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Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Titel: Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigvard Wohlwend
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oder Herbst 2005. Ich erinnere mich daran, weil ich ihn
gefragt hatte, warum er immer noch in Liechtenstein sei, wann er nun nach
Australien gehe. Daraufhin erzählte Henry, dass er das Punkteschema für die
Einwanderung in Australien nicht erfülle. Darum ziehe er jetzt für einige Zeit
nach London, denn wenn er in einem Commonwealth-Land lebe, würden ihm die fehlenden
Punkte gutgeschrieben.«
    Natürlich
hatte Kiebers Besuch in London einen ganz anderen Hintergrund: Er stand bereits
in Verhandlungen mit den britischen Behörden und feilschte um Konditionen.
Niederer erfährt davon nichts. Schließlich ist es noch nicht lange her, dass
Kieber ihm hoch und heilig versprochen hatte, die Datenkopie in seinen Händen
niemals einzusetzen. Mit dem Angebot der Briten ist Heinrich Kieber jedoch
alles andere als glücklich: Lediglich 100.000 Pfund wollen sie für die Daten
zahlen – und es bringt Kieber keinen Schritt näher an sein Ziel: Australien.
    Darum wendet
er sich jetzt an die Deutschen. Denn Kieber hat tatsächlich ein Problem:
Australien verwehrt ihm die ersehnte Aufenthaltsbewilligung.
    Dabei war
alles minutiös geplant: Der spanische Haftbefehl wurde mit der Verurteilung in
Liechtenstein hinfällig. Danach wurde mittels fürstlicher Begnadigung sein
Strafregisterauszug gesäubert. Nichts wäre der LGT lieber gewesen, als wenn
sich Kieber umgehend im australischen Nirgendwo niedergelassen hätte, möglichst
weit weg von ihrem Finanzinstitut. Einen Punkt hat der so akribisch planende
Kieber aber übersehen – oder vergessen, so lange liegt das Ereignis schon
zurück: Sein Problem ist der Nissan Navara King Cab,
den er 1991 in München gestohlen hatte und mit dem er nach Australien und
Neuseeland gefahren war, wo der Wagen schließlich vor zehn Jahren in Flammen
aufging und Kieber über 66.000 Dollar von der State Insurance Company für den
Totalschaden kassierte. Die neuseeländische Polizei sucht ihn deswegen immer
noch. Neuseeland und Australien pflegen enge Beziehungen, und der
Informationsfluss zwischen den Behörden der beiden Länder funktioniert
tadellos. Die australischen Behörden jagen den Namen Heinrich Kieber nach der
Meldung auch durch ihre Datenbanken, und sie werden ebenfalls fündig: Heirat
mit Joanne Marie im Jahr 1992, Kieber verließ das Land 1994, seine Frau lebt
weiterhin in Australien, die Scheidung fand erst 1998 statt; Ungereimtheiten
beim Zoll wegen der Einfuhr eines Geländewagens; Kieber meldete ein teures Auto
bei der Polizei als gestohlen.
    Mit so einem
Lebenslauf hat Heinrich Kieber keine Chance auf das beantragte Visum.
    Vielleicht
ist Kieber aber auch schon vorher abgelehnt worden: Der Vierzigjährige ist –
auch wenn man seinen zweifelhaften Lebenslauf außer Betracht lässt – kein
attraktiver Immigrant. Kieber kann keine besonderen beruflichen Qualifikationen
vorweisen, weshalb seine Chancen, eine Arbeitserlaubnis zu erhalten, gegen null
tendieren, er ist zu jung für ein Rentnervisum und zu wenig vermögend, um als
Investor in Australien willkommen geheißen zu werden.
    Doch
Heinrich Kieber will sein Visum. Und dafür ist er bereit, seine Freunde, seine
Heimat und seinen geliebten Monarchen zu verraten. Kieber behauptet 2010 im Interview
mit dem Stern ,
dass es ihm »um Gerechtigkeit« gegangen sei. [176] Er habe nur eines gewollt: »meine verdammten Folterer auf die Klagebank
bringen«. Gemeint sind Helmut R. und Mariano M., die Kieber 1997 eine Woche
lang auf der Hazienda in Argentinien festhielten und ihm sein ergaunertes Geld
abpressen wollten. Der Fürst habe ihm »sein Ehrenwort« gegeben, dass die Täter
aus Argentinien vor Gericht gestellt würden. »Aber da ist nie was passiert.«
Deshalb habe sich Kieber mit der Weitergabe der Daten an den BND und an andere
»gerächt an Hans-Adam, seiner Marionettenregierung und der Justiz. Um Geld ging
es mir nie.«
    Wenn es nur
um Rache ging und nicht um Geld, hätte Kieber freilich seine Kopien der Daten
deutschen und ausländischen Medien und Behörden zur Verfügung stellen können,
so wie er es dem Fürsten ursprünglich angedroht hatte.
    Trieb Kieber
vielleicht die Angst um, dass die liechtensteinischen Behörden ihn wieder zur Verhaftung
ausschreiben könnten, wenn er die Geheimnisse der LGT Treuhand der
Öffentlichkeit verriete? Wollte er deshalb von den Geheimdienstlern mit neuen
Identitäten ausgestattet werden? Oder war Heinrich Kieber doch scharf auf die
Belohnungen, die ihm für den Datenverrat winkten? Auf der

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