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Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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doch, daß es vernünftig ist, wenn wir uns miteinander unterhalten. Hätte ich euch töten oder euch der Polizei ausliefern wollen, wäre das jetzt schon erledigt. Aber genug davon. Wenn ich euch richtig verstanden habe, wollt ihr hier in Europa eine Art Krieg führen. Der entscheidende Fehler eurer Aktionen ist, daß sie viel zu bescheiden angelegt sind und dem Feind nicht genügend schaden. Das ist natürlich rein hypothetisch, aber…«
    »Komm zur Sache. Was würdest du selbst tun?« unterbrach ihn Friederike Kunkel, als hätte es den Vorfall vorhin gar nicht gegeben.
    »Darauf wollte ich gerade kommen«, fuhr Carl fort und griff wieder zu seinem Bierglas. »Das eindeutig imperialistischste Vorhaben der letzten Jahre ist meiner Meinung nach der amerikanische Überfall auf Libyen gewesen. Reine Kanonenboot-Diplomatie alter Schule, nicht wahr? Die Bomber sind von wohlbekannten Flugplätzen gestartet, etwa Lakenheath in Großbritannien, und zwar mit dem Segen dieses Weibsstücks Thatcher. Es waren Maschinen des Typs F-111, der Stolz der amerikanischen Air Force. Jede Maschine kostet etwa 75 Millionen Dollar, und bei Angriffsflügen verfügen sie über ein elektronisches Abwehrsystem, das es fast unmöglich macht, sie vom Himmel zu schießen. Wir aber, die wir hier sitzen, könnten tatsächlich eine oder mehrere dieser Maschinen mit sehr einfachen Mitteln abschießen. Wir brauchen nur ein paar Redeye oder Stinger oder schlimmstenfalls eine SAM-7 zu klauen. Das sind unkomplizierte Waffensysteme, die so gut wie jeder bedienen kann. Die Pointe ist, daß diese elektronischen Ungeheuer F-111 gerade im Augenblick des Starts unglaublich verwundbar sind. Auf die technischen Einzelheiten brauche ich jetzt nicht einzugehen, möchte aber festhalten, daß eine solche Aktion durchaus möglich ist. Und dann bin ich der Meinung, daß die Wirkungen sowohl rein militärisch wie politisch und psychologisch, eine völlig andere Dimension erhalten würden, als eure verfluchten Einzelmorde. Das ist jedoch nur ein Beispiel, aber es gibt sicher noch weitere.«
    Carl macht eine Pause. Er wollte sich vergewissern, ob seine Worte Wirkung gezeigt hatten. Und siehe da, der Effekt war größer, als er je zu hoffen gewagt hatte.
    »Aber das ist doch eine ganz fabelhafte Idee«, platzte Monika Reinholdt heraus. Als sie sprach, ging Carl auf, daß dies tatsächlich die erste Stimme war, die er außer seiner eigenen und der von Friederike Kunkel bei dieser Diskussion gehört hatte. Er entdeckte auch, daß Monika Reinholdts Augen glitzerten wie bei einem Kind vor dem Weihnachtsbaum. Sie war Feuer und Flamme. Sogar die neben ihr sitzende Eva Sybille zeigte ein leichtes Lächeln und nickte zustimmend. Carl beschloß, den eingeschlagenen Kurs zu halten.
    »Vielleicht ist es nur eine Frage der Kompetenz«, fuhr er in der Absicht fort, seinen peinlich langen Monolog zu beenden und einen anderen zum Sprechen aufzufordern. »Ich meine, ihr könnt nicht so mit Waffen umgehen wie ich, und daher landet ihr bei euren lächerlichen kleinen Morden. Wenn ihr der Sache etwas mehr Aufmerksamkeit gewidmet, wenn ihr euch ausgebildet und trainiert und euer Blickfeld ein wenig erweitert hättet, hättet ihr selbst…«
    »Welche Aktion dieser Art würdest du denn in Schweden planen, wenn wir davon ausgehen, daß wir immer noch rein hypothetisch sprechen?« hakte Friederike Kunkel nach. Carl glaubte zu sehen, daß sie ihren Eifer zu verbergen suchte. Er überlegte kurz. Solchen Problemen hatte er noch keinen Gedanken gewidmet. So sah er sich gezwungen, ganz aufrichtig nachzudenken. Er ging davon aus, daß der amerikanische Imperialismus der Hauptfeind war, was im übrigen seiner Überzeugung entsprach. Und der US-Imperialismus in Schweden?
    Da gab es nicht allzuviel Auswahl.
    »Wenn man in Schweden gegen die Amerikaner zuschlagen will«, begann er langsam, während er immer noch nachdachte, »sollte man den vierten Stock der amerikanischen Botschaft in Stockholm wegpusten. Das gesamte Stockwerk gehört der CIA.
    So läuft man keine Gefahr, andere zu töten. Es ist eine geschlossene Abteilung innerhalb der Botschaft, in der Unbefugte nichts zu suchen haben. Da habt ihr das Ziel.«
    »Aber mit welchen Mitteln? Wie sollen wir es anstellen?« fragte Martin Beer mit einer Stimme, die sich nach seinem langen Schweigen zunächst rauh anhörte. Er war der dritte der Terroristen, der sich äußerte. Die Antwort hatte Carl schon parat.
    »Das Gelände ist für uns äußerst

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