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Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Hafenstraße zu suchen hast«, fuhr Carl fort. Er hatte keinen Anlaß, ihren legalen Status anzuzweifeln, aber diese Äußerung machte sie für ihn nur noch undurchschaubarer.
    »Ich versuche, einigen von unseren weniger gut gestellten Genossen ein politisches Bewußtsein beizubringen. Die Hausbesetzerbewegung muß systematisiert werden. Es ist Papierkram zu erledigen, wir müssen etwas Ordnung in den Wirrwarr bringen, mit dem sie selbst nicht fertig werden. Es gibt ein paar Leute, die sich das vorgenommen haben.«
    »Das ist doch lächerlich«, bemerkte Carl mit gespielter Verachtung.
    »In der Falle kann doch nur eine mehr oder weniger revisionistische Partei landen. Was bist du eigentlich, DKP oder wie diese Friedenstauben heißen? Der Frieden muß siegen, was?«
    Sie ließ ein spontanes, klingendes Lachen hören, und Carl war mit sich zufrieden. Die DKP wäre in ihrem Fall natürlich die unmöglichste Alternative gewesen. Jetzt mußte er herausfinden, ob sie vielleicht der MLPD angehörte, der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands. In diesem Fall nämlich wären irgendwelche Sympathien für die Terroristen oder Verbindungen zu ihnen unmöglich. Sie zog es aber vor, das Thema zu wechseln.
    »Was machst du mit dem Geld?« fragte sie ruhig. In ihren Mundwinkeln spielte immer noch ein Lächeln.
    Carl seufzte erneut auf. Das ging ihm alles viel zu schnell.
    »Hör mal zu«, begann er. »Ich habe neulich vielleicht etwas zuviel Vertrauen zu dir gefaßt. Das lag ganz einfach daran, daß ich aus deinen Worten den Eindruck gewann, daß wir irgendwie Genossen sind. Du weißt, wovon du redest, und hast auch eine gewisse theoretische Schulung hinter dir, nicht wahr? Ich halte dich nicht für eine Denunziantin, und außerdem ist auf meine Ergreifung keine Belohnung ausgesetzt wie bei manchen anderen Leuten hier in der Bundesrepublik. Deine indiskrete Neugier muß irgendwo eine Grenze haben, meinst du nicht auch?«
    »Schon möglich, aber du hast demnach nichts mit ›manchen anderen‹ zu schaffen?«
    »Nein, wirklich nicht. Das ist eine reaktionäre Bewegung, eine Sackgasse. Was ist eigentlich so fortschrittlich daran, daß man Warenhäuser in Brand steckt und Direktoren erschießt? Das habe ich nie begriffen.«
    »Du machst dir vielleicht ein etwas vereinfachtes Bild von dem, worum es geht«, bemerkte sie trocken. Im selben Moment betrat ihr Freund das Lokal.
    Carl stellte sich mit Vornamen und Nachname vor, gab dem Neuankömmling die Hand und bemerkte fröhlich, sie diskutierten gerade die Frage, ob es fortschrittlich sei, zu morden.
    Im Verlauf der folgenden einstündigen Diskussion gewann Carl ein recht genaues Bild von den beiden Terroristensympathisanten.
    Er ordnete sie auf der Skala irgendwo zwischen den Roten Zellen und der RAF ein. Sie wohnten hier im Haus, ein paar Stockwerke höher, hatten daneben aber noch eine andere Wohnung in Hamburg - selbstverständlich. Sie meinten, unter den kleinen Gaunern hier so etwas wie eine erzieherische Mission zu haben, da diese sich selbst als Sozialisten oder gar Revolutionäre begriffen, obwohl sie in dieser Eigenschaft noch nie ein Buch aufgeschlagen hatten.
    Die Diskussion geriet ziemlich theoretisch, was Carl ausgezeichnet ins Konzept paßte. Von Zeit zu Zeit versuchte er, mit kleinen Einschüben und Kommentaren klarzustellen, daß er der persönlichen Verantwortung den Vorzug gab, eher der Tat als dem Wort, daß es darum gehe, selbst etwas zu tun, daß man jedoch die Grenzen zu reinem Aktionismus nicht überschreiten solle, daß man beispielsweise die Banken des Großkapitals durchaus erleichtern und das Geld revolutionären Zwecken zuführen dürfe, etwa dem Befreiungskampf der Palästinenser.
    Man dürfe aber keine Zirkusnummer daraus machen, als wären Banküberfälle an sich schon etwas Fortschrittliches. Das würde nur einen reaktionären Gegenschlag auslösen. Davon habe kein Mensch etwas.
    Als er seine Botschaft ungefähr so weit verdeutlicht hatte, brach er das Gespräch ab und ging in sein Hotel. Er hatte das Gefühl, sich jetzt bremsen zu müssen. In Zukunft mußte er sich größere Zurückhaltung und Geduld auferlegen und lieber die Gerüchte für sich arbeiten lassen, statt selbst durch die Gegend zu laufen und seine Rolle zu überziehen wie ein Schmierenkomödiant.
    Als er sein Hotelzimmer betrat, entdeckte er sofort, daß jemand seine Sachen durchwühlt und anschließend versucht hatte, seinen Besuch zu vertuschen. Es konnte natürlich die fette Dame

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