Der Deal
sie entschuldigend und versuchte zu lächeln. »Ich meine, ich denke immer noch, daß vielleicht …« – sie machte eine kleine Pause – »… eine neue Information etwas ändern könnte. Ich denke immer noch, daß wir etwas herausfinden und das dann meinen Gefühlen hilft. Das ist wirklich dumm.«
»Nein, das ist nicht dumm, das ist ganz natürlich.«
Sie fixierte ihn mit düsterem Blick. »Es ist dumm! Nichts bringt Eddie wieder zurück.« Beschämt beugte sie sich vor und legte ihre Hand rasch auf Hardys Arm. »Es tut mir leid. Ich wollte Sie nicht anschreien.«
Hardy kämpfte gegen den Drang an, ihre Hand mit seiner zu bedecken. Im Augenblick brauchte sie keinen Trost, das heißt, vielleicht brauchte sie ihn, aber er würde nicht bei ihr ankommen. Es wäre reine Zeitverschwendung. Hardy sah das ganz rational. »Es ist natürlich, die Wahrheit wissen zu wollen. Das ist nicht dumm.«
Sie atmete ein paarmal tief durch. »Jim hat etwas Ähnliches gesagt.«
»Jim hat recht.«
Darin fand sie offensichtlich etwas Trost. »Natürlich«, sagte sie, und ihr Gesicht wurde weicher. »Jim hatte immer recht.« Sie atmete immer noch tief. »Was läßt sich also zu den Verdächtigen sagen?«
»Sie bekommen vielleicht eine bessere Vorstellung von dem wirklichen Tathergang und mit etwas Glück sogar möglicherweise ein Motiv. Frannie bekommt die Versicherungssumme.«
»Das ist gut. Daran hatte ich gar nicht gedacht.«
»Ich hatte hauptsächlich aus diesem Grund an dem Fall gearbeitet. Aber wie Sie ganz richtig sagen, bringt nichts Eddie wieder zurück. Und das behauptet auch niemand. Man kann dann nur von dem Punkt aus weitergehen, das ist alles.«
»Und wohin?« sagte sie halb zu sich selbst.
Der Kaffee war kalt geworden. Der Schatten war so weit gewandert, daß Hardys Kopf jetzt vollständig in der Sonne war. Er deckte seine Augen kurz mit seiner linken Hand ab. »Das fragt jeder.«
Ihr Kopf sank nach vorne. »Es tut mir leid«, sagte sie. »ich bin immer noch ganz mit mir selbst beschäftigt.«
Beim Abräumen des Kaffeeservices fing sie an, über Steven zu reden. Obwohl er immer noch unter Schmerztabletten stand und sehr viel schlief, hatte er sich gestern abend zum erstenmal aufgesetzt und mit Jim und Big Ed gesprochen. Ihr gegenüber war er mürrisch und abweisend oder tat nur so, das konnte sie nicht unterscheiden. »Ich habe den Eindruck, je mehr ich für ihn tue, desto mehr zieht er sich zurück«, sagte sie.
Dismas trug die Tassen hinein und spülte sie ab, bevor er sie umgedreht auf die Geschirrablage stellte.
Sie fühlte sich schuldig und vermittelte jedem ihren zehrenden, schrecklichen Schmerz. Das ging ihn nichts an. Sie wurde langsam süchtig danach, sich auszusprechen, und solange jemand da war, zu dem sie sprechen konnte, konnte sie alles in einer erträglichen Distanz halten. Sie schämte sich, da sie so vertraulich zu einem beinahe Fremden sprach, aber sie konnte es nicht verhindern.
Ein schwaches »Mom« war aus dem hinteren Teil des Hauses zu hören. »Möchten Sie ihn gerne sehen?« fragte sie. »Er fühlt sich hier doch ganz schön einsam.«
Steven hatte sich wieder aufgesetzt, so gut er konnte. Sie ging zu ihm und rückte sein Kissen gerade.
»Laß das doch, Mom.«
Es war hoffnungslos, er verkrampfte sich bei ihrer Berührung. Mit einem schiefen Lächeln drehte sie sich um. »Erinnerst du dich an Mr. Hardy?«
Er nickte. »Haben sie den Kerl gefunden, der Eddie auf dem Gewissen hat?«
»Wir glauben, daß wir ihn gefunden haben.«
In dem Zimmer war es zu dunkel für einen so schönen Tag. Erin zog das Rollo hoch. »Möchtest du, daß ich das Fenster öffne?«
»Das ist mir egal.« Dann wandte er sich zu Dismas. »Pater Jim sagte, daß Sie sich sicher seien.«
Dismas trat näher heran und setzte sich ans Fußende des Bettes. »Heute abend müßten wir den endgültigen Beweis haben.« Er langte in seine Gesäßtasche und zog seine Brieftasche heraus, der er eine blaue Karte entnahm. Er hielt Steven die Karte hin. »Die letzte, sie ist ziemlich zerknittert – möchtest du sie haben?«
Zu ihrer Überraschung nahm er sie.
»Danke schön«, sagte er. Genau so, ziemlich förmlich. Nicht »Danke« oder »Okay«, sondern »Danke schön«. Dann fragte er: »Was fehlt Ihnen noch, damit Sie sich sicher sein können?«
Dismas bekam einen kleinen, nervösen Lachanfall.
»Können sie mir das sagen? Können Sie mir alles erzählen?«
Dismas sah zu seiner Mutter hinüber, die ihm zunickte. Es
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