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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Apartmenthaus in der Nähe der Neunten Straße und der Catalina bereits eingetroffen, bevor Dilford und Dolly, denen der Ruf eigentlich gegolten hatte, endlich eintrudelten.
    Jane Waynes Zöpfchenhaare schimmerten purpurgestreift im Sonnenlicht, weil sie gerade erst kurz zuvor wieder mal ihr Spezialspray eingesetzt hatte, und sie sah in ihren maßgeschneiderten Jeans, mit ihren breiten Schultern, dem karmesinrot geschminkten Mund und den schmalen Hüften unverschämt gut aus.
    »Wir kommen als Unterstützung«, sagte Jane Wayne, stieg aus dem Funkwagen und reckte ihre lange Gestalt, während ihr Partner nur zögernd nachkam und sich zum zehntenmal an diesem Morgen an die Stirn faßte.
    »Ich glaub, ich krieg Fieber«, sagte er. »War das nicht das letzte? Wenn ich tot umfallen würd, dahingerafft von so 'nem asiatischen Virus, ausgerechnet einen Tag vor meiner Pensionierung?«
    Sie befanden sich immerhin tatsächlich in der Nähe von Korea Town, und in vielen dieser Häuser hier wohnten Boat-People, Menschen wie der Kambodschaner, der angerufen hatte. Allesamt Leute, die Krieg und Hungersnot überstanden und Piraten und Mördern getrotzt hatten und lebendig in Kalifornien angekommen waren.
    Das Apartmenthaus war eins von diesen zahllosen Stuckgebäuden mit spanischen Ziegeldächern, die in den späten zwanziger Jahren gebaut worden waren, als die Einwohnerzahl im Zentrum von Los Angeles immer schneller anstieg. Es war derzeit bis zum Dachboden mit Flüchtlingen vollgestopft, und wie die Latinos in ihren vollgestopften Apartmenthäusern in anderen Straßen mußten die Bewohner ihre zerbeulten Autos ganze Häuserblocks entfernt parken, weil in jeder Apartmenteinheit mindestens dreimal soviel Leute wohnten, wie ursprünglich vorgesehen waren. Die Geldstrafen für falsches Parken fraßen die mageren Tagesverdienste dieser Boat-People, die meist dieselben miesen Jobs hatten wie die Illegalen aus Südamerika, oft völlig auf.
    Der Gestank von Schweinefleisch überlagerte alles. Von verfaultem Schweinefleisch. Und von angegammelten Hühnchen, die die Restaurants in Chinatown oder Korea Town oder Thai Town auf den Müll geworfen hatten. Die vier Cops sahen einander an, und Dolly hatte das Gefühl, im nächsten Moment kotzen zu müssen.
    Es gab da eine Gemeinschaftsküche, die das ganze Gebäude versorgte. Sie war am Ende der dunklen Halle, und nachdem Dilford »Polizei. Wer hat angerufen?« gebrüllt und keine Antwort gekriegt hatte, gingen die Cops in die Küche, die etwa so groß war wie Leerys Tanzfläche.
    Sie hatte einen Gasherd, der für ein einzelnes Apartment sicher ausgereicht hätte, und einen Backofen. Zwei kurz zuvor benutzte Platten wurden gerade kalt, außerdem rumorte in der Küche noch ein lauter alter Kühlschrank. Jane Wayne machte vorsichtig eine Tür auf und sah, daß dahinter eine finstere Speisekammer lag. Plötzlich strömte ein dunkler, schmutziger Wasserschwall aus der Vorratskammer auf den Fußboden der Küche.
    Das heißt, es war gar kein Wasser.
    Es war eine wahre Springflut von Kakerlaken. Ungeachtet ihres sonstigen Machogehabes stieß Jane Wayne einen schrillen Schrei aus und zog instinktiv ihre Hosenbeine hoch. Dasselbe machte Runzel-Ronald, der sich sofort fragte, ob Kakerlaken die Pest übertragen. Dasselbe machten Dilford und Dolly, und Dilford sagte »Haut ab! Haut ab!« zu der Kakerlakenspringflut, die ihnen um die Füße krabbelte, kribbelte und buchstäblich floß, wie Wasser aus einer Kloake. Dilford zertrat mehrere Dutzend, und die schimmernden Körper der Tiere zersplitterten wie kroß gebratener Schinken. Dolly sagte: »Los, nix wie abhauen!«
    Was sie dann auch taten. Und zwar schleunigst.
    »Iiiiiih!« schrie Runzel-Ronald, als er mehrere Kakerlaken aus seinen Hosenbeinen schüttelte.
    »Ekelhaft!« schrie Jane Wayne, zitternd wie Espenlaub.
    »Abscheulich!« schrie Dolly, und der Pilz, der sich bewegt hatte, fiel ihr ein.
    Dann sahen sie die Pfoten in den Petunien.
    Im ersten Moment kamen sie gar nicht auf die Idee, daß es Pfoten waren. Sie sahen aus wie zwei weiße Petunien zwischen den rosa- und mauvefarbenen anderen. Man hatte sie zwischen den Petunien versteckt, und das ganze Bukett, in Plastikfolie verpackt, war wie ein Liebesgruß vor eine Tür im Erdgeschoß des Apartmenthauses gelegt worden.
    Dolly dachte im ersten Moment, ihre Augen würden durch das schummrige Licht und die Schatten auf dem glatten, schmierigen, nach Urin stinkenden Teppich genarrt. Dann bückte sie

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