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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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junge Frau auf einen Stuhl sprang und dort einen Soft Rock tanzte, während die anderen pfiffen und Beifall klatschten.
    Selbst der Schreckliche Tscheche ließ sich mehr und mehr durch den Anblick der jungen Leute ablenken, die da fröhlich herumtanzten und sangen und für das ebenso erschöpfte wie seltsame Häuflein, das sich wie auf Kommando in die hinterste Ecke der Kneipe zurückgezogen hatte und die Szene von da aus mit Augen voller Argwohn beobachtete, auch noch Bier ausgeben wollten.
    Jane Wayne sagte: »Das muß ne halbe Ewigkeit zurückliegen, daß ich für so was 'n Nerv hatte. Die haben keine Ahnung, wie das … wie das in Wirklichkeit so ist.«
    »Wie was ist?« fragte Dolly.
    »Na, alles zusammen«, sagte Jane Wayne. »Die haben doch keine Ahnung von … von Pfoten in Petunien und all solchen Sachen.«
    »So 'n Mädchen wie die war ich auch mal«, sagte Dolly zu Dilford und starrte ununterbrochen auf die unbekümmerte Blondine, die in ihrem Clubtrikot, die Baseballmütze verkehrt herum aufgesetzt, immer noch auf dem Stuhl tanzte. »Manchmal denk ich, ich sollte wenigstens noch mal versuchen, wieder so zu werden. Ab und zu hab ich ja 'n Date mit Zivilisten, aber da läuft nichts mehr, wenn ich denen drei Takte mehr erzähl über mich. Die sind dann sofort wie eingeschüchtert von 'nem Mädchen, das ne Kanone trägt. Wie kastriert, nehm ich an. Die wissen, daß wir da so manche Dinge zu sehen kriegen. Daß … daß wir da anders sind.«
    »Ich hab vor über 'nem Jahr aufgehört, 'n Mädchen zu sein«, sagte Jane Wayne, die ebenfalls das hübsche Mädchen beim Tanzen beobachtete.
    »Ich auch«, sagte Dolly. »Jetzt seh ich bloß noch so aus, als war ich 'n Mädchen, jetzt bin ich 'n Cop. Und so wird's wohl auch bleiben.«
    Sie wandten sich von dem hübschen Mädchen ab und beschäftigten sich wieder mit ihren Drinks, und allmählich schien sich der Weltschmerz zu verflüchtigen. Sie schienen es kaum noch mitzukriegen, daß die jungen Softballspieler ihr Bier austranken und Leery zum Abschied begeistert zuwinkten und aus der Tür fegten, das Lied »Wir sind die Champions« auf den Lippen.
    »Die haben echt keinen Schimmer«, sagte Jane Wayne. »Noch 'n Scotch, Leery. N Doppelten.«
    »Das sind ja noch Kinder«, sagte Dolly. »Noch 'n Bourbon. N Doppelten.«
    Im Grunde allerdings waren sie nicht mal mehr fähig, die jungen Leute zu beneiden. Diese Zeiten waren einfach vorbei. Das zynische Lächeln von Jane Wayne begegnete dem zynischen Lächeln Dollys, und dabei nickten sie einander verständnisvoll zu. Und tranken weiter. Sie waren beide dreiundzwanzig Jahre alt.
    Nachdem die Zivilisten gegangen waren, kehrten die Cops auf ihre Stammplätze an der langen Theke zurück und fingen wieder mit dem an, was sie zu dieser Stunde am besten konnten: mit Meckern und Tratschen.
    »Ich hör gerade, daß wieder mal 'n Detective aus West Los Angeles sein Ding geraucht hat«, verkündete Cecil Higgins, und das brachte sogar den Schrecklichen Tschechen zum Schweigen.
    »Ein weiteres Opfer der Copseuche«, sagte Dilford sarkastisch.
    »Ja, in den Mund geschossen, wie gewöhnlich«, seufzte Cecil Higgins.
    »Redet doch von was anderem«, sagte Dolly. »Es ist sowieso schlimm genug, daß man dauernd dieses Kruzifix Kaliber achtunddreißig mit sich rumschleppen muß, man muß es ja nun nicht auch noch runterschlucken.«
    »Was machste eigentlich mit deiner Pension, Ronald?« sagte Leery, während er lustlos einen Bierkrug abtrocknete, den er lustlos gespült hatte.
    »Damit machen! Damit kann ich überhaupt nix machen. Glaubste etwa, daß ich's mir leisten könnte, von vierzig Prozent meines letzten Einkommens zu leben, wenn ich mich zur Ruhe gesetzt habe?«
    »Ja, aber dann möcht ich allerdings mal wissen, warum du dir dauernd solche Sorgen machst, ob du bis Mitternacht noch lebst«, erkundigte sich Leery.
    »Mann Gottes, Leery!« sagte Runzel-Ronald. »Weil ich die paar Piepen dann wenigstens sicher hab. Ganz egal, wie viele. Wenn ich dann eines Tages doch noch im Knast lande, isses, so gesehen, auch egal. Es is und bleibt mein Geld. Sie müßten mir meinen monatlichen Pensionsscheck sogar nach San Quentin schicken.«
    »Jeder Cop kommt nach San Quentin, ganz egal, ob er Pension kriegt oder nich«, sagte Cecil Higgins und blickte dabei den Schrecklichen Tschechen an. »Und selbst wenn du dann im Knast der reichste Spitzbube überhaupt wärst, würden sie dir dein Arschloch immer noch so weit auseinanderreißen, daß

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