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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 3

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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Situation kann es auch »kaufen«, »spendieren«, »servieren«, »einpacken« und »zapfen« bedeuten: »Tust du uns bitte noch zwei Kölsch?«
     
    Auf einem Kölner Wochenmarkt bittet ein kleines Mädchen seine Mutter um ein Eis: »Mama, tust du mich einEis?« Die Mutter blickt ihre Tochter streng an und sagt: »Wie heißt das richtig, Gina-Marie?« Das Kind ruft: »Tust du mich BITTE ein Eis!« Die Mutter nickt zufrieden: »So ist’s recht!«, und erfüllt ihrem Töchterchen den Wunsch. Nicht weit davon entfernt hört man auf einem Fußballplatz die Spieler rufen: »Tu mich mal die Ball!«
     
    Die Verwendung des Wortes »tun« als Hilfsverb ist in bestimmten Fällen zulässig; zum Beispiel, um das eigentliche Verb zu betonen: »Rauchen tu ich schon lange nicht mehr«, »Sterben tut jeder irgendwann einmal«. In diesen Fällen wird das Verb in seiner Grundform an den Satzanfang gestellt, beugen tut sich dann dafür das Verb »tun«.
     
    Auch bei der Umgehung des Konjunktivs erweist sich »tun« als praktisch: »Ich tät dir ja helfen«, »Das tät dir so passen!«, »Wir täten gern noch was essen«. Statt »ich würde« also »ich tät«. Vor allem in süddeutschen Dialekten wird diese Hilfskonstruktion gepflegt. So sagt man im Schwäbischen zum Beispiel: »I dät gärn a Eis schlotza!« (»Ich würde gern ein Eis schlecken!«)
     
    Wenn aber nichts betont und kein Konjunktiv umschrieben werden soll und »tun« dennoch als Hilfsverb verwendet wird, dann haben wir es mit einem umgangssprachlichen Phänomen zu tun: »Ich tu ja von Beeren am liebsten Gelee machen«, »Was tust du auch immer so spät noch Musik hören!«, »Und wo tut ihr nächstes Jahr Urlaub machen?«. Diese Masche hat zugegebenermaßen einen Vorteil: Man braucht sich nur noch die Konjugationsformen eines einzigen Verbs zu merken, nämlich die von »tun« (ich tu, du tust, er tut usw.), und spart sich das Kopfzerbrechen beispielsweise darüber, ob es nun »Der Bäcker buk das Brot« oder »Der Bäcker backte das Brot« heißen muss. Man tut ganzeinfach sagen: »Der Bäcker tat das Brot backen«, und damit ist es dann getan.
     
    Die Neigung zur Simplifizierung der Grammatik manifestiert sich hier erstaunlicherweise nicht im Lassen, sondern im Tun. Genauer gesagt in der unsachgemäßen Verwendung des Wortes »tun« als Hilfsverb, ein in Deutschland zwar weitverbreiteter, aber nicht gerade eleganter Vorgang. Die Deutschen lieben die Tuterei und das Täterä, das war schon immer so, und wer eben gern so sprechen tut, der möge es in Gottes Namen tun, ich tät es zwar anders machen, aber das tut hier nichts zur Sache.
     
    Das Spiel endet in einer schmerzlichen Niederlage. Wir wollen so schnell wie möglich nach Hause und teilen uns ein Taxi. Der Fahrer ist schlecht gelaunt, flucht an jeder roten Ampel und drückt ständig auf die Hupe: »Tut der Kerl pennen oder was?«, schimpft er laut. Und: »Ich fass es ja wohl nicht, jetzt tut der auch noch falsch abbiegen!« Ich drehe mich zu Henry und fange leise an zu singen: »Es macht immer Tuut-Tuut«. Henry blickt mich finster an: »Tu mir einen Gefallen und halt den Mund!« – »Okay, schon gut«, sage ich, »ich tu einfach so, als tät ich gar nichts tun!«

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    Der antastbare Name
    Unsere Namen sind uns heilig; jeder legt Wert darauf, dass sein Name richtig geschrieben und in seinem Sinne ausgesprochen wird. Doch die Annahme, dass Namen unveränderlich seien, ist falsch. Auch für sie gelten die Regeln unserer Grammatik.
    Ein fälschlicherweise mit »ai« geschriebener Meier oder ein mit »tz« buchstabierter Schulze kann die Betroffenen in Rage bringen. Manch einer fühlt sich geradezu beleidigt, wenn er seinen Namen falsch geschrieben sieht. Das ist nur allzu verständlich – der Name gehört schließlich zu uns wie die Nase im Gesicht. Mit seinem Namen identifiziert sich der Mensch, auch wenn er ihn nicht besonders leiden kann und sich selbst einen ganz anderen Namen ausgesucht hätte.
     
    Und weil uns Namen heilig sind, haben viele von uns eine Scheu, die Schreibweise eines Namens zu verändern, wenn die Grammatik es erfordert. Berühmtestes Beispiel ist der Genitiv. Der zweite Fall macht Christa zu »Christas« und Auermann zu »Auermanns«. Ein ganz natürlicher Vorgang – eigentlich. Zahlreichen Geschäftsinhabern und Gaststättenbetreibern bereitet er jedoch beträchtliches Unbehagen. »Ich schreibe mich doch aber nicht mit s am Ende!«, denkt Christa. Und Auermann denkt: »Ich

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