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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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sich und prüfte die Sache genauer. Vorsichtig befühlte sie die Pfoten in den Petunien. Sie fühlte die schwarzen, kleinen Nägel und die erstarrten Zehen.
    »Was, zum Teufel, ist das?« sagte Dolly.
    Runzel-Ronald sagte: »Das sind zwei Pfoten, sonst gar nix. Hundepfoten in Petunien. Herrgott! Davon werd ich nun todsicher noch schwer krank und krieg die Pest, und das an meinem vorletzten Tag. Komm mir damit bloß nicht zu nah.«
    »Hundepfoten?« sagte Jane Wayne ungläubig. »Echte Hundepfoten?«
    »Und ob die echt sind«, sagte Runzel-Ronald. »Die Chinesenbanden verschicken die als Warnung. Die verschicken auch Hundeköpfe. Köpfe und Pfoten hat's hier in der Gegend immer schon ne Menge gegeben, aber Hundekörper hab ich echt noch nie gesehen. Soll ich euch mal sagen, was die mit den Körpern machen?«
    »Bist du kürzlich mal zum Lunch bei Fu gewesen?« fragte Dolly, ziemlich grün im Gesicht.
    »Ja, richtig, Fu kocht seine Hunde«, sagte Dilford, aber niemand lachte.
    »Irgend jemand hat da vermutlich seine Schutzgelder nicht bezahlt«, sagte Runzel-Ronald, als sie die Treppen hinaufstiegen. »Vielleicht einer, der in 'nem Laden in Chinatown arbeitet oder … OH, SCHEISSE!«
    Sie entdeckten den Kopf des Hundes. Es war ein schmutziger, gelblichweißer Mischling gewesen. Der Kopf des Hundes hing an einer Tür in der ersten Etage. Geronnenes, schmutziges Blut hatte dort, wo der Kopf hing, die Tür verschmiert. Es war wirklich eine gräßliche Warnung. Der Kopf war mit einem langen Dreizöller, den man durch die geschwollene Zunge des Tieres getrieben hatte, an die Tür genagelt worden. Das zerfetzte Fell am Hals war oberhalb des scharfen Schnitts im Genick teilweise gewaltsam abgezogen worden, und offensichtlich hatte man den Hund auch ganz in der Nähe getötet, weil der Fußboden vor der Tür des Apartments, in dem wahrscheinlich der Mann wohnte, dem die tödliche Warnung gegolten hatte, eine große Blutlache aufwies. Eine junge Ratte hatte sich übermütig in der klebrigen Masse gewälzt, und sie war dann mit einem blutverschmierten Grinsen direkt an den Gesichtern von Dolly und Dilford vorbeigerannt, genau in dem Moment, als deren Köpfe in Augenhöhe auf dem Treppenabsatz in der ersten Etage auftauchten.
    Dilford zog seinen Revolver und versuchte zu demonstrieren, daß er überhaupt nicht nervös war, indem er über das Menü in Fus Schnellimbiß noch schnell ein paar Witze mehr riß. Die anderen sagten kein Wort. Dolly kämpfte geradezu verbissen gegen das Gefühl an, kotzen zu müssen.
    »Polizei!« brüllte Dilford in den Korridor in der ersten Etage des Apartmenthauses, das völlig menschenleer zu sein schien.
    Überall aber hatten die südostasiatischen Boat-People, die wie Vieh in den schmutzigen kleinen Räumen zusammengepfercht worden waren, ihre Spuren hinterlassen. Die Leute zahlten Wuchermieten an den Eigentümer der Bruchbude, einen smarten Westsider, wie sich später herausstellte, der mühelos 10.000 Dollar für einen mit 24karätigem Gold überzogenen 38er Revolver mit eingraviertem Namen hinblättern konnte, ein Werk von Bijan, dem Fröhlichen Perser vom Rodeo Drive, in dessen Herrenausstattungsgeschäft, dem exklusivsten von ganz Beverly Hills, derartige Kreationen für die modebewußte Klientel immer vorrätig waren.
    Es kam noch immer keine Antwort aus dem oberen Korridor. Die meisten Bewohner gingen offenbar ihrer Arbeit als ungelernte Kräfte nach, in den zahllosen Geschäften und Gewerbebetrieben, die von Thais, Koreanern, Laoten, Vietnamesen, Kambodschanern und Chinesen aufgemacht worden waren, oder in der Innenstadt, in den Ausbeuterläden der Weißen, die sich selbst für die Hüter der amerikanischen Ideale hielten, indem sie die Flüchtlinge aus Asien ebenso gewissenhaft ausbeuteten, wie sie vor ihnen bereits die Mexikaner ausgebeutet hatten. Die vier Cops – sie hatten ihre Revolver inzwischen wieder eingesteckt, weil offen sichtlich keine weiteren verstümmelten Tiere mehr herumlagen und sie zu Tode erschreckten – beschlossen schließlich, die zweite Etage zu überprüfen, immer noch in der Hoffnung, endlich herauszufinden, wer, zum Teufel, aus diesem Spukhaus die Polizei angerufen hatte.
    Die vier Cops stiegen zur nächsten Etage hinauf, wobei ihre Schultergurte knirschten, ihre Schlüssel klirrten und ihr keuchender Atem ziemlich laut zu hören war, nicht etwa, weil sie mit der kurzen Treppe Schwierigkeiten hatten, sondern weil sie immer noch erwarteten, auf irgendwelchen

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