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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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paar mehr auch kaum noch was ausmachen. Vielleicht sollt ich für Ludwig einfach mal 'n Humpen Bier fertigmachen«, sagte Leery grübelnd. Er überlegte es sich nochmals und sagte: »Nee, wenn der wirklich weiß, was mit Gertie los is, war's sicher nicht gut für seinen Kopf.«
    »Gott sei Dank!« schrie Cecil Higgins. »Ich hab ne Sekunde lang geglaubt, du würdest echt einen ausgeben, Leery! Ich hab ne Sekunde lang geglaubt, jetzt hält ich echt den Verstand verloren!«
    Die Elfuhrnachrichten fingen an und waren zu Ende. Der Schreckliche Tscheche konnte es nicht fassen. Sie hatten sein Interview nicht gebracht.
    Als Mario Villalobos um halb zwölf aufkreuzte, um sich einen letzten Drink zu genehmigen, stürzte ein zu Tode erschrockener Trunkenbold, der drei Minuten zuvor zufällig in die Kneipe gestolpert war, völlig hysterisch an ihm vorbei auf den Sunset Boulevard.
    »Gehnse da bloß nich rein, Mister!« warnte er Mario Villalobos. »Da schmeißt 'n riesengroßer Irrer Biergläser in 'n Fernseher! Und ne Frau in 'nem schwarzen Pelz liegt wie tot auf dem Billardtisch!«

 

    8. KAPITEL
    Die Mutter des Jahres
    Mario Villalobos hielt es für ratsam, den Kollegen im Mannschaftsraum nichts davon zu erzählen, daß die Russen kommen würden. Zumindest nicht, bevor er um zehn Uhr was von seinem atemlosen Anrufer gehört hatte. Das heißt, falls der anrufen würde und falls der tuntige Anrufer wenigstens ein paar Informationen über Missy Moonbeam parat haben und trotz aller russischen Spione klar genug im Kopf sein würde, um zusammenhängend berichten zu können. Tuntenkram und Kaviar. Für Mario Villalobos war es eine Premiere, weil Hollywoods Straßennutten für ausländische Agenten normalerweise ohne jedes strategische Interesse waren. Nichtsdestoweniger sah er dem Anruf erwartungsvoll entgegen, wodurch wieder mal bewiesen wurde, daß selbst Morddetectives gegen Schauermärchen und Rührstücke nicht immun sind.
    Inzwischen war Runzel-Ronald beim Morgenappell mit einer goldenen Uhr dafür ausgezeichnet worden, daß er dreißig Jahre Polizeidienst erfolgreich hinter sich gebracht hatte. Die Uhr war aus Schokoladenguß und in Folie eingepackt. Runzel-Ronald sagte zu Jane Wayne, sie könne ab sofort damit aufhören, ihm die Anti-Kau-Tinktur auf seine Fingernägel zu streichen, denn er könne sich beim besten Willen nicht vorstellen, daß er jemals noch an ihnen herumnagen würde. Runzel-Ronald stand da und verbeugte sich zum Dank für den Beifall und aß die goldene Uhr auf und hielt eine kleine Ansprache, aus der sich entnehmen ließ, daß er sich nach dem Erreichen seiner Pensionsaltersgrenze für mehr oder weniger unsterblich hielt und ihn künftig nichts mehr umwerfen könne.
    Drei Stunden später lag er flach auf dem Rücken, in dem Hospital, in dem die Geile Mutter als Krankenschwester arbeitete, und hatte so starke Schmerzen, daß er nicht mal auf die Idee kam, sich von ihr einen blasen zu lassen. Dies passierte, nachdem sie von der Mutter des Jahres angerufen worden waren.
    *
    Sie wohnte auf der Westlake, südlich der Siebten Straße. Sie war zweiundsiebzig Jahre alt und konnte sich seit zehn Jahren nur noch per Rollstuhl bewegen. Ihre Beine waren arthritisch, und ihre Finger waren knorrig wie Eiche und von den unzähligen Zigaretten, die sie rauchte, auch fast so schwarz. Wie die meisten älteren Leute in ihrem Apartmenthaus lebte sie von Sozialunterstützung und bejammerte den Zustrom von Asiaten, die bei ihr durch die Bank Chinamänner hießen, und Latinos, die für sie allesamt Nigger waren.
    Sie hieß Aggie Grubb, aber von diesem Tag an wurde sie nur noch als die Mutter des Jahres bezeichnet, wann immer sich die Cops auf der Rampart Station über sie unterhielten. Sie hatte sich schweren Herzens zu einem Anruf bei der Station durchgerungen, weil ihr Söhnchen einfach nicht aus dem Haus verschwinden und endlich aufhören wollte, ständig auf ihre Kosten zu leben.
    »Ich schaffs einfach nicht, meinen Sohn rauszuschmeißen«, sagte sie traurig zu dem Cop, der das Gespräch entgegennahm. »Der sitzt bloß den ganzen Tag hier rum und ißt mir das bißchen Essen weg, das ich hab, und nimmt keinen Job an und tut nie das, was ich ihm sag. Können Sie nicht mal 'n Polizeibeamten rüberschicken, damit er mit Albert spricht und ihm beibringt, daß er sich besser benehmen und endlich 'n Job annehmen soll?«
    »Wie alt ist Albert, Ma'am?« fragte der diensthabende Beamte.
    »Er ist neununddreißig Jahre alt«, sagte

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