Zahlmeister überflog seine Listen. »Alle Passagiere an Bord, Kapitän!«
    »Gut. Zum Start fertigmachen in zehn Minuten.«
     
    Arnie, der den Start im Maschinenraum überwachte, hatte eigentlich überhaupt nichts zu tun. Die Maschinenmannschaft behandelte ihn durchaus respektvoll, wußte aber selbst, was zu tun war. Zudem war der Daleth-Antrieb inzwischen soweit automatisiert, daß er unter der Kontrolle des Computers stand und daß die Überwachung durch Menschen eigentlich überflüssig war. Das gleiche galt für den Fusions-Generator. Als Arnie hungrig wurde, ließ er sich etwas zu essen bringen, obwohl man ihn zum Begrüßungsbankett eingeladen hatte. Für solche Ereignisse hatte er wenig übrig und blieb ihnen aus gutem Grund fern. Er war gern bereit gewesen, für Ove, der mit Grippe im Bett lag, einzuspringen, aber es machte ihm im Grunde keinen Spaß. Das Labor von Månebasen interessierte ihn viel mehr, das neue Forschungsprojekt, das er begonnen hatte, und die Vorlesungen, die er den

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