Der David ist dem Goliath sein Tod
persönlichen Anmerkungen schienen von ihm zu stammen.
»Kanister Körperflüssigkeiten â nimm die rechte Hand, vergiss das Pfand«
»Schwarze Mambas â bitte zwei Meter vom Bildschirm entfernt sitzen«
»PERVERSE DOKTORSPIELE â keine Praxisgebühr«
sowie:
»Gangbang: 25 auf einen«.
Bis einer weint, dachte ich.
»Torsten?«, hörte ich hinter mir.
Was für ein Klischee. Man trifft sich in der Pornoabteilung. Gottlob arbeitete ich hier. Ich drehte mich um, um zu sehen, wer es war. Mein Nachbar.
Wir trafen uns mitunter im Haus und sagten uns dann Guten Tag. Er hatte einen ziemlich festen Händedruck. Jetzt wusste ich auch, woher.
»Martin«, sagte ich entspannt. »Na?«
»Ey, Sträter. Auch zum Keulen hier? Hast ja ân Arschvoll Filme auf der Hand.«
»Weniger. Ich arbeite hier. Die Dinger hier hänge ich nur auf.«
Er zwinkerte mir zu. »Muss dir nicht peinlich sein.«
»Ist mir nicht peinlich. Es ist Arbeit.«
Ich begann die Regale nach deckungsgleichen Nummern abzusuchen. Ich fand rein gar nichts, was zusammenpasste.
»Sicher? Scheinst dich nicht besonders auszukennen.«
»Ich arbeite hier!«, sagte ich nun bedeutend weniger entspannt.
»Logisch«, nickte Martin. »Lockere dich. Wir sind hier unten eine Art kleine Familie.«
Genau, dachte ich, ihr seid die Anal-Waltons, immer einen lockeren Spruch auf den Lippen, stets die Hand am Sack. Ein Schauer durchlief mich.
»Unter einer Familie stell ich mir irgendwie was anderes vor, du«, erwiderte ich.
»Du siehst das zu eng. Musst nicht erzählen, dass du hier arbeitest, Kumpel.«
»Komm mit rauf«, sagte ich. »Komm schon.«
»Ich bin hier noch nicht fertig.«
Ich schwor mir, ihn bei nächster Gelegenheit anzuscheiÃen, wenn er die Flurwoche verpasste.
»Du kommst jetzt mit rauf! Da klären wir das.«
Als wir den oberen Treppenabsatz erreichten, sagte ich zu Kevin:
»Erklärste dem hier mal, dass ich hier arbeite.«
Kevin blickte vom Monitor auf und sah mich lange an. Dann runzelte er die Stirn.
»Entschuldigung â kann ich irgendwas für Sie tun?«
»Kevin«, sagte ich mühsam beherrscht, »sag dem Mann einfach, dass ich hier arbeite.«
»Ich kenne Sie nicht, Herr. Wollen Sie hier etwa Randale machen? Stimmt irgendwas nicht mit Ihnen?«
»Kevin!«, brüllte ich. »Lass den ScheiÃ!«
»Ich lasse mich hier nicht von irgendeinem Onanisten duzen!«, brüllte Kevin zurück. »Benehmen Sie sich oder ich werfe Sie hinaus!«
Martin klopfte mir auf die Schulter, eine Geste vollen Mitgefühls. »Wir sehen uns unten, hm?«, sagte er.
Ich schloss die Augen.
»Kevin«, sagte ich, »warum hast du das gemacht?«
»Entschuldige«, sagte er. »Aber du musst lockerer werden. Schon Popcorn an den Mann gebracht?«
»Ich pfeif auf den Hunni. Du Arschloch.«
»Ist klar. Sei etwas selbstständiger. Du kannst hier völlig kreativ sein«, sagte Kevin. »Mach, wonach dir der Sinn steht.« Er wandte sich wieder seinem Computerspiel zu.
Eine Stunde später war ich mit meiner Welt wieder im Reinen.
Ich brachte Kevin mit versöhnlicher Geste die Schüssel Gratis-Popcorn und stellte sie ihm hin.
Kevin nickte anerkennend; das Geschäft lief nun, gegen Nachmittag, auch bedeutend besser.
Möglich, dass es an meinen MarketingmaÃnahmen lag â der Keller war nun leergefegt, denn alle Typen hatten aufgehört, im Tiefgeschoss an sich herumzufummeln und wie Ãlgötzen vor den Regalen zu stehen, und stattdessen angefangen, exzessiv Pornos auszuleihen.
Ich hielt es für möglich, dass es an meiner neuen Verleihaktion lag: Vier Filme, nur zwei bezahlen â Bedingung: Man hängte am nächsten Tag die Etiketten selbst auf. Ich nannte es »Das groÃe Wichspaket« und freute mich über den regen Zuspruch, den die Schüssel mit Popcorn gefunden hatte. Kevin hatte schon Recht: robuste Klienten. Man musste ihnen nur Anreize bieten. Deswegen hatte ich bei »BITTE ZULANGEN« Popcorn mit Doppel-P geschrieben, und sie hatten in die Schüssel gelangt, als gäbe es kein Morgen.
Ich sah Kevin beim Verzehr der Reste zu; er hob wie üblich nicht den Blick.
Ich zerknüllte den Plastikschlauch mit dem Aufdruck auf dem Popcorn, auf welchem »raffiniert gesüÃt« stand und
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