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Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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des Reiches wurde von dem Alten ausschließlich mit diesem verächtlichen Wort belegt) endlich ein Ende nehmen könne.
    In San Diego befanden sich nämlich zwei neue Agenten in Ausbildung. Das bedeutete, daß der Alte seinem Ziel, beim Nachrichtendienst eine Abteilung aus qualifizierten Operateuren aufzubauen, ein weiteres Stück nähergekommen war. Carl war sozusagen der Prototyp dieser Waffengattung gewesen, und nach dem erfolgreichen Einsatz gegen die Israelis im Vorjahr war die Ausgangslage für die Anwerbung neuer Rekruten hervorragend gewesen. Der Alte hatte so lange gequengelt, bis er seinen Willen bekam. Der Ministerpräsident hatte höchstpersönlich grünes Licht gegeben, nur zwei Wochen vor seiner Ermordung. Der Beschluß war jetzt also heilig, und der Alte glaubte zu wissen, daß der künftige Oberbefehlshaber der Streitkräfte sich über die Entwicklung des Nachrichtendienstes in den letzten Jahren die gleichen Sorgen machte wie er selbst.
    Das war möglicherweise etwas reichlich optimistisch gedacht, und das wußte Carl.
    Die Militärs glaubten blind an ihre Technik und waren der Meinung, die Funk-, Radar und Abhöreinrichtungen seien die stärkste Karte des schwedischen Nachrichtendienstes, da man in Friedenszeiten so gut wie den gesamten militärischen Funkverkehr der Sowjets im Ostseegebiet mithören konnte.
    »Aber das ist doch so verteufelt phantasielos«, bemerkte der Alte, der sonst fast nie fluchte, »zu glauben, daß das in einer Krisensituation irgendwelche Bedeutung hätte. Was würdest du an der Stelle der Russen tun, wenn es tatsächlich zu einer Konfrontation mit Schweden käme?«
    »Das hast du mich schon mal gefragt, ich würde natürlich…«
    »… mit totaler Funkstille beginnen, genau. Und dann tauschen sie alle Codes aus, dann knallt es, und dann hilft es nicht mehr, daß die Funktechniker glauben, sie könnten die neuen Codes innerhalb von zwei Tagen knacken oder sonstwas tun, womit sie immer so prahlen. Zwei Tage später sind wir gar nicht mehr da, nicht wahr?«
    »Nun ja, das sagst du immer.«
    Der Alte bremste sich. Das hatte er tatsächlich schon früher gesagt. Sie gingen dazu über, sich über die Voraussetzungen des deutschen Unternehmens zu unterhalten.
    Im Grunde gab es nicht sehr viel zu sagen. Eine Operation under deep cover hängt natürlich ausschließlich davon ab, wie man seine Tarnung herstellt. Schweden ist ein kleines Land.
    Man kann daher keinen völlig neuen und unbekannten Terroristen namens Andersson aus Trollhättan aus dem Hut zaubern. Es hatte den Anschein, als hätten die Deutschen diese Schwierigkeiten unterschätzt, aber das blieb zunächst abzuwarten. Dagegen, fuhr der Alte fort, sei es jetzt viel wichtiger, diesem, hm, Näsberg ein paar Dokumente abzupressen.
    Erstens brauche Carl ein Papier, das er in einem Bankschließfach oder bei ihm, dem Alten, deponieren müsse, aus dem klar hervorging, daß er schwedischer Sicherheitsbeamter und Offizier sei. Ferner müsse festgehalten werden, daß er an den deutschen Verfassungsschutz ausgeliehen sei, und zwar für eine Operation, um die die Deutschen gebeten hätten, ein Unternehmen, das zu Konflikten mit deutschen oder schwedischen Gesetzen führen könne, und außerdem müsse unmißverständlich gesagt werden, daß Carl dabei auf Befehl gehandelt habe.
    Außerdem müsse er auch von den Deutschen ein ähnliches Dokument verlangen. Näslund werde sich vermutlich sperren, vielleicht auch die Deutschen. Obwohl es nicht sehr wahrscheinlich sei, daß Carl sich mit solchen Papieren bei den Terroristen oder bei der Skandalpresse ausweisen würde. Diese Urkunden ließen sich nur dann verwenden, wenn das Unternehmen danebengehe und er in den Krallen von Polizei und Gerichten lande. Man werde Carl solche Versicherungspolicen nicht verweigern können. Dann werde es auch nicht mehr möglich sein, ihn im Stich zu lassen, dann wären sie im Fall eines polizeilichen Eingreifens gezwungen, ein Verfahren hinter verschlossenen Türen abzuhalten, wie sie es in ihren Memoranden beschrieben hätten - der Alte hatte noch nie von diesem System gehört, obwohl er über die Deutschen einiges wußte, aber das schloß nicht aus, daß man unter bestimmten Voraussetzungen so vorgehen konnte. Und da gebe es noch etwas: Carl solle versuchen, diesen Näsberg oder wie der Kerl heiße schon im voraus dazu zu bringen, sein Empfehlungsschreiben an den Oberbefehlshaber abzuschicken, damit man den Idioten beim Abschirmdienst überfahren

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