Der Deal
Euch.«
Wie hatte er nur ins Lateinische verfallen können? Er mußte mit seinen Gedanken wirklich meilenweit entfernt sein. Mit einem Blick auf die wenigen Versammelten vergewisserte er sich, daß niemand, nicht einmal die Ministranten, seinen Ausrutscher bemerkt hatten.
Er mußte sich zusammenreißen. Schließlich hielt er gerade eine Messe, und auch ein sündiger Priester hatte nichts von seiner Macht verloren. Wer etwas anderes glaubte, machte sich formal gesehen der Ketzerei schuldig.
Aber es fiel ihm sehr schwer, seine Aufmerksamkeit zu bündeln. Er hatte den Ministranten ziemlich viel Wein in den Kelch gießen lassen, in der Hoffnung, daß ihm ein kräftiger Schluck gegen das bohrende Kopfweh helfen würde. Es war ihm jedoch bewußt, daß nicht die pochenden Schläfen seine Konzentration minderten.
Er hatte so sehr gehofft, daß es nicht so weit kommen würde, aber in der letzten Nacht mit Dismas war es ziemlich klar geworden, daß die Polizei mit ihren Verdächtigen nicht zufrieden war. Und das bedeutete, daß die Suche noch nicht beendet war. Ohne neue Beweise wären sie jedoch gezwungen, den Fall zum Selbstmord zu erklären oder die Suche nach dem Mörder einzustellen, und sein fürchterlicher … Fehltritt würde nie bekannt werden.
Er durfte nicht zulassen, daß es jemals bekannt wurde. Das würde der Kirche unwiderruflichen Schaden zufügen, ganz zu schweigen von dem Leid, das über seine nahen Freunde käme.
Es war alles in Ordnung, er hatte jetzt seinen Frieden mit Gott geschlossen. Er hatte gebeichtet, und damit sollte die Sache eigentlich ruhen, bis er vor den Heiligen Petrus trat.
Konnte Gott ihm vergeben? Er mußte glauben, daß Er es konnte. Konnte er sich jemals selbst vergeben? Nein. Das wußte er jetzt. Eddie umzubringen, war eine Tat weit, weit jenseits der schlimmsten Übertretungen, die er sich in den letzten Jahren erlaubt hatte, um sich die schreckliche Last, die er trug, etwas zu erleichtern. Dieses heilige Leben, dieser nicht enden wollende Stumpfsinn der Sündenlosigkeit. Er hatte geglaubt, er habe sich schon an die Gewissensbisse gewöhnt, die die gelegentliche Sünde, die Augenblicke vorübergehender Schwäche, ihm eintrugen. Aber Eddie umzubringen, war – mehr als irgend etwas sonst auf der Welt – unverzeihlich.
Als Eddie in jener Nacht zu ihm ins Pfarrhaus gekommen war – Erins ältester Sohn, der Sohn, den sie zusammen hätten haben sollen –, voll von diesem besonderen Feuer, das nur er besaß, und ihm erzählte, daß er und Frannie zusammen ein Kind bekämen, da konnte er es nicht länger ertragen.
Womit hatte dieser Junge all das verdient, was er besaß? Ganz natürlich hätte ihm, Jim Cavanaugh, der sein ganzes Leben lang verzichtet und verzichtet hatte, auch eine Chance gebührt, ein kleiner Anteil von dem Glück des Jungen.
Aber das war niemals eingetreten.
Und jetzt sollte der Sohn seiner großen Liebe – Gott möge ihm vergeben, aber das war die Wahrheit –, nun sollte Eddie alles haben? Alles, was er, Jim Cavanaugh, jemals gewollt hatte und was er, wie ihm nun ganz klar wurde, niemals haben würde? Das konnte er nicht ertragen. Er konnte es ihm nicht gönnen, konnte nicht zulassen, daß eine weitere Generation in den Genuß dieses privilegierten Glücks kam.
Also hatte er in jener Nacht, als Eddie mit neu gefundener Strenge, voll Hoffnung und Selbstvertrauen zu ihm gekommen war, den Vorschlag gemacht, mit ihm zusammen zu seinem Treffen mit Cruz zu gehen und das ganze Gewicht seiner moralischen Argumente ins Spiel zu bringen. Sicher müßten zwei so charmante, überzeugende und wundervolle Menschen Erfolg haben. In dem ungestümen Rausch seiner zukünftigen Vaterschaft hatte Eddie diese öligen Worte aufgesogen, mit diesem ihm eigenen, starken Glauben, daß alles möglich sei.
Und er – Jim – war doch wirklich überzeugend gewesen, nicht wahr? Eddie konnte Army , die Firma, retten, Polk vor sich selber retten, er konnte die ganze gottverdammte Welt retten. Warum sollte er nicht daran glauben? Er war jung, stark und hatte seine Männlichkeit unter Beweis gestellt. Er, Eddie Cochran, konnte alles bewirken!
Ja, das war nicht mehr zu ertragen gewesen. Aber jetzt – jetzt, wo er damit leben mußte – erkannte Cavanaugh, daß das Licht, sogar jenes schwache aus Erins Augen, für das er gelebt hatte, erloschen war.
Er mußte immer noch an Gottes Vergebung glauben, obwohl eine solche Vergebung seine Vorstellungskraft überstieg. Er mußte Vertrauen in den
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