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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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vierzehn Garnituren Unterwäsche. Deshalb brauch ich bloß an jedem Zahltag in den Waschsalon. Das sind meine letzten sauberen Klamotten.« Sie gab sich Mühe, versöhnlich zu lächeln, als sie das sagte.
    »Vierzehn Garnituren Unterwäsche«, sagte Dilford, wieder mit ätzendem Spott in der Stimme. »Trägst du auch Jockeyslips wie ich?«
    »Also schön, reden wir mit der verdammten Tunte«, murmelte Dolly und flüsterte fast unhörbar: »Scheißkerl!«
    »Also, packen wir's«, sagte Dilford, während er den Funkwagen parkte, und bevor er die Tür aufriß, flüsterte er fast unhörbar: »Blöde Nutte!«
    Die Tunte trug ein rotes Lamékleid und silberne Pumps mit Riemchen an den Knöcheln, und auch sie war an diesem Tag zu etlichen Gemeinheiten fähig, weil sie noch keinen einzigen Freier gehabt hatte. Und der Smog hing in der Luft, und Pablo, der Freund der Tunte, war in der letzten Zeit gar nicht lieb zu ihr gewesen, wobei es keine Rolle spielte, ob die Tunte auch ihm gegenüber gemein gewesen war oder ob er oder sie es verdient hatte.
    Die Tunte war einst der glücklichste Bauhilfsarbeiter von Havanna gewesen, wo sie von Luft und Liebe gelebt hatte, wie man so sagt. Dann waren sie und ihresgleichen von Castro wegen Homosexualität eingesperrt und als gemeingefährliche Verbrecher gegen den Staat von einem Gefängnis ins andere geworfen worden, bis sie schließlich auf ein paar Seelenverkäufer verfrachtet und nach Miami geschickt wurden. Alles in allem war die Tunte in den letzten Jahren sehr unglücklich gewesen, und sie hatte derzeit nicht die geringste Lust, sich von zwei Cops dumm anmachen zu lassen. Genau das sagte die Tunte auch, als sie ihn oder sie anhielten.
    »Ich hab niiiix gemacht«, sagte die Tunte. »Ich hab keine Lust, miiich blöd anmachen zu lassen!«
    »Halt deine Klappe, Schweeester«, sagte Dilford. »Und mach mal dein Täschchen auf, damit mein kleiner Partner mal einen Bliiick reinwerfen kann.«
    Es dauerte nur ein paar Minuten, bis Dilford die riesige Tunte mit seinem Gequatsche und seinem nachgemachten spanischen Akzent wirklich auf die Palme gebracht hatte, und dann sagte sie: »Wiiir sind hier niiicht in Kuba. Wenn ich was gemacht hab, briiingt mich ins Gefängniiis.«
    Das Wort Gefängnis, das in der Landessprache bekanntlich Jail heißt, hatte sie mit ihrem Akzent wie Yale ausgesprochen. Und weil Yale und Harvard mit die bekanntesten amerikanischen Universitäten sind, hatte Dilford sofort einen höhnischen Witz auf Lager. »Hör mal gut zu, du alte Zwiebel«, sagte Dilford feixend, Auge in Auge mit der Tunte. »Ich bring dich nach Yale. Ich bring dich nach Harvard, oder ich steck dich in ne stinkige Hundehütte, wenn mir danach ist. Verschon mich also mit deinen …«
    Aber viel mehr gab er an diesem Tage dann nicht mehr von sich, außer dem Gebrüll, als er auf dem Bürgersteig lag und heulte wie ein Bluthund. Dolly war immer schon ein Fußballfan gewesen, und sie sagte, die Tunte habe einen Schuß abgefeuert, der nicht nur ins Tor, sondern gleich durch die Maschen des Netzes gegangen sei. Die Tunte trat Dilford so heftig in die Eier, daß ihm sicher noch eine Woche später die Schamhaare zum Rachen rauskommen würden, wie Dolly sagte. Und Dolly wurde im Umkreis der Rampart Station zur Heldin des Tages, weil sie ihren Knüppel rausholte und sein dickes Ende kräftig und zielsicher zwischen die Beine der Tunte plazierte, genau auf den Zwickel des Damenhöschens. Was unmittelbar dazu führte, daß die Tunte Dilford auf dem Bürgersteig Gesellschaft leistete und ebenfalls heulte wie ein Kojote.
    Es war wirklich ein sehr lauter Nachmittag auf der Alvarado. Vor allem dann, als Dilford, der sich seine schwer angeschlagenen Eier hielt, von den Sanitätern in den Krankenwagen geschoben wurde. Dilford stand der Schaum vor dem Mund wie einem tollwütigen Köter, und er verfluchte brüllend sowohl den ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten, der sich seiner Ansicht nach von Fidel Castro aufs Kreuz hatte legen lassen, als auch die katholische Kirche, die, wie er meinte, tatkräftig mitgeholfen hatte, die Kubaner hier mitten in Los Angeles anzusiedeln. Dilfords Augen glühten fast so wahnsinnig wie die des Schrecklichen Tschechen, als ihn die Vorstellung überwältigte, daß seine Hoden, die sich in den Bauch verkrochen hatten, vielleicht nie wieder am richtigen Platz hängen würden. Als die Sanitäter die Ambulanztür zumachten, kreischte Dilford: »Vielen Dank, Jimmy Carter, du

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