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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Naturwissenschaft in Verbindung gebracht werden, wobei er sich wieder mal fragte, ob das alles wirklich real war.
    Und das alles passierte nur, weil er irrtümlich eine Kreditkarte vom Boden aufgehoben hatte. Es passierte in allerletzter Konsequenz nur, weil ihm ein störrisches Eßstäbchen in die Schuhsohle geraten war.

 

    4. KAPITEL
    Der Spike
    Dilford und Dolly, die beiden vom Individualistenteam, waren unverändert sauer aufeinander, wenn sie auf Streife waren, und sie wandten die gequälten Gesichter einander nur dann zu, wenn es absolut unumgänglich war.
    Es war für Dolly von Anfang an nicht leicht gewesen, sich auf einen so hundertprozentigen Chauvi wie Dilford einzustellen. Dabei hatte sie es schon schwer genug gehabt mit all diesen Durchschnitts-Chauvis, die sich mit der Vorstellung, daß auch Frauen zu Patrouillen eingesetzt werden, immer noch nicht abfinden können, obgleich für Frauen heutzutage längst auch schon dieselben Ausbildungswege vorgeschrieben sind wie für Männer.
    Dilford gehörte zu den Typen, die nie müde werden, Witze auf Kosten kleiner Leute zu machen, sobald sie ein männliches Publikum haben.
    »Hey, Rumford«, sagte Dilford beispielsweise zu einem seiner Kumpel von der Frühschicht, »ich wette, du glaubst, daß ich alleine arbeite. Aber ich hab auch einen Partner: Dolly, das Riesenweib. Heb mal dein Gewehr hoch, Dolly, damit Rumford dich endlich sehen kann.«
    Dann schrie Dilford, während alle anderen Ärsche in wieherndes Gelächter ausbrachen: »Hey, Dolly, steck dir endlich 'n Fahrradwimpel in den Schultergurt. Sieh zu, daß der Sergeant sieht, daß du da bist.«
    Die Sache war wirklich vom ersten Tag an schiefgelaufen, an dem Dolly dazu abkommandiert worden war, mit Dilford zu arbeiten, gleich nachdem sie ihre einjährige Probezeit bei der Polizei erfolgreich hinter sich gebracht hatte. Als erstes war er ihr haargenau mit denselben blöden Sprüchen gekommen, die sie seit ihrem Akademieabschluß pausenlos gehört hatte: »Ich muß nun mal mit dir arbeiten. Es ist weiß Gott nicht meine Idee. Aber wollen wir nicht einfach so tun, als hätten wir 'n Klüngel miteinander? Wobei ich natürlich nicht im Traum daran denke, dir pausenlos die Türen aufzuhalten oder Feuer zu geben.«
    Und so weiter.
    »Heißt das, daß wir unsere polizeilichen Aufgaben links liegenlassen, Dilford?« sagte die rothaarige, haselnußäugige Minipolizistin zu ihrem großen, dürren, sarkastischen Partner, der selbst erst drei Jahre Polizist war.
    »Genau das mein ich, Kleines«, sagte Dilford. »Wir binden uns Scheuklappen um, damit ich gar nicht erst in Versuchung komm, polizeilich tätig zu werden, und dann nehmen wir einen Pinselschwanzmungo mit, damit mir einer hilft, wenn mich einer beißen will.«
    »Ich verstehe«, sagte Dolly honigsüß und nickte. »Und wann pflegt die Streife zu essen?«
    Auch das war so eine Sache, die ihr von anderen Chauvis schon früher zugemutet worden war. Die Streife aß jeweils zu einer bestimmten Zeit. Ohne Rücksicht darauf, ob sie hungrig war, aß die Streife, wenn der Mann hungrig war.
    »Ich werd dir schon sagen, wann die Streife Hunger hat«, erklärte Dilford, und der Krieg hatte begonnen.
    Es war nie eine Frage gewesen, wer den Wagen fuhr und wer den Schreibkram machte. Er fuhr. Sie fuhr nur, wenn er zu verkatert war, und den Schreibkram machte sie dann noch zusätzlich.
    Am dritten Tag ihrer Partnerschaft hatte er sie, während sie ihr Gewehr lud, derart auf die Palme gebracht, daß sie die dritte Patrone im Magazin einklemmte und sich dabei den Nagel ihres rechten Ringfingers abbrach. Dolly geriet daraufhin völlig aus der Fassung und brüllte: »DU VERDAMMTES ARSCHLOCH!«, so daß Dilford, der gerade hinter den Sitzbänken des schwarzweißen Plymouth nach Rauschgift, Messern, Kanonen oder Zeitbomben suchte, die von Festgenommenen während der vorigen Schicht dort versteckt worden sein konnten, echt einen Heidenschreck kriegte.
    Und dann machte sie gleich auch noch ihren nächsten Fehler, indem sie brüllte: »Fünfzig Dollar hab ich für das Lackieren bezahlt, und nun guck dir das an!«
    Der Fingernagel war total weg und mit ihm natürlich auch das handgemalte Abziehbild mit dem Rennwagen und dem Markenzeichen der Rennfirma, mit dem Dolly diesen außergewöhnlichen Nagel hatte schmücken lassen.
    »Aber das ist ja grauenhaft«, grinste Dilford, als er daraufhin sofort seine sämtlichen Kumpane herbeirief, damit sie die arme Dolly gebührend bedauerten.

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