Der Deal
»Das ist eine schöne Karte«, sagte Steven.
Hardy stand auf. »Sei vorsichtig mit dem Springmesser«, sagte er. An der Tür wandte er sich um. »Denk gut nach, Steven. Da draußen ist irgend etwas.« Vielleicht der falsche Spruch für einen Jungen, aber er hatte seine Worte vorher nicht zensiert.
Jodie und Frannie standen jetzt Hand in Hand vor der Wand des Zimmers und schauten sich die Bilder an.
Hardy klopfte nicht. »Die Familie sorgt dafür, daß Kodak im Geschäft bleibt«, sagte er.
Sie wandten sich um, und Frannie stellte Jodie vor. Achtzehn oder so, dafür würde sie gerade durchgehen. Ihr sommersprossiges Gesicht hatte immer noch rote Flecken vom Weinen. Etwas Babyspeck, aber nur etwas, machte ihre Wangenknochen runder. Ihre großen blauen Augen, ebenfalls gerötet, hatten goldgesprenkelte Iris. Ihre Nase war nicht perfekt, aber Hardy gefiel sie, etwas zu flach am Steg und unten hervorstehend, wie der Daumen eines Babys.
Sie war offensichtlich Erins Tochter, aber wie bei Steven und Ed, und in dieser Hinsicht auch wie bei Mick, war keine große Ähnlichkeit mit Big Ed zu erkennen.
»Du wolltest mich sehen?«
Frannie, für einen Moment durcheinander, starrte auf die Wand mit den Bildern, dann wieder auf Hardy. »Ich denke …« Sie wandte sich an Jodie und lächelte. »Mein Kopf …«
»Ist schon gut«, sagte Hardy. »Das kann warten.«
»Nein, ich weiß, ich habe Moses gebeten, dich zu holen, aber ich … diese anderen Dinge …«
»Sicher.«
Jodie sagte nun etwas, und ihre Stimme klang wie das Echo der Stimme ihrer Mutter – kultiviert, nicht so tief, daß man sie rauh nennen konnte, aber erwachsen. »Es war wunderbar von Ihnen, Frannie aufzufangen. Vielen Dank.«
Sie wandte sich ihrer Schwägerin zu. »Du bist richtig zusammengebrochen. Ich weiß nicht, wie Mister Hardy es geschafft hat, aber er war bei dir …«
»Das ist es«, sagte Frannie. »Jetzt ist es mir wieder eingefallen.«
»Was?«
»Warum ich dich sehen wollte. Ich habe mich gerade daran erinnert.«
Sie ließ Jodies Hand los und setzte sich auf einen Schemel. »Ich bin noch nie ohnmächtig geworden, deshalb habe ich auch vorher nichts gemerkt. Das letzte, was ich gesehen habe, war Mister Polk. Er ist … er war Eds Chef, ich meine, der Besitzer. Er war kein richtiger Chef, glaube ich. Ed war der eigentliche Manager, aber Mister Polk hat die Politik gemacht, weißt du.«
Hardy nahm in Kauf, daß sie unzusammenhängend sprach. Ihr war offensichtlich etwas eingefallen, und sie würde schon darauf zu sprechen kommen.
»Als ich ihn dann sah, ist mir eingefallen, daß ich dir alles sagen sollte, was irgendwie von Bedeutung sein könnte.«
»Und daß Mister Polk dort war, könnte von Bedeutung sein?«
Sie schüttelte ihr rotes Haar, schloß dann ihre Augen, als wäre ihr der Gedanke wieder entfallen.
Jodie setzte sich auf die Ecke des Schemels und legte einen Arm um ihre Schulter. »Schon gut, Frannie.«
»Es ist so schwer zu denken.« Sie spitzte die Lippen, biß sich auf die Lippe.
»Mister Polk«, sagte Hardy leise.
»Oh, Mister Polk, richtig.«
»Warum könnte es von Bedeutung sein, daß er bei der Beerdigung war, Frannie? Mir scheint das ganz normal zu sein. Hatten sie gestritten, oder so?«
»O nein, nichts dergleichen. Es hat nichts damit zu tun, daß er bei der Beerdigung war.«
Sie schien den Gedanken immer noch nicht erfassen zu können. Hardy schob seine Hände in die Taschen und ging zu den Bildern an der Wand hinüber. Rings um ein Bild von Eddie, das wie ein College-Abschlußfoto aussah, hingen Plaketten, Diplome und Ehrenurkunden. Er drehte sich wieder zu den jungen Frauen um. » Phi Beta Kappa ?« fragte er.
»Eddie war wirklich klug«, sagte Jodie. »Er mochte nur nicht damit angeben, aber er war der Klügste von uns, ausgenommen vielleicht Steven, wenn er daran arbeiten würde.«
»Ich habe Steven gerade wiedergesehen. Wir hatten eine nette Unterhaltung.«
»Er ist in Ordnung«, sagte Jodie. »Er spielt nur den harten Typen.«
Hardy zuckte mit den Achseln. »Wir sind zurechtgekommen …«
»Ich weiß es wieder.«
Hardy setzte sich ans Ende des Sofas.
»Es war Mister Polk. Ich war einfach überrascht, ihn zu sehen. Eddie sagte, daß er bis Freitag nicht im Laden gewesen wäre, und dann sei er ganz durcheinander gewesen.«
Hardy ließ sie weitersprechen.
»Das ist alles«, sagte sie schließlich. »Es tut mir leid. Es ist vermutlich nichts, aber du hast gesagt …«
»Nein, Frannie«, sagte er,
Weitere Kostenlose Bücher