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Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Verteidigungshaushalt des Landes lag irgendwo zwischen dreißig und vierzig Prozent des Bruttosozialprodukts.
    Mindestens jeder dritte Mann im Alter zwischen zwanzig und dreißig Jahren trug eine Uniform. Syrien hatte seinen letzten Kampf mit Israel noch nicht hinter sich. Vermutlich wollten die Syrer eine ausreichende Militärmacht aufbauen, um das Kunststück Ägyptens zu wiederholen, nämlich mit einem plötzlichen Angriff das ganze oder den größten Teil des Gebiets zurückzugewinnen, das Israel besetzt und im Falle Syriens überdies per Gesetz annektiert hatte. Die Syrer stellten sich wohl vor, anschließend mit Hilfe des UN-Sicherheitsrats schnell einen Waffenstillstand zu erreichen, um dann Israel anerkennen und Frieden schließen zu können. Diesen Frieden würden in jedem Fall die Palästinenser bezahlen müssen. Dafür würden die Sowjetunion und die USA einstehen.
    Neben dem alten Kastell gähnte ein großes schwarzes Tunnelloch.
    Es war der Eingang zum Hammediyah-Souk, dem eindruckvollsten Basar des Nahen Ostens. Am anderen Ende lag die große Omaijaden-Moschee, die sie am folgenden Tage besuchen wollten.
    Von Hammediyah bog der Wagen von neuem zur Stadtmitte hin ab, fuhr am Semiramis vorbei und ein Stück weiter in Richtung Sheraton Hotel. Auf dem Weg lag das Restaurant mit dem schlichten Namen Casino.
    Die meisten Gäste saßen im Inneren des Restaurants, aber man konnte auch draußen in den Lauben am Teich Platz nehmen, da diese durch Infrarotschlangen in den Bäumen beheizt wurden.
    Sie ließen sich an einem klapprigen Tisch nieder. Horst Ludwig Hahn bestellte mit knappen Worten und ohne zu zögern eine üppige syrische Mahlzeit, die, wie sich zeigen würde, aus rund zwanzig kleinen Gerichten bestand.
    »Das Bier allerdings taugt nichts. Es heißt Barada und schmeckt eindeutig nach DDR. Hier in Syrien hat man nur die Alternativen Wasser, Whisky oder Arrak. Wir sollten trotzdem Bier bestellen«, stellte Hahn fest.
    »Was ist Arrak für ein Getränk?« wollte Carl wissen.
    »So etwas wie der Ouzo der Griechen oder der französische Pernod. Betäubt die Geschmacksnerven total, so daß alles, was man ißt, nach Lakritze schmeckt. Ich begreife nicht, wie ein solches Getränk im Nahen Osten beliebt werden konnte. Es dürfte eine Erfindung der Türken sein. Wir warten auf eine Freundin, die dir einige Instruktionen geben will.«
    »Aha?«
    »Sie hat mal zu uns gehört, hat aber hier einen Palästinenser geheiratet. Sie weiß, welche Waffen wir haben wollen, aber sie darf nicht erfahren, was wir vorhaben. Kapiert?«
    »Ja. Wer kennt unser Ziel?«
    »Bis jetzt noch niemand. Es kann sein, daß wir in dieser Hinsicht improvisieren müssen. Die Begeisterung unserer Lieferanten ist manchmal nämlich höchst schwankend, und außerdem sind unmöglich viele Leute an der Entscheidung beteiligt.«
    »Welche? Was sollen wir behaupten?«
    »Nun ja, unsere palästinensischen Genossen hier in Damaskus sind nicht ganz so selbständig in ihren Entscheidungen, wie sie behaupten. Wahrscheinlich sind sie nur Mittelsmänner, obwohl wir ihre Unterstützung brauchen. Wenn sie unseren Wunsch befürworten, könnten wir die Syrer dazu bringen, grünes Licht zu geben. Dann allerdings stellen sie sich dumm und tun, als wüßten sie von nichts.«
    »Und diese Freundin ist also unsere Verbindung zu den Palästinensern?«
    »Ja. Wir sehen sie nicht unkritisch, weil sie uns verlassen hat, aber das ist jetzt uninteressant.«
    »Was darf sie über mich wissen?«
    »Wie es ist. Du bist Schwede. Es wäre sinnlos, das zu verheimlichen, denn die Syrer wissen es schon. Du bist unser Waffenexperte und mußt dabeisein, wenn wir die Ware prüfen.«
    »Haben wir genug Geld mit?«
    »Ja, aber Geld ist nicht das Problem.«
    In diesem Moment erschien die unbekannte Freundin. Zu seiner Verblüffung, die er kaum verbergen konnte, erkannte Carl sie sofort wieder: Inge Furth, 41 Jahre alt, 1,65 Meter groß, eine ein Zentimenter lange Narbe auf der Unterseite des rechten Zeigefingers, blond, schielte und trug zeitweise eine Brille.
    Inzwischen war sie offenbar zu Kontaktlinsen übergegangen. Carl gab sich größte Mühe, nicht ihren rechten Zeigefinger anzusehen.
    Sie grüßte und setzte sich, ohne sich Carl vorzustellen. Die drei Deutschen stürzten sich sofort in ein langes Gespräch über die heutige Lage und die alten Zeiten, bei dem Carl völlig ausgeschlossen blieb, bis zwei Kellner mit einem riesigen Tablett erschienen. Sie begannen, eine

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