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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Fall eines Falles echt helfen konnten.
    Anders als Cecil Higgins, der auf eher traditionelle Art bloß mit einem halbherzig gemurmelten »Was sind wir denn nu schuldig?« in seine Tasche zu greifen pflegte, kehrte der Schreckliche Tscheche noch den großen Max heraus, indem er umständlich seine Kreditkarte auf den Tisch legte und sagte: »Was dürfen wir denn nu bezahlen für das wirklich köstliche Fressen?«
    Die Angestellten pflegten dann für gewöhnlich mit reichlich angestrengtem Grinsen zu sagen: »Nein, nein. Sie waren heute Gäste des Hauses. Kommen Sie bald mal wieder.«
    Und der Schreckliche Tscheche würde sehr überrascht gucken und sagen: »Wirklich? Also, das ist aber sehr nett. Vielen, vielen Dank. Und falls ich Ihnen irgendwie mal behilflich sein kann …«
    Aber diesmal passierte etwas Merkwürdiges. Nichts Merkwürdiges an sich, sondern etwas Merkwürdiges in dem Sinne, daß es Mario Villalobos, wie er später erklärte, wieder mal die Erkenntnis, die ihn sehr beunruhigte, vor Augen führte, die meisten wirklich großen Ereignisse würden letztlich doch nur dadurch in Gang gesetzt, daß lediglich ein Spatz vom Himmel fällt. Oder vielleicht auch bloß ein Blatt.
    Oder, in diesem Fall, ein Eßstäbchen.
    Als der Schreckliche Tscheche seine Nummer mit der Kreditkarte abzog, trat er auf ein herabgefallenes Eßstäbchen. Das Eßstäbchen verbarg sich in den Ritzen der geriffelten Schuhsohle des Schrecklichen Tschechen. Das Eßstäbchen klickte auf dem Parkettfußboden, als der Schreckliche Tscheche die ersten Schritte tat. Er sah nach unten und versuchte, das Eßstäbchen mit dem anderen Schuh aus der geriffelten Sohle rauszufummeln. Das äußerst störrische Eßstäbchen hakte sich dadurch nur noch mehr fest.
    »Ich hab 'n Stäbchen an meinem Schuh«, beklagte sich der Schreckliche Tscheche bei Cecil Higgins, der inzwischen glühende Lava rülpste.
    »Ooooh, ich hab's gewußt, hätten wir doch bloß Gumbosuppe gegessen«, ächzte Cecil Higgins. »Von dieser k-o-reanischen Kraftnahrung krieg ich immer Sodbrennen.«
    Aber der Schreckliche Tscheche war derzeit nicht in der Stimmung, Cecil Higgins zu bedauern. Laut meckernd und böse knurrend tanzte er auf einem Bein in der dämmrigen Cocktaillounge herum und versuchte, das hartnäckige Eßstäbchen endlich loszuwerden.
    »Ich kann's nicht rauskriegen!« brüllte der Schreckliche Tscheche.
    Cecil Higgins rülpste fürchterlich laut, stöhnte und sagte: »Gottverdammt, ja, Tscheche. Ich weiß ja, daß heute nich dein bester Tag is, aber diesmal helf ich dir nich. Zieh dir die Stäbchen selber aus den Schuhen. Ich hab viel zu schlimme Bauchschmerzen, um irgend 'nem Arsch auch noch Eßstäbchen aus den verdammten Schuhen zu pulen.«
    Stocksauer setzte sich der Schreckliche Tscheche hin und zog seinen riesigen Schuh aus, und dann brach er das Eßstäbchen auch noch ab, als er versuchte, es aus dem geriffelten Gummi herauszukriegen, und so schnappte er sich schließlich einen Suppenlöffel, und damit endlich gelang es ihm, das inzwischen abgebrochene Ende des hartnäckigen Stäbchens vollends zu entfernen.
    Und nachdem er das geschafft hatte, stand er verdrießlich wieder auf und hob eine American-Express-Karte auf, die ihm offenbar auf den Fußboden gefallen war, als er auf einem Bein herumgetanzt war. Er besaß überhaupt nur deshalb eine Kreditkarte von American Express, weil Karl Malden in den von der American-Express-Werbung finanzierten Fernsehserien den Cop spielte.
    Die Sache war nun allerdings die, daß er seine Kreditkarte gar nicht verloren hatte. Die lag noch auf dem Tisch, dort, wo er sie hingelegt hatte, als er anfing, sich über das störrische Stäbchen zu ärgern. Die Kreditkarte des Schrecklichen Tschechen wurde später von einem Kellnerlehrling, der im Verlauf des Abends den Tisch abräumte und neu eindeckte, in die Schublade für Fundsachen gelegt.
    Mario Villalobos würde am Ende alles kapieren, und er würde dem Schrecklichen Tschechen später haarklein auseinandersetzen, wie das, was man Schicksal nennt, tatsächlich seine Fäden spinnt. Wie ein völlig belangloses Ereignis mit einem anderen, ungeheuer bedeutungsvollen zusammenhängen kann, beispielsweise mit einer Auszeichnung, die für manche Leute das höchste an Ehre darstellt, was Menschen anderen Menschen erweisen können. Und die in den Augen bestimmter Menschen sogar noch mehr wert ist.
    Der Schreckliche Tscheche würde mit einem Doppelmord und einem Nobelpreis für

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