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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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nächste, der sterben muß!«
    »Ich kann bei Ihnen vorbeikommen«, sagte Mario Villalobos. »Sagen Sie mir, wo.«
    »Ich bin … ich bin jetzt zu durcheinander!« sagte der Anrufer. »Ich rufe Sie morgen vormittag um zehn an. Sind Sie um die Zeit da?«
    »Ich bin da und warte auf Ihren Anruf«, sagte Mario Villalobos. »Aber können Sie mir nicht sagen …«
    »Ich kann Ihnen eins sagen, Sergeant«, sagte der Anrufer. »Das ist wahrscheinlich der größte Fall, den Sie je bearbeitet haben. Ich weiß zwar nicht, wer Missy Moonbeam umgebracht hat, aber ich weiß, was er gewesen ist!«
    Und dann mußte sich Mario Villalobos sagen, daß sein Anrufer eindeutig so bescheuert war wie eine Tanzmaus, die ununterbrochen im Kreis herumwirbelt. So bekloppt wie ein kichernder Eistaucher mit seinem schrillen, unheimlich trillernden Gelächter. So verrückt wie der Schreckliche Tscheche. Mit einer heiseren, flüsternden Stimme wie aus einem Gruselfilm, aus der aber auch die nackte Angst klang, sagte der Anrufer: »Missys Mörder war ein russischer Spion!« Und darauf hängte er ein.
    Stunden später sah Mario Villalobos zu, wie die California Angels von den New York Yankees eingemacht wurden. Mario Villalobos kriegte manchmal Freikarten fürs Dodgerstadion, weil er diesen Freizeitjob bei der Sicherheitstruppe hatte.
    Aber heute abend hatten die Dodgers ein Auswärtsspiel, und so fuhr er raus zum Stadion der Angels und kaufte sich eine Eintrittskarte.
    Er aß Hot dogs und Eis und trank Bier und dachte bei alledem kaum noch an Missy Moonbeam oder Lester Beemer, möglicherweise deshalb, weil die ganze Sache durch diesen Anruf wieder völlig außer Kontrolle geraten war. Schon bevor ihn seine jetzige Sterbensmüdigkeit gepackt hatte, war Mario Villalobos ein logisch und methodisch, manchmal sogar förmlich wie unter Zwang arbeitender Ermittlungsbeamter gewesen. Und russische Spione, sagte er sich jetzt, das war doch typischer Tuntenkram, und wenn man sich mit Tuntenkram beschäftigte, kam erfahrungsgemäß nie was anderes dabei raus als noch mehr Tuntenkram.
    Vielleicht sollte er den Fall einfach an die Schulterhalfterkids abgeben. Er überlegte sich schon, wie er es ihnen morgen verklickern könnte: »Chip, Melody, ich hab da einen Fall für euch, mit dem ihr euch in eurer Freizeit rumschlagen könnt. Da geht's um einen Mord, den ein Spion begangen hat. Die Russen kommen!«
    Er hätte am liebsten gelacht, wenn nicht gerade in diesem Augenblick Feuerwerkskörper auf die siegreichen Gegner der Angels abgefeuert worden wären, und das wenigstens war überhaupt nicht komisch.
    *
    Wie gewöhnlich wurde das große Blabla durch den Schrecklichen Tschechen in Gang gebracht, der an der Bar saß und fürchterlich gereizt war. Das Fernsehteam hatte ihm versprochen, der Interviewausschnitt mit ihm würde in den Fünfuhrnachrichten gesendet. Aber er wurde nicht gesendet.
    Leery schaltete den Fernseher aus, nachdem der Schreckliche Tscheche den Sender angerufen und erfahren hatte, daß ihm zu nächst mal ein Sonderbericht aus dem Nahen Osten vorgezogen worden war.
    »Na, klar«, beschwerte sich der Schreckliche Tscheche bei den armen Hunden in Leerys Saloon. »Nahostkrieg. Araber und Juden haben sich zwar schon gegenseitig gekillt, als Christine Jorgensen noch Eier hatte {5} . Aber wie oft haste schon 'n Interview mit 'nem Polizisten gesehen, der versucht hat, so 'nem dreckigen Schleimscheißer wie Earl Rimms das Leben zu retten? Allzu viele Cops mit Nächstenliebe im Herzen gibt es in der Gegend bestimmt nich. Gottverdammt, entweder bin ich in den Elfuhrnachrichten, oder ich schmeiß Bomben auf die beschissene Fernsehstation!«
    »Reg dich ab, Tscheche, reg dich ab«, sagte Jane Wayne, die hinter dem Monstercop stand und ihn zärtlich an den Augenbrauen zog.
    »Sicher, was soll man da auch schon groß erwarten?« sagte der Schreckliche Tscheche und schnappte sich eine Zeitung. »Bringt ja sowieso keiner mehr echte Nachrichten. Hört euch das an. Da steht, daß bei der Antiatomwaffendemo wieder mal die üblichen Vereine mitgezogen sind. Da war der Nationale Verband der Sozialarbeiter. Da war der Demokratische Club der Lesbierinnen und Homosexuellen. Ich möcht ja bloß mal wissen, warum die Leute da unbedingt dauernd von ›demokratisch‹ reden müssen. Sollte doch eigentlich selbstverständlich sein. Da war die Revolutionäre Kommunistische Partei. Da war der Automobilclub. Die Katholische Arbeiterschaft. Die Schwulen Radikalen zur Rettung der

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