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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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wie 'n Mädchen aus und könnt sich leicht als Weib verkaufen, hat aber Männerklamotten getragen, als ich sie zuletzt gesehen hab.«
    »Wissen Sie, wo ich diese Sissy auftreiben kann?« fragte Mario Villalobos.
    »Da gibt's 'n paar Sissybars nich weit von hier«, sagte die Nutte achselzuckend. »Ich glaub, ich verdrück mich jetzt mal besser. Ich hab heut noch keinen Cent verdient.«
    »Okay, hier ist meine Karte«, sagte Mario Villalobos.
    »Ich hoff nur, daß Sie den Typ schnappen«, sagte sie. »Ich kann diese Freaks echt nich leiden, die Mädchen vom Dach runterschmeißen. Is sowieso schwer genug, auf dieser Welt 'n ehrlichen Dollar zu machen, auch ohne daß dich so 'n Freak vom Dach schmeißt.«
    »Falls Sie doch noch meinen, daß Sie ne Anzeige gegen diesen Zuhälter machen sollten, rufen Sie auf jeden Fall bei uns an«, sagte Mario Villalobos. »Sie sollten sich das nicht gefallen lassen, daß da irgend so 'n Arsch herkommt und Sie als Aschenbecher benutzt.«
    »Oooch, der is wirklich nur gemein zu mir, wenn ich faul bin«, sagte sie. »Wenn ich nich zickig bin, is der Kerl die Liebe selber.«
    Mario Villalobos nickte und öffnete der Frau die Wagentür. Er wußte seit langem, daß gerade auch Nutten ihre kleinen Rührseligkeiten brauchen, um das Leben ertragen zu können.
    Irgendwas nagte an Mario Villalobos. Irgendein kleiner, unbarmherziger Schmerz, einer von der Sorte, der nie richtig schlimm wird und nie weggeht. Irgendwas war ihm gestern erzählt worden, entweder von Lester Beemers Wirtin oder von seiner Sekretärin oder von dem Leichenbestatter, der Lester Beemer verbrannt und in eine Urne geschaufelt hatte. Irgendwas, das nicht zusammenpaßte.
    Als er auf die Uhr guckte, um festzustellen, ob er schon Hunger haben durfte, fiel es ihm ein. Er durfte schon Hunger haben, aber erst mal mußte er ein oder zwei Telefongespräche führen.
    »Ich wollt mich nur mal vergewissern, ob ich Ihr Inventarverzeichnis richtig gelesen hab«, sagte Mario Villalobos zu dem Leichenbestatter am anderen Ende der Leitung. »Sie haben seiner Schwester also die Schlüssel und die Brieftasche und das bißchen Geld geschickt. Und das war alles?«
    »Ja«, sagte der Leichenbestatter.
    »Hat er eine Armbanduhr getragen? Seine Sekretärin hat gesagt, er hätte ne alte Timex getragen.«
    »Nein, keine Armbanduhr.«
    Als nächstes nahm Mario Villalobos zum ersten Mal mit dem Polizeibeamten aus Pasadena Kontakt auf, der in der fraglichen Nacht den Anruf entgegengenommen hatte und in das zwielichtige Motel gefahren war. Er erreichte den Cop in seiner Wohnung.
    »Sobald ich dieses Armband mit den Schrittmacherdaten gefunden hatte, hab ich den Arzt geholt, und der hat den Beerdigungsfritzen geholt«, sagte ihm der Polizist.
    »Trug Lester Beemer da eigentlich ne Armbanduhr?« fragte Mario Villalobos.
    »Nein, keine Armbanduhr, soweit ich mich erinnere«, sagte der Cop. »Da sollten Sie aber noch den Bestattungsunternehmer fragen.«
    Nachdem Mario Villalobos aufgelegt hatte, steckte er sich die siebzehnte Zigarette des Tages an, sagte sich, daß er das Rauchen einschränken mußte, und dachte nochmals über den Fall nach. Dann rief er Mabel Murphy an.
    »Als Sie für Lesters Schwester die persönlichen Sachen aus dem Büro und aus der Wohnung zusammengepackt haben, haben Sie da nicht seine Timex gefunden?«
    »Woher wissen Sie, daß er ne Timex trug?« fragte sie.
    »Sie selber haben es gestern beiläufig erwähnt«, sagte Mario Villalobos.
    »Hat er die denn nicht an der Hand gehabt, als er gestorben ist?« fragte sie.
    »Nein, hat er nicht.«
    »Eigentlich hat er sie dauernd getragen«, sagte sie. »Hat sich alle paar Jahre ne neue Timex gekauft. Der guckte immer auf die Uhr. Unheimlich zuverlässig.«
    »Haben Sie denn bei seinen persönlichen Sachen irgendwelche Reparaturzettel gefunden? Vielleicht hatte er die Uhr ja gerade zu einem Juwelier gebracht, zur Reinigung oder zur Reparatur?«
    »Nein«, sagte sie. »Und um so was hat er sich überhaupt nie gekümmert. Deshalb hat er sich auch nie teure Uhren gekauft. Wenn die Timex stehengeblieben ist, ist er gleich runtergelaufen und hat sich ne neue gekauft. Genauso hat er's mit seinen Krawatten gemacht. Wenn die zu dreckig und fleckig waren, hat er sie in den Abfalleimer geworfen und sich ne neue gekauft.«
    Als Mario Villalobos auflegte, steckte er sich eine neue Zigarette an und hatte ganz vergessen, daß die letzte noch vor sich hin qualmte. Als Lester Beemer starb, hatte ihm also

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