Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
Polizeibeamter sind, brauche ich Ihnen nicht näher zu erläutern, welche Paragraphen für dieses Gespräch Vertraulichkeit vorschreiben«, begann Loge Hecht und beschloß gleichzeitig die Taktik, mit der er vorgehen wollte.
    »Die Lage ist kurz gesagt folgende«, fuhr er fort. »Wir wissen, daß wir es mit einer in Hamburg residierenden Terroristenzelle zu tun haben. Zwei der Bankräuber haben wir mit ziemlicher Sicherheit identifiziert. Sie sollen sich jetzt auf eventuelle Beobachtungen konzentrieren, die den dritten Räuber in der Bank betreffen, also den Mann, mit dem Sie selbst zusammengestoßen sind. Ich mache mir Aufzeichnungen. Bitte, erzählen Sie.«
    »Der Mann, mit dem wir hier zu tun haben, ist ohne Zweifel der sogenannte Rambo-Räuber«, erwiderte der Beamte kurz angebunden und schwieg sofort wieder.
    »Aha, tatsächlich? Und worauf gründen Sie diese Annahme?«
    knurrte Loge Hecht mürrisch. Er sah die unangenehmen Schlagzeilen schon vor sich.
    »Nun ja, erstens…«, zögerte der Kriminalinspektor, bevor er sich räusperte und fortfuhr, »muß ich schon gestehen, daß die Fertigkeiten dieses Mannes im Nahkampf alles übertreffen, was ich in meinen fünfzehn Dienstjahren erlebt habe. Normalerweise schafft es nämlich niemand, mich so zu entwaffnen wie der. Die fragliche Person hat eine gediegene Ausbildung auf diesem Gebiet, das kann ich Ihnen versichern. Außerdem geht der Mann höchst professionell mit Waffen um.«
    »Ach ja, tatsächlich? Aber er hat den Wachmann doch nur angeschossen. Ein Terrorist, der einen Gegner mit einer Maschinenpistole vor sich hat, dürfte wohl schießen, um ihn zu töten. Liegt da die Schlußfolgerung nicht näher, daß er sein Ziel glücklicherweise verfehlt hat?«
    »Nein, ganz und gar nicht, da bin ich mir völlig sicher.«
    »Und wie kommen Sie zu dieser kühnen Annahme?«
    Loge Hecht bereute sofort seine ironische Wortwahl, und es entging ihm nicht, daß der Beamte jetzt beleidigt wirkte.
    »Das ist keine Annahme, das ist eine Beobachtung von Fakten«, entgegnete der Polizist mit saurer Miene.
    »Na schön, lassen Sie mich hören. Ich bitte um Vergebung, falls meine Waffenkenntnisse nicht ausreichen sollten. Wie Sie wissen, ist das nicht gerade unser Ressort. Aber berichten Sie, und zwar gern ausführlich.«
    »Erstens fiel mir auf, wie er seinen Revolver hielt. Er hielt den Abzugsfinger gerade, außerhalb des Abzugsbügels, und hatte den Hahn nicht gespannt.«
    »Verringert das nicht die Möglichkeit, sofort zu schießen?«
    »Doch, ohne Zweifel. Aber das ist ja gerade die Pointe.«
    »Inwiefern?«
    »Wenn jemand im Umgang mit Waffen ausgebildet ist, wenn er also berufsmäßig mit Waffen umzugehen hat, geht er auch erheblich vorsichtiger mit ihnen um als diese Wirrköpfe, mit denen wir es sonst zu tun haben. Als er das Magazin meiner Pistole herauszog, habe ich gesehen, daß er nicht einen Augenblick zögerte. Er wußte genau, wie das Ding funktioniert, obwohl es gerade bei dieser Pistole etwas kompliziert ist. Und dann noch das, was passierte, als dieser Verrückte hereinstürmte und das Feuer eröffnete.«
    »Was meinen Sie?«
    »Na ja, wir gingen ja beide gleichzeitig, ganz automatisch sozusagen, in Deckung. Und dann… wir sahen ja beide, was da passierte, und in dem Moment sah er mich an, ich meine der Rambo-Räuber, er sah mir direkt in die Augen, und dabei hatte ich das Gefühl… wie soll ich sagen, es ist schwer zu erklären…«
    »Versuchen Sie es doch.«
    »Nun, wir wechselten einen vielsagenden Blick oder wie man das nennen soll, es war, als… es ist schon etwas komisch, es zu sagen… aber ich hatte das Gefühl, daß es sich bei ihm um einen Kollegen handelte. Und dann spannte er den Hahn seines Revolvers, bevor er auf den Wachmann schoß, und das führt die Gedanken ja in eine bestimmte Richtung.«
    »Das verstehe ich nicht. Bitte erklären Sie mir das.«
    »Ich werd’s versuchen. Er hatte einen Revolver in der Hand, wahrscheinlich einen Smith & Wesson Kaliber.38, das glaube ich jedenfalls. Wenn man erst den Hahn spannt, tut man das, um besser zielen zu können. Dieser Mann nahm sich die Zeit dafür, statt einfach einen Schuß in die Gegend zu feuern. Ich meine, wenn er das getan hätte, hätte er sicher auch treffen können, aber mit viel weniger Präzision. Bei double action wird die Treffgenauigkeit ja viel geringer.«
    »Double action?«
    »Ja, wenn man den Abzug fest hereindrückt, so daß im selben Moment der Hahn gespannt wird, in dem man

Weitere Kostenlose Bücher