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Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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dürften sie nur vom Verdacht der schwedischen Polizei erfahren haben, aber das reicht nach den Vorschriften von Interpol nicht für eine Fahndung aus. Es ist ganz einfach so, daß ich nicht verdächtig genug bin, daß man nach mir fahnden könnte. Und darum kann ich mich auch unter meinem eigenen Namen frei über die Grenzen hinweg bewegen. Das ist sehr einfach und praktisch.
    Ihr müßt schon zugeben, daß der kapitalistische demokratische Staat zumindest uns Bankräubern gewisse Vorteile bietet.«
    Der Scherz fiel wie ein Stein zu Boden. Nur bei Monika Reinholdt glaubte Carl die Andeutung eines Kicherns zu erkennen.
    Friederike Kunkel verzog selbstverständlich keine Miene und verfolgte unbeirrt ihren Kurs weiter.
    »Du beschäftigst dich also ausschließlich damit, passiv Kapital zu transferieren. Du nimmst mit anderen Worten nicht selbst am Kampf teil. Hast du keine diesbezüglichen Pläne?« wollte sie wissen.
    Carl beschloß, den Provozierten zu spielen.
    »Jetzt hören Sie mal, Fräulein Terroristenboß«, begann er entrüstet. »Ich ermorde keine unschuldigen Menschen, werfe auch keine Bomben auf zufällige Opfer wie ein paar wildgewordene Amateure in Deutschland, und sollte ich je an direkten Aktionen teilnehmen, könnt ihr Gift darauf nehmen, daß die von ganz anderer Qualität sein werden als eure laienhaften Morde.
    Ihr behauptet, gegen die NATO Krieg zu führen, wenn ich es richtig verstanden habe. In Wahrheit kitzelt ihr die NATO nur ein bißchen auf dem Rücken. Ihr macht sie erst richtig munter, ihr liefert denen einen Vorwand, den Krieg gegen euch mit noch härteren Mitteln zu führen, und das kann für euch nur auf eine Weise enden - und was habt ihr dann erreicht? Nichts, absolut nichts! In der Öffentlichkeit gibt es reaktionäre Meinungsäußerungen, es gibt ein paar Tote, die noch am Leben sein könnten, und ihr macht eure Eltern traurig, sonst nichts.
    Eure Aktionen sind Scheiße, denn ihr schlagt nicht hart genug zu. Ihr seid nämlich Amateure und miese kleine Mörder und sonst nichts.«
    Carl machte eine Pause, um zu sehen, ob das steinerne Gesicht bei diesem Köder anbiß. Die Frau biß an.
    »Der Hauptpunkt deiner Kritik an uns besteht also darin, daß unsere Aktionen nicht wirkungsvoll genug sind. Was hättest du denn an unserer Stelle getan, wenn ich fragen darf?«
    Carl tat, als überraschte ihn die Frage. Er dachte kurz nach, nicht so sehr über die Antwort auf die Frage, sondern darüber, ob es jetzt an der Zeit war, die kleine Nummer vorzuführen, die er sich schon kurz nach dem Betreten des Raums vorgenommen hatte. Er kam zu dem Schluß, daß der Zeitpunkt gekommen war.
    »Die Frage ist zwar hypothetisch, aber nicht ganz uninteressant.
    Ich möchte diese Diskussion gern fortsetzen, aber vorher möchte ich einen grundsätzlichen Vorschlag machen.«
    Damit hielt er inne und wartete Friederike Kunkels Reaktion ab.
    Sie hob die Augenbrauen zum Zeichen, daß er fortfahren solle.
    »Also«, sagte Carl und setzte sich bequem zurecht, »ich schlage vor, daß ihr mir meine Waffen zurückgebt, eure eigenen weglegt und ein paar Biere holt, damit wir uns in etwas freundschaftlicherer Form unterhalten können. Ich habe dieses Theater allmählich satt. Ich bin nicht euer Gefangener.«
    »Nein«, entgegnete Friederike Kunkel kurz und schnell, obwohl Carl jetzt zum erstenmal einen Anflug von Unsicherheit zu erkennen glaubte, »das geht nicht. So ein Risiko können wir nicht eingehen. Wir sollten uns aber nicht als Feinde ansehen.
    Fahr doch da fort, wo du stehengeblieben warst. Du würdest an unserer Stelle also was für Aktionen unternehmen?«
    Carl überlegte, ob er sofort wütend werden und die große Nummer abziehen sollte, oder ob er das Vorspiel noch um ein paar weitere Repliken verlängern sollte. Er entschied sich für die zweite Lösung.
    »Du scheinst nicht ganz begriffen zu haben, was ich gesagt habe«, begann er weich. »Aber ich habe es ernst gemeint. Ich will meine Waffen wiederhaben, und ich wünsche, daß ihr die Tür mit dem Sicherheitsschloß, die ihr vorhin hinter mir verschlossen habt, wieder öffnet. Sonst werde ich nämlich diese Diskussion beenden und nach Hause gehen.«
    Seine Worte hatten die gewünschte Wirkung: Sie starrten ihn erstaunt an. Martin Beer, der ihm gegenüber saß, blickte unruhig auf seine Pistole. Carl beschloß fortzufahren, bevor er eine überflüssige Antwort erhielt.
    »Ihr begreift offenbar nicht, daß ich im Gegensatz zu euch kein Amateur bin. Ich bin

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