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Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Titel: Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigvard Wohlwend
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nicht identifizierten Personen zu dem Geheimtreffen angereist?
Haben die BND-Agenten sie dazugeholt , weil sie
beabsichtigen, die Dienste ihrer ausländischen Schwesterbehörde in Anspruch zu
nehmen, um Kieber mit einer neuen Identität auszustatten? Sind es Vertreter der
US-Steuerbehörden, die sich vorab informieren wollen, was sie von Kieber
erwarten könnten? Oder hat ATO befreundete Commonwealth-Behörden mit an den
Tisch geholt?
    Aller
Geheimniskrämerei zum Trotz muss das Interview formal korrekt abgewickelt
werden.
    Dafür
verantwortlich ist der Chef des Projekts Wickenby ,
Michael O’Neill:
    »Okay,
Henry, ich werde das Aufzeichnungsgerät einschalten. Darf ich Sie bitten, sich
zu identifizieren, indem Sie uns Ihren vollen Namen nennen.«
    »Mein Name
ist Heinrich Kieber, K-i-e-b-e-r.«
    O’Neill
fragt nach Kiebers Geburtsdatum und Beruf, anschließend bittet er die weiteren
anwesenden Personen, sich vorzustellen, um sich nachher wieder Kieber zu
widmen:
    »Ich möchte
von Ihnen wissen, ob Sie sich freiwillig an die Steuerbehörde gewendet haben.«
    »Ja, ich
habe mich freiwillig an die Steuerbehörde gewendet.«
    »Dann möchte
ich von Ihnen wissen, ob Sie bedroht wurden oder ob Ihnen Versprechungen oder
Anreize in Bezug auf Ihre heutige Aussage in Aussicht gestellt wurden.«
    »Nein, mir
wurde nichts versprochen oder so.« Aber Kieber weiß: Wenn er erst die
australischen Steuerbeamten mit Mustern seiner erstklassigen Ware angefixt hat,
werden sie zu vielem bereit sein, um auch die restlichen Unterlagen sichten zu
dürfen. Die deutschen Beamten fressen ihm bereits aus der Hand.
    O’Neill
fragt nach: »Auch keine Drohungen?«
    »Nein, keine
Drohungen.«
    »Danke sehr.
Henry, können Sie bestätigen, dass es für Sie in Ordnung ist, dass wir das auf
Band aufzeichnen?«
    »Das ist für
mich in Ordnung …«
    »Danke
sehr.«
    »… dass Sie
das aufnehmen.«
    »Sie haben uns
soeben ein Dokument übergeben. Es trägt den Titel ›AUSTRALIA and Mr. Heinrich KIEBER‹ und ist mit ›streng vertraulich‹
überschrieben.«
    Sechs Seiten
lang ist der an O’Neill, Monaghan und Farrell
adressierte »Brief, der – zusammen mit dem, was wir an unserer Sitzung
besprechen werden – einen Gesamtüberblick über unsere Angelegenheit geben
wird«. Kieber erläutert darin, wie er zu seiner Stelle bei der LGT Treuhand
gekommen sei und wie er unter der Arbeit gelitten habe: »Es war nie ein
Vergnügen für mich (und andere), all diese Dokumente lesen zu müssen, die
Belege lieferten für alle möglichen Arten von Verbrechen, die begangen worden
sind. Zum Beispiel: Geldwäsche, schwere Steuerverbrechen, Bestechung, Förderung
von Korruption und so weiter.« Er könne auch belegen, dass zwischen
Liechtensteins Sonntagsreden und den tatsächlichen Verhältnissen bei den Banken
und Treuhändern ein großer Widerspruch herrsche.
    Für lange
Zeit habe er darüber nachgedacht, was er unternehmen solle. Schließlich, im Mai
2005, »entschied ich mich« – hier hat der Zensor geschwärzt – »zu
kontaktieren«. Gemeint ist die britische Steuerbehörde Revenue &  Customs . »Ich musste (muss) sehr vorsichtig sein. Es ist
nicht einfach, ein Whistleblower zu sein.«
    Whistleblower . Der
Ausdruck gefällt Kieber, denn er nimmt seinem egoistischen Verhalten den
bitteren Beigeschmack. Vielmehr macht er aus ihm einen gewissenhaften
Mitbürger, der nicht länger gewillt ist, tatenlos zuzusehen, wie Kunden aus
aller Welt mit der Unterstützung von verschwiegenen Treuhändern in
Liechtenstein die Allgemeinheit betrügen.
    Dann zieht
er den Australiern den Speck durch den Mund: »Wenn wir uns die Daten Ihres
Landes ansehen. Die zentralen Daten enthalten: etwa 60 Namen von Personen
(australische Bürger oder in Australien lebende Ausländer), die wirtschaftlich
berechtigt sind an 110 (einhundertzehn) Millionen australischen Dollar auf
Offshore-Bankkonten, samt Hinweisen auf noch viel mehr Millionen bei anderen
Banken und in anderen Offshore-Ländern.«
    Würden ihm
die Australier eine Kompensation anbieten, würde er die nicht ausschlagen:
»Sobald ATO im Besitz der Originalunterlagen ist und befähigt, sie zu nutzen,
könnte sie eine substanzielle Summe an Steuern, Bußen und Strafen eintreiben«,
fasst Kieber auf der sechsten Seite seines Briefes zusammen. »Aus diesem Grund
wäre eine finanzielle Vergütung für einen Informanten/Zeugen zweifelsohne
angemessen und willkommen.«
    So klar sich
Kieber in seinem Brief ausdrückt, so

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