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Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Damaskus bestrafen oder die Israelis zu solidarischen Strafexpeditionen auf Syrien hetzen könnte, ist für die Syrer alles andere als amüsant. Die Israelis haben tatsächlich schon ein solches Angebot gemacht. Sie möchten wahrscheinlich gern einen kleinen Krieg vom Zaun brechen, um den jüngsten amerikanischen Friedensplan zu durchkreuzen.«
    Carl überlief es plötzlich eiskalt. Damit man ihm nichts von seinem Schrecken anmerkte, entschuldigte er seinen schlechten Appetit mit seinem verdorbenen Magen. Er hatte europäischen Terroristen eine unerhörte Vernichtungskraft in die Hand gegeben. Und im Augenblick wußte der deutsche Verfassungsschutz noch nichts davon. Die Waffen waren unterwegs.
    Wenn er jetzt infolge eines Unfalls oder aus anderen Gründen plötzlich von der Bildfläche verschwand, wäre die Katastrophe kaum noch aufzuhalten. Und er hatte sie organisiert.
    Und was wäre, wenn die Terroristen zu der Ansicht kämen, Carls Mitarbeit sei nicht mehr erforderlich?
    Er überlegte, ob er zum Hotel zurückgehen und trotz des offenkundigen Abhörrisikos telefonieren sollte. Er fragte sich, ob es sinnvoll wäre, daß Siegfried Maack sofort die GSG 9 in Bereitschaft versetzte. Es war aber völlig ungewiß, ob eine derart verzweifelte Aktion etwas anderes bewirken könnte, als daß er sich selbst verriet. Überdies würden die deutschen Kollegen nur das eine Kommando in der Breiten Straße 159 festnehmen können. Carl wußte immer noch nicht, wo sich das Kommando Siegfried Hausner aufhielt, Horsts und Barbaras Bande. Und die war vermutlich der Empfänger der Waffenlieferung.
    Also blieb ihm nur eins - weiterzumachen, um jeden Preis zu überleben und weiterzumachen.
    Horst Ludwig Hahn erzählte gerade, warum es in Syrien nur dieses widerliche Bier gab. Wie die Ägypter hätten auch die Syrer unendliche Schwierigkeiten mit dem Import von Konsumgütern. Aus diesem Grund habe man praktisch jedes andere Bier als dieses Barada verboten. Während er erzählte, sah Carl, wie ein geschlossener Landrover unten auf der Straße hielt und vier junge Männer in Jeans mit Pistolen im Hosenbund heraussprangen und die Treppe zum Restaurant hinaufgingen.
    Das sah nicht nach einem Restaurantbesuch aus. Die Männer schienen mochabarat zu sein, Angehörige des allgegenwärtigen, mehr oder weniger irregulären syrischen Sicherheitsdienstes.
    Einer der jungen Männer trug einen zusammengeklappten AK 47 über der Schulter.
    Horst Ludwig Hahn und Barbara bemerkten die Männer nicht, obwohl sie jetzt offenkundig auf ihren Tisch zusteuerten. Der Restauranttisch stand auf einem terrassenähnlichen Vorbau, der über den Fluß hinausragte, von dem aus an dieser Stelle ein Stichkanal nach Damaskus führte. Carl überlegte kurz, ob er über das klapprige Geländer springen, sechs oder sieben Meter tiefer im Fluß landen und versuchen sollte, ein Telefon zu erreichen. Es war zu spät. Der erste der lümmelhaft wirkenden Sicherheitsleute stand schon an ihrem Tisch und fragte nach den Ausweisen.
    Horst Ludwig Hahn erklärte, ihre Pässe befänden sich im Hotel Sheraton, aber sie hätten ihre Zimmerausweise bei sich. Es kam zu einem kurzen Wortwechsel. Der langhaarige, magere Junge mit dem automatischen Karabiner über der Schulter schüttelte den Kopf. Die Erklärung genügte ihm nicht. Er gab ihnen ein Zeichen, sie müßten mitkommen.
    »Keine Gefahr«, erklärte Horst Ludwig Hahn, »das ist nur ihr Spionage-Wahn. Sie wollen unsere Identität feststellen. Wir trinken ein paar Pepsi-Cola in einer Polizeiwache, das ist alles.
    Schade um das Essen, aber kommt lieber mit. Wir sollten keinen Streit anfangen.«
    Sie erhoben sich zögernd und widerwillig und folgten den vier jungen Männern die Treppe hinunter. Horst Ludwig Hahn ging davon aus, daß ihre Begleiter kein Deutsch sprachen, und wiederholte schnell ein paar Verhaltensmaßregeln. Kein Wort über die Lieferungen, das gehe den mochabarat nichts an. Er, Horst, werde das Gespräch allein bestreiten. Daß sie sich mit Palästinensern getroffen hätten, werde er nur im Notfall erwähnen. Mehr konnte er kaum noch sagen, sie wurden unter die Plane des Landrovers gestoßen, der mit einem Ruck anfuhr.
    Die Restaurantgäste schien der Zwischenfall nicht sonderlich erschüttert zu haben. Vielleicht war es eine reine Routineangelegenheit.
    Der Wagen fuhr nicht nach Damaskus, sondern weiter stadtauswärts. Horst Ludwig Hahn runzelte die Stirn.
    »Merkwürdig«, sagte er, »die haben ihre Büros doch in der

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