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Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Stadt.«
    »Maul halten!« brüllte einer der langhaarigen jungen Leute und richtete eine grobe Pistole auf sie. Interessant, dachte Carl. Ein Colt Modell 1911 AI, Kaliber 45, wird immer noch hergestellt. Typische Waffe aus dem Zweiten Weltkrieg. Wie zum Teufel ist so ein Ding beim syrischen Sicherheitsdienst gelandet? Eine große amerikanische Pistole in der Hand eines kleinen syrischen Sicherheitspolizisten?
    Es wurde keine lange Fahrt. Nach zehn Minuten bog der Landrover von der Straße ab und hielt hinter einer großen Armeekaserne.
    Sie befanden sich schon außerhalb der Stadt. Ihre Bewacher gaben ihnen ein Zeichen, sich absolut still zu verhalten und in einen geschlossenen Armeelastwagen umzusteigen.
    Als sie auf die Ladefläche kletterten, warteten dort schon zwei weitere Männer auf sie, die ihnen auf dem Rücken Handschellen anlegten und sie mit Stoffetzen knebelten. Die Männer gaben durch Klopfzeichen an die Fahrerkabine zu verstehen, daß alles bereit war. Dann sprangen auch die anderen jungen Leute, die nervös Wache gestanden hatten, auf die Ladefläche, und der Wagen fuhr an.
    Carl versuchte, Blickkontakt zu Hahn herzustellen, um dessen Reaktion zu ergründen, aber es war zu dunkel. Carl überdachte ihre Lage. Sie kam ihm verzweifelt vor. Wenn dies tatsächlich die syrische Sicherheitspolizei war, wozu dann dieses hektische Umsteigen in einen Armeelastwagen? Und was hatte es mit dieser amerikanischen Waffe auf sich? Dieses Modell war sogar noch in Vietnam verwendet worden. Konnten es Israelis sein?
    Stand ihm eine späte Rache bevor, weil er vier Offiziere des israelischen Sayeret Matkal getötet hatte? Konnte sich der israelische Nachrichtendienst in Damaskus tatsächlich so frei bewegen? Carl wollte es kaum glauben. Wußten die Israelis überhaupt, daß er Coq Rouge war? Sehr wohl möglich. Das hatten sie sich vielleicht zusammenreimen können. Würden sie ihn hinrichten und die westdeutschen Terroristen freilassen?
    Wohl kaum. Aber dann würden sie alle drei von der Bildfläche verschwinden, und damit hätte die Drachensaat in Europa freie Bahn: Sechs RPG 18 mit einem Dutzend Geschossen.
    Carl hatte eine tödliche Waffe bei sich. Die Klappmessernachbildung, die er in der Tasche trug, besaß eine sieben Zentimeter lange Schneide in einer schützenden Plastikhülle. Sie war aus dem gleichen japanischen Spezialstahl geschmiedet wie sein Kommandomesser. Diese Schneide konnte jedoch gegen Metall nichts ausrichten. Überdies saß er jetzt mit Handschellen auf dem Rücken auf einem Lastwagen. Rücken an Rücken mit ihm saß Barbara. Carl versuchte, ihre Handschellen zu ertasten, um festzustellen, was für ein Modell es war, erreichte aber nur einen Teil, der ihm nichts sagte. Außerdem mißverstand Barbara ihn und ergriff seine Hand. Sie hatte Angst, das war zu spüren.
    Ihr war inzwischen aufgegangen, daß dieser Ausflug nicht dazu diente, ihre Identität festzustellen, wie es zunächst den Anschein gehabt hatte. Carl bemühte sich, sich an weitere Details zu erinnern. Waren ihm nicht auch die Handschellen amerikanisch vorgekommen? War der AK47-Karabiner das Modell mit dem einklappbaren Griff? Ja, ohne Zweifel. Aber das allein besagte noch gar nichts. Sahen diese Burschen nicht zu klein und schmächtig aus, um irgendeinem israelischen Spezialverband anzugehören? Sie sahen sehr arabisch aus und unterhielten sich außerdem auf arabisch. Aber gab es nicht auch arabischsprechende Israelis? Doch, aber jetzt hätten sie keinen Grund mehr gehabt, sich zu verstellen.
    Eine halbe Stunde lang war es bergauf gegangen. Jetzt fuhr der Wagen bergab. Carl kramte in seinem Gedächtnis, war sich aber der Topographie nicht sicher. Sie waren zunächst auf der Hauptstraße weiter stadtauswärts gefahren, und zwar bergauf.
    Sie waren also auf dem Weg zum Libanon. Dort hielten sich ein Gewimmel syrischer Militärverbände auf, dazu die von Syrien anerkannten palästinensischen Guerilleros. Es dürfte für Israelis also die schlechteste aller denkbaren Fahrtrichtungen sein.
    Der Lastwagen hielt an einer Straßensperre. Carl hörte nur einen kurzen Wortwechsel, dann wurde der Wagen offenbar durchgewinkt.
    Etwa eine Stunde lang fuhren sie auf ebenem Gelände weiter. Folglich befanden sie sich unten im Tal vor der langen Steigung zum Libanon hinauf. Sie passierten noch weitere Straßensperren, aber der Fahrer brauchte die Geschwindigkeit nur wenig zu verlangsamen, bevor er passieren durfte. Diese Burschen konnten unmöglich der

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