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Der Deal

Der Deal

Titel: Der Deal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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für sie empfand, aber es war wahrscheinlich nur wie das Gelüste nach siebenjähriger Ehe. Das Priestertum mußte seine eigenen Zyklen haben. Eigentlich war es ihr Fehler gewesen – weil sie ihm beim Mittagessen so verständnisvoll zugehört hatte. Es war dumm von ihr gewesen, die Zeichen nicht zu erkennen. Sie kannte sie gut genug von anderen Männern. Jim war ein Mann, und alle Männer, auch Priester, hatten ihre Egos. Sie hatte ihn natürlich nicht verletzen wollen, aber …
    Aber wirklich, diese ganze Sache – Gott, es war nicht mal eine Woche her! – gehörte der Vergangenheit an. Was machte es jetzt schon noch aus?
    Sie schaute auf den Kalender hinunter. Was machte irgend etwas davon schon noch aus?
    Sie seufzte. Und wenn sie vor einer Woche den wirklichen Kalender gesehen hätte? Montag – Eddie wird getötet.
    Was würde in dieser Woche passieren?
    Sie faßte sich mit zitternder Hand ins Gesicht. Nein, fang nicht an, so zu denken. Aber sie schaute trotzdem wieder hinunter. Für diese Woche waren viel weniger Termine eingetragen, aber sie hatte nicht die Kraft, auch nur einen von ihnen einzuhalten. Sie fragte sich, wer wohl die Kinder von Hal und Lottie genommen hatte, ob sie überhaupt nach Monterey in Urlaub gefahren waren. Sie waren nicht bei der Beerdigung gewesen.
    »Hör auf damit«, sagte sie laut. Aber ihre Gedanken kamen nicht los davon. Sie sah Eddies Sarg bei Ging, hörte Big Eds einzigen Seufzer, als er vor ihm kniete, sah, wie Frannie am Grab fast gefallen wäre.
    Sie schüttelte wieder den Kopf. Ja, die anderen hatten es jetzt leichter. Es war erträglich gewesen, das Frühstück zu machen, weil Big Ed da war, bei ihr war, sie sich im Vorbeigehen berührten. Aber jetzt, da sie nichts anderes zu tun hatte als nachzudenken und sich zu erinnern, wußte sie nicht, ob sie es aushalten würde.
    Vielleicht sollte sie Frannie wecken gehen?
    Aber Frannie war lange nicht so stark wie sie und brauchte den Schlaf. Da war sie sicher.
    »Hallo.«
    Da stand sie im Türrahmen. Erin hatte sie nicht mal gehört. »Alles in Ordnung mit dir?« fragte Frannie.
    »Sicher. Ich bin nur« – sie wies auf den Kalender – »die Woche … ist nur irgendwie lang.«
    Frannie ging zu ihr hinüber. Sie war barfuß und trug einen von Jodies Morgenmänteln. Sie legte einen Arm um Erins Schultern und blieb so stehen.
    Erin schüttelte wieder den Kopf, ohne den Kalender jetzt noch sehen zu können. Warum? dachte sie. Und warum dieser plötzliche Gefühlsausbruch? Sie wandte sich ihrer Schwiegertochter zu und verbarg dabei ihr Gesicht in deren Morgenmantel. Frannie drückte sie fest, und plötzlich konnte Erin es nicht mehr zurückhalten.
    »Schon gut«, sagte Frannie, »schon gut.«
    Immer wieder. Und die Tränen wollten nicht aufhören zu fließen.

    Schlappschwänze, dachte Steven, als sich die Klasse um ihn herum langsam leerte. Alle sprachen davon, wie schwierig die Klassenarbeit war. Es war schwer, sitzenbleiben zu müssen, wenn man seit zwanzig Minuten fertig war, während der Rest der Klasse sich mit diesem Mist abmühte.
    Na schön, wenn ihn das störte, würde er einfach länger bleiben, bis alle gegangen waren.
    »Sind Sie fertig, Steven?«
    Mister Andre, ein Oberligastreber, der sich aber mit der Mathematik auskannte, stand hinter seinem Schreibtisch auf und wartete. Normalerweise nannte er Steven ›Mister Cochran‹. Alle Schüler hier an der S.I. waren Mister. Er tat Andre vielleicht leid, wegen Eddie.
    Ach, verflixt. »Ich war schon vor einer halben Stunde fertig.«
    »Zu leicht?« Steven zuckte mit den Achseln.
    Andre stapelte in aller Seelenruhe die anderen Arbeiten auf. »Bringen Sie sie bitte nach vorne?«
    Er legte mit gesenktem Kopf seine Bücher zusammen. Andre stand gleich bei seinem Schreibtisch. »Ich hole sie schon. Das mit Ihrem Bruder tut mir sehr leid.«
    Danke schön, das hilft mir sehr, dachte Steven, als er sich an ihm vorbeidrängte. »Ja«, sagte er.

    Big Ed hatte Erin nicht erzählt, daß er sich krankgemeldet hatte. Seiner Meinung nach hatte er aber ihre Abmachung, immer ehrlich zueinander zu sein, auch wenn es schmerzlich wäre, dadurch nicht verletzt. Sie brauchte nicht zu wissen, daß er hierher gekommen war. Sie würde sich nur um ihn Sorgen machen, und es belastete sie schon genug.
    Das Grab sah verändert aus. Zum einen hatten sie den Stein aufgestellt. »Edward John Cochran, Jr. – 1962-1988.«
    Er wünschte, er könnte irgendwie die letzten Ziffern wegwischen, sie ungeschehen

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