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Der Deal

Der Deal

Titel: Der Deal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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umgebracht hat.«
    Keine Reaktion. Steven starrte einfach nur das dröhnende weiße Flimmern im Fernseher an. Hardy stand auf, ging hinüber und schaltete ihn aus.
    »Hey!«
    »Selber hey. Es ist mir egal, ob du hier in deinem Zimmer schmachtest, aber ich versuche, wenigstens für Frannie etwas zu tun, und wenn du etwas weißt, das mir helfen könnte, werde ich es verdammt noch mal herausfinden. Soll mir dein Anstarren des leeren Fernsehbildes beweisen, was für ein toller Typ du bist? Du empfindest nichts für Eddie? Für irgend etwas, oder?«
    Hardy sah, wie der Trotz dem Gesicht des Jungen entwich. Er war nicht richtig sauer, war einfach nur etwas lauter geworden. Jetzt setzte er sich wieder, zog den Stuhl näher zum Bett. »Weißt du, du könntest mir auch dabei helfen, wenn du willst.«
    »Ich glaube einfach nicht, daß Eddie nicht mehr da ist.«
    Hardy faltete seine Hände, atmete aus, schaute hinunter. »Ja«, sagte er, »das ist das Schwierige daran.«
    »Was meinen Sie damit, daß Sie herausfinden wollen, wer Eddie umgebracht hat? Ich dachte, er hätte sich selbst umgebracht.«
    »Warum glaubst du das?«
    Der Junge verdrehte die Augen. Hardy faßte herunter, nahm Stevens Fußknöchel und begann ihn zu drücken. Hardy hatte einen festen Griff. Steven versuchte, sich loszureißen, schaffte es aber nicht.
    Ohne seinen Griff zu lösen, flüsterte Hardy: »Hör mir zu, du kleines Miststück, ich brauche mir keine High-School-Heldentypen-Allüren von dir bieten zu lassen. Hast du mich verstanden?« Sein linker Unterarm fühlte sich von dem Druck heiß an.
    Steven preßte die Kiefer zusammen. »Lassen Sie mein Bein los.«
    »Hast du mich verstanden?«
    Nach fünf oder sechs Sekunden brachte Steven ein kleines Lächeln hervor, nickte dann und murmelte: »Ja.«
    Das reichte Hardy. Er ließ los. »Also, wie du dich sicherlich erinnerst, habe ich dich gefragt, warum du glaubst, daß Eddie sich selbst umgebracht hat. Hat dir das die Polizei oder irgendwer gesagt?«
    Steven rieb sich den Knöchel, hörte aber zu. »Ich meine, er hatte doch eine Waffe in seiner Hand, oder? Und da war dieser Zettel.«
    »Es ist leicht, jemandem, der bereits tot ist, eine Waffe in die Hand zu legen. Und der Zettel hätte alles mögliche sein können. Ich will wissen, warum du das denkst – daß er sich umgebracht hat.«
    »Weil er schlau war, und wer schlau ist, will nicht leben.«
    Er machte keinen Spaß. Der Junge meinte es so. Das erschütterte Hardy ein wenig. Einen Moment lang ließ er den Kopf hängen, holte Luft. »He, ist es denn so schlimm, Steven?«
    Der Junge zuckte nur mit den Schultern, seine dünnen Arme vor der Brust verschränkt.
    »War er deprimiert? Eddie, meine ich.«
    »Ja, glaube ich schon.«
    Hardy sah zu ihm auf. »Was glaubst du, warum ich das hier mache? Glaubst du, ich möchte hier sein, um mit jedem, der mit mir reden will, alles noch mal durchzugehen? Glaubst du, ich hätte nichts Besseres zu tun?«
    »Ich habe keine Ahnung, was es Besseres zu tun gäbe«, murmelte der Junge.
    Hardy schluckte das. »Gut.«
    Steven griff in die oberste Schublade der Kommode neben seinem Bett und zog ein Springmesser heraus, das er abwechselnd auf- und zuschnappen ließ. Der moderne amerikanische Rosenkranz, dachte Hardy. Ohne seine Verwunderung durchblicken zu lassen, fragte er, wo er die Waffe herhabe.
    »Onkel Jim hat es aus Mexiko mitgebracht.«
    »Onkel Jim?«
    »Klar. Sie wissen schon. Pater Cavanaugh. Aber sagen Sie es nicht Mom, ja? Das würde sie nur nervös machen.«
    Einen Moment später hatte Hardy sich daran gewöhnt – an den Anblick des mageren Jungen, der trübselig auf seinem Bett saß und zum Trost ein Springmesser auf- und zuschnappen ließ.
    »Willst du mir denn helfen?«
    Steven klappte das Messer zu. Seine Augen blickten zwar nicht gerade vertrauensvoll, aber immerhin war das Mißtrauen nicht mehr da. Wahrscheinlich konnte der Junge ihm überhaupt nicht helfen, aber es würde ihm nicht schaden – so wie er sich fühlte –, das Gefühl zu haben, etwas wegen des Todes seines Bruders zu unternehmen.
    »Was könnte ich tun?« fragte er.
    »Sei wachsam. Denk mal über die Dinge nach, die so in den letzten vier bis acht Wochen passiert sind – was Ed oder die, die ihn kannten, gesagt oder getan haben könnten, was er vorhatte, all das.« Er zog sein Portemonnaie heraus. »Hier ist eine Karte. Warum behältst du das nicht für dich, so wie ich das mit dem Messer, in Ordnung?«
    Geheimnisse haben. Das verband.

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