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Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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brandgefährlichen Waffensystemen hantieren zu lassen. Was wäre, wenn etwas schiefging, wenn die Terroristen mit einem halben Dutzend sowjetischer RPG18 davonkamen?
    Martin Beer erzählte, er habe sich einem losen Verbund von Linksgruppen angeschlossen, die sich Spontis nannten. Im Grunde hätten sie aller Ideologie und aller langweiligen theoretischen Diskussionen abgeschworen, ja, tatsächlich, man habe so argumentiert. »Eigentlich waren wir meist auf Streiche aus.
    Man könnte sagen, wir wollten die braven Bürger reizen, Politiker mit Eiern bewerfen, Wände vollschmieren und Versammlungen politischer Gegner durch Geschrei und Lärm auffliegen lassen. Wir waren eine ziemlich heterogene Bewegung, lauter junge Leute, die man nach objektiven Kriterien weder links noch rechts hätte einordnen können. Ich habe keinen Grund, darauf besonders stolz zu sein, aber das war vor zehn Jahren, ja sogar vor mehr als zehn Jahren.
    Ich wohnte damals in Düsseldorf. Weihnachten 1975 hatten sich die Spontis in den Kopf gesetzt, gegen den überbordenden Kommerz zu protestieren, gegen die fette Überflußgesellschaft, die sich auf Kosten der hungernden Mehrheit aller Menschen mästet. Wir wollten Schaufenster mit Parolen vollschmieren, uns als Vietnamesen verkleiden, Eier werfen, Flugblätter verteilen und Straßentheater über die Ausbeutung veranstalten.
    Wir waren etwa fünfzig mehr oder weniger verkleidete Leute. Wir rannten durch die größten Einkaufsstraßen der Innenstadt. Zunächst verlief alles etwa so, wie wir es erwartet hatten. Die Bürger waren nicht sonderlich verblüfft, und auch das Straßentheater heimste nicht gerade stürmische Ovationen ein.
    Kein Mensch schien sich in seiner Kauflust stören zu lassen, aber wir hatten immerhin den Versuch gemacht, die Leute nachdenklich zu stimmen.
    Einen Häuserblock entfernt hielt dann ein grauer Bus. Das erfuhren wir übrigens erst am Tag darauf, daß sie mit einem Bus gekommen waren. Ihm entstiegen rund dreißig kräftig gebaute Männer mit lila und grünen Haaren. Sie hatten alle lila oder grünes Haar - das war vermutlich ein Erkennungszeichen. Diese Burschen begannen Schaufenster einzuschlagen und den einen oder anderen Passanten zu verprügeln. Dann ließen sie sich auf Schlägereien mit uns Spontis ein. Bewaffnet waren sie mit Eisenrohren, um die sie Zeitungspapier und Stoffreste gewickelt hatten. Nach zehn Minuten der Verwüstung und des Prügelns verschwanden alle diese Männer mit gefärbtem Haar wie durch Zauberei. Eine Minute später erschienen hundert uniformierte Beamte einer MEK-Einheit und sammelten die Spontis ein, die noch stehen oder gehen konnten.
    In den Bussen zu den Polizeiwachen bezogen wir weitere Prügel. Wir wurden vierundzwanzig Stunden festgehalten, registriert, fotografiert und erkennungsdienstlich behandelt. Man teilte uns mit, wir seien der Plünderung, der Körperverletzung und der Sachbeschädigung verdächtig.
    Mit dem, wofür ich später verurteilt wurde, hatte ich nichts zu tun. Ich bekam einen Monat Gefängnis. Und was diese Burschen mit dem kurzgeschnittenen gefärbten Haaren betrifft, so gab es schon damals nur eine einzige vernünftige Theorie: Es müssen Polizisten gewesen sein. Ein Jahr später kam es übrigens durch die Presse heraus, daß es sich tatsächlich so verhalten hatte. Die Polizei hatte kriminell gewütet, und die Spontis bekamen die Strafen.
    Etwa um diese Zeit wurde ein Komitee gegen die Folterung der politischen Gefangenen gegründet, das eine bundesweite Kampagne gegen die staatliche Verfolgung der gefangenen RAF-Kämpfer ins Leben rief. Im Stammheimer Bunker brannte Tag und Nacht das Licht, und die Zellenwände waren völlig weiß. Die Gefangenen waren von jeder Kommunikation abgeschnitten. Es hatte den Anschein, als wollte der Staat die verurteilten Terroristen bis an die Grenze des Wahnsinns foltern oder zum Selbstmord treiben.
    Ich schloß mich einem dieser Komitees an. Damals wußte ich noch nicht, daß es tatsächlich ein Teil der RAF war. Ich glaubte, es ginge um ein allgemein humanitäres Programm, darum, gegen unbegründete und grausame Unterdrückung durch die Bullen zu protestieren. Ich hatte diese Unterdrückung ja schon am eigenen Leib erlebt.
    Meine letzten Illusionen über die Demokratie in Deutschland waren dahin, als die Polizei eine Razzia gegen eine Wohnung unternahm, in der ich mit drei anderen Aktivisten der Komitees wohnte. Wir wurden brutal zusammengeschlagen.
    Wahrscheinlich bezog ich die

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