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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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ihm dafür die Chemische Keule direkt in den Arsch gesteckt worden wäre. Sie sei bloß enttäuscht darüber, daß dem Scheißkerl von den Cops nicht ein richtiges Ding verpaßt worden wäre, nachdem sie als Mutter schon nicht die Chance genutzt hätte, ihn mal kurz zu heiß zu baden.
    Die Mutter des Jahres wurde endgültig zur Rampart-Heroine, als sie sagte, daß Jungen wie ihrer nicht nur der lebendige Beweis für den Unsinn aller Resozialisierungsbemühungen seien, sondern daß Kinder wie Albert wahrscheinlich sogar Mutter Teresa aus Kalkutta dazu veranlassen könnten, Engelmacherin zu werden.
    *
    Es wurde zehn Uhr und später, und Mario Villalobos hatte immer noch keinen Geheimbericht über russische Spione gekriegt. Er war ein bißchen enttäuscht. Es war ein trostloser Tag, und eine Menge Nachermittlungsberichte mußten routinemäßig aufgearbeitet werden. So ein Tuntenanruf hätte da sicher etwas Abwechslung in die Monotonie gebracht.
    Während nun aber zur selben Zeit Runzel-Ronald wegen seiner gebrochenen Rippen behandelt wurde, wobei ihm schmerzlich bewußt wurde, daß ihn das Erreichen seiner Pensionsaltersgrenze nach dreißig Dienstjahren eben doch nicht unsterblich gemacht hatte, näherte sich ihm eine schwarze Frau, die gesehen hatte, wie er aus der Ambulanz ausgeladen und eingeliefert worden war.
    Sie trug grüne Seidenshorts, Kniestiefel, ein durchsichtiges grünes Jerseytop und dazu eine bestickte limonenfarbene Jacke, die sie sich locker über die Schulter geworfen hatte. Sie hatte ihren orangefarbenen Lippenstift genauso dick aufgetragen wie das orangefarbene Rouge auf ihrer mokkafarbenen Haut. Ihr Haar war nicht ihr eigenes, sondern sie trug offensichtlich eine Perücke, deren orangefarbene Spitzen zu Stiften nach oben gedreht worden waren. Alles in allem war sie nicht gerade wie eine Kundin der Haute Couture angezogen, zog jedoch so sicher wie das Amen in der Kirche alle Blicke auf sich, wenn sie aufreizend die Straße entlangschlenderte. Und genau das war ihr Geschäft.
    Sie stand da und beobachtete Runzel-Ronald, der in einer abgeteilten Kabine auf der Unfallstation lag, und sie hatte vorher schon mitgekriegt, wie sein Uniformhemd aufgehängt worden war. Sie war hier, um eine häßliche, dick mit Salbe bedeckte Verbrennung an der linken Schulter versorgen zu lassen, und sie hatte schon drei Anläufe genommen, um Runzel-Ronald anzusprechen.
    Als der Arzt schließlich wegging, um sich die Röntgenaufnahmen anzusehen, trat sie an sein Bett. »Officer?« sagte sie zögernd.
    »Ja?« Er schaute zu der Hure hoch. »Bin momentan nicht zuständig für polizeiliche Probleme, Lady.«
    »Mein Alter hat mir hier meine ganze Schulter verbrannt«, sagte sie. »Ich überleg dauernd, ob ich nich ne Anzeige machen soll.«
    »Rufen Sie die Station an«, sagte Runzel-Ronald. »Ich bin nicht in der Lage, Anzeigen entgegenzunehmen.«
    »Aber er is Zuhälter. Ich dachte, für so was interessiert ihr euch immer.«
    »Rufen Sie die Sitte an«, sagte Runzel-Ronald. »Die freuen sich wirklich, wenn sie Anzeigen aufnehmen können. Die haben was gegen Zuhälter.«
    »Ich hab da aber noch was, das ich mal mit der Polente besprechen wollte«, sagte sie.
    »Oje!« sagte Runzel-Ronald, drehte sich, von Schmerzen gepeinigt, auf der Liege um und wandte sein runzliges Gesicht von der Hure ab. »Gönnt mir doch mal ne Pause! Ich habe gerade 'n total beschissenen Tag überlebt!«
    »Es is wegen diesem weißen Mädchen Missy«, sagte die Hure. »Ich hab auf'm Strich gehört, daß sie von dem Dach geschubst worden is.«
    »Was für 'n weißes Mädchen? Was für 'n Dach?« murmelte Runzel-Ronald.
    »Das vom Wonderland-Hotel«, sagte sie. »Dieses Dach, wo 'n Mädchen runtergeschmissen worden is. Ich hab mir gesagt, wenn da einer rumläuft und Mädchen wie mich totmacht, sag ich alles, was ich weiß.«
    Zehn Minuten später hatte Mario Villalobos eine Stimme am Telefon, die er kaum erkannte. Die Stimme troff von Ärger und Schmerzen und Selbstmitleid, und dann, schließlich, begriff er, wer dran war.
    »Ronald?« sagte er. »Was ist denn los?«
    »Hier bei mir ist ne Nutte, die sagt, daß sie was über 'nen Fall weiß, den du bearbeitest«, sagte Runzel-Ronald. »Ich hab 'n paar kaputte Rippen, und meine Achselhöhle ist von der Chemischen Keule so verbrannt, daß sie mir die Haare abrasieren mußten, und mir geht's so dreckig, daß ich mir von der Geilen Mutter nicht mal einen blasen lassen kann, und am liebsten würd ich meine

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