Der Deal
etwas zwischen ihnen, das unausgesprochen war, nachdem sie viel und ausgiebig geredet hatten. Der Gedanke tauchte immer wieder auf, wie der Bettler, der spät in der Nacht die Tische in den fast leeren Bars nach letzten Gaben abklapperte.
Cavanaugh hatte den Blick in seinen irischen Whisky versenkt, und Hardy dachte, er wolle vielleicht versuchen, mit seinen Röntgenaugen durch den Tisch hindurchzustarren.
Sie hatten gut drei Stunden zusammen geredet und getrunken, zuerst mit leichten Sachen begonnen und dann schwerere Geschütze aufgefahren. Cavanaugh schwankte in seiner Konzentration.
»Vielleicht ist jeder zu allem fähig«, sagte Hardy. »Wenn er nur genug Antrieb hat.«
»Jeder – alles«, wiederholte Cavanaugh.
»Ein Priester natürlich nicht, aber …«
»Ha. Ich weiß Dinge, die Priester getan haben, die Sie sich nicht vorstellen können.«
»Das kann ich wahrscheinlich schon. Auf der High School waren so Typen wie aufgezogene Sprungfedern, wie unter Strom. Ich wollte nicht sehen, was passiert, wenn die einmal loslegen.«
Hardy und Cavanaugh waren schon ziemlich bettschwer; sie hielten nur noch die Stellung, während sie ihre Getränke leerten. Mit halbem Ohr hörten sie auf das, was der andere sagte, mit der anderen Hälfte lauschten sei Billy Joels »Piano Man«, dem klassischen Kneipenrausschmeißer.
»Können Sie sich vorstellen, was für einen unglaublichen Schmerz es manchmal bedeutet, Priester zu sein? Dieses alte
›Dann halte auch noch die andere Wange hin‹? Meine beiden Wangen sind schon ganz verschwollen, weil ich sie immer von einer Seite auf die andere gedreht und hingehalten habe.«
»Schon, aber Sie tun es trotzdem weiterhin. Sie hören nicht auf damit. Ich spreche über Typen, die zuschlagen. Ihren Schwanz überbewerten oder so etwas.«
»Sex meinen Sie?«
Hardy nickte.
»Mit Sex ist das einfach. Es ist zumindest etwas, womit man umgehen, das man verstehen kann. Entweder bekommt man irgendwie eine physische Erleichterung, oder man bringt es, wie wir dazu sagen, als Geschenk dar. Aber in beiden Fällen ist es herausgekommen, und man kann damit umgehen.«
»Sie sagen damit, daß Sex für Sie und die ganzen Brüder kein Problem ist?«
»Was glauben Sie denn? Daß wir unsere Eier amputiert haben? Ich will nur sagen, daß das nicht immer das größte Problem ist.« Er griff nach seinem Glas, schwenkte das Eis darin herum und stürzte den Drink in einem Zug hinunter.
Wie durch Zauberhand herbeigerufen, dachte Hardy, kam die Kellnerin und fragte nach der letzten Bestellung. Cavanaugh bestellte die Runde: »Bringen Sie uns zwei Doppelte.«
Hardy erhob keinen Einspruch. Auch er war in seine Schluckphase gekommen, war angelangt beim »Da wir die Anstandszeit nun schon einmal überschritten haben, laßt uns durchhalten und sehen, wo wir landen.«
»Es gibt niemals eine Erleichterung«, fuhr Cavanaugh fort. »Das ist kein Job, wo man zur Arbeit geht, um fünf nach Hause kommt und sich dann besäuft oder eine Schlägerei anfängt. Man kann einfach niemals«, er hämmerte auf den Tisch ein, »niemals etwas tun, wodurch das Ventil wirklich geöffnet wird. Das ist das Schwerste daran.«
»Hey, Jim, so ist das bei Erwachsenen nun mal. Wer läßt da denn wirklich noch alles raus? Wenn Sie denken, daß Sie es schwerhaben, dann versuchen Sie doch einmal, Polizist zu sein.«
Cavanaugh schüttelte den Kopf. Die Bedienung kam mit den Getränken. »Ein Priester kann einen Polizisten dazu bringen, auszusehen wie ein Pfadfinder.«
Hardy bezahlte die Runde. »Polizisten dürfen nichts herauslassen, Jim, sie müssen immer alles unter Kontrolle behalten.«
»Ja, aber sie können sich doch ganz gut abreagieren. Euer Adrenalinspiegel wird ganz schön auf Trab gehalten, und ihr habt die Erlaubnis – ach was, man erwartet von euch –, daß ihr handelt, Lösungen herbeiführt. Ihr könnt einen Kerl umlegen oder verhaften oder jemandem das Spiel verderben. Ich will damit sagen, es gibt da etwas Handfestes. Ihr huscht nicht einfach sachte vorüber und lest euer Gebetbuch.«
Hardy nahm einen tüchtigen Schluck von seinem Whiskey. »Polizisten lassen bestimmt nicht genug heraus.« Er fühlte sich zur Verteidigung gedrängt. »Warum, glauben Sie, gibt es Alkoholiker unter ihnen? Drogensüchtige? Es gibt richtig niederträchtige Schweine.«
»Und ich will sagen, multiplizieren Sie das mit zwanzig, dann haben Sie die Priester.«
»Das ist doch Schwachsinn!«
»Das ist es nicht. Vielleicht kommt an dem
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