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Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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und die Wahrnehmung der Umgebung als Feind die natürliche Lebensform. Carl war für sie insofern also nichts Besonderes, im Gegenteil, er mußte ihnen genauso normal vorkommen wie sie sich selbst. Sie hielten ihn für einen der Ihren.
    Das war die einzige Erklärung, die Carl halbwegs plausibel erschien. Wenn es sich tatsächlich so verhielt, würde sich manches zweifellos vereinfachen lassen. Er hatte schon viel darüber nachgegrübelt, wie alptraumhaft unwahrscheinlich ein schwedischer Terrorist sein mußte, der dazu noch einsamer Wolf und Robin Hood war. Und jetzt stellte sich heraus, daß die Skepsis dieser Leute auf einem Gebiet lag, auf dem es Carl keine Mühe bereiten würde, sich zu beweisen. Sie wollten sich seine waffentechnische Kompetenz sichern. Sie war offenbar ein unwiderstehlicher Köder gewesen. Bis auf weiteres war er also außer Gefahr.
    Es hatte den Anschein, als hätte sich die hierarchische Disziplin in der Gruppe gelockert. Martin Beer und Werner Porthun stellten eine Reihe von Fragen technischer und militärischer ( Natur, die Carl dazu verleiteten, seine Werbetätigkeit für die Qualifikation der schwedischen Marine zu Sabotageakten und Guerillakriegsführung auszuweiten. Komischerweise verfiel die Gruppe in ein absolut traditionelles Geschlechtsrollenmuster. Je mehr sich die Herren in Waffen und Technik vertiefen wollten, um so ungeduldiger schienen die Damen zu sein. Darauf war Carl nicht gefaßt gewesen. Schließlich wechselte Monika Reinholdt demonstrativ das Thema.
    »Wenn wir, mit allem Respekt natürlich, für einen Moment die schwedische Marine verlassen könnten«, begann sie ironisch, »habe ich eine Frage zu dem, was du vorhin gesagt hast.
    Nämlich dazu, daß du uns nur aus reiner Freundlichkeit oder Neugier gefolgt bist. Könntest du das bitte erklären?«
    Seine Prahlerei war Carl inzwischen fast schon peinlich geworden.
    Er hatte das Gefühl, sich etwas mehr zurückhalten zu müssen, um sich nicht unglaubwürdig zu machen. Tatsächlich hatte er ja nur ein paar Zeitungsartikel im Rücken, in denen von dem Rambo-Räuber die Rede war. Für alles andere war er selbst der einzige Beleg. Außerdem hatte Monika Reinholdts Lächeln etwas an sich, was ihn beunruhigte: Er fühlte sich zu ihr hingezogen.
    »Also, es war doch so«, begann er vorsichtig, »du und er (um ein Haar hätte er Martin Beers Namen zum zweitenmal genannt), ihr wart an der Hauswand, und sie (er nickte zu Eva Sybille Arndt-Frenzel hin) saß auf dem Rücksitz des Wagens, und als er… wie heißt du?«
    »Martin, Martin Beer«, erwiderte Martin Beer überrumpelt.
    »Als sich Martin also von hinten an mich heranmachte und mir die Pistole in den Rücken stieß, gingst du um den Wagen herum, zum Fahrersitz, während sie gleichzeitig die hintere Wagentür öffnete, nicht wahr? So hätte sich kein Polizeitrupp der Welt verhalten. Wenn ihr Polizisten gewesen wärt, hättet ihr mich von drei Seiten umringt, euch in einigen Metern Entfernung gehalten und eure Waffen auf mich gerichtet. Dann hättet ihr mir befohlen, mich bäuchlings auf die Straße zu legen und alle viere auszustrecken. Dann hättet ihr mir Handschellen angelegt und mir alle, ich sage alle, Waffen abgenommen. Statt dessen wolltet ihr mich so schnell wie möglich auf den Rücksitz bekommen, um gleich davonzufahren. So geht die Polizei nicht vor. Und ein Straßenräuber würde nie auf die Idee kommen, ›Polizei‹ zu rufen und den Überfallenen mitzunehmen. Als sich meine erste Verblüffung gelegt hatte, entschloß ich mich, ganz einfach mitzukommen. Es war also schieres Glück, daß ihr so gepatzt habt, denn sonst hätte ich euch getötet. Ich meine, wenn ich euch tatsächlich für Polizisten gehalten hätte. Habt ihr noch mehr von diesem fabelhaften Bier im Haus?«
    »Wie denn?« fragte Martin Beer mit einem Anflug von Feindseligkeit in der Stimme. Carls Ablenkungsmanöver, um ein Bier zu bitten, hatte nicht funktioniert.
    »Ach, das ist doch nicht der Rede wert«, versuchte er sich erneut zu entziehen, aber dieser Versuch war von vornherein zum Scheitern verurteilt.
    »Ja, da bin ich auch neugierig. Wie denn?« fragte die nach wie vor still vor sich hin lächelnde Monika Reinholdt. Carl seufzte.
    »Das ist eine ziemlich triviale Polizeiübung«, begann er demonstrativ widerwillig. »Wenn man die Hände erhoben hält, schlägt man mit der linken Hand nach unten und zur Seite und schafft es so garantiert, die Pistole oder den Revolver beiseite zu schlagen.

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