Der Diamant des Salomon
jetzt auf einem Kleiderbügel im offenen Schrank.
Statt dessen trug sie ein e n knapp geschnittenen, dunkelblauen Bade m antel und hielt e i ne Haarbürste in der Hand. Ihre Haare, die sie vorhin in einem straffen Knoten getragen hatte, hingen ihr jetzt wie ein d i chter, sch w arzer Pelz auf die Schultern.
»Jetzt kann ich m it Ihnen reden«, sagte Harry.
»Einen Mo m ent bitte.« Die Tür wurde geschlossen. Als sie sich wieder öffnete, war die Schranktür zu und die Haarbürste verschwunden. Die sch m alen, braunen Füße der Frau, deren Nägel wie kleine Muscheln aussahen, steckten in P antoffeln.
»Kom m en Sie rein.«
»Danke.« Harry setzte sich auf den Stuhl, die Frau aufs Bett. »Miss … Strauss, sagten Sie?« Sie nickte. »Strauss.«
»Inwie f ern s ollen Sie m it m i r zusam m enarbeite n ? «
»Man glaubt, daß ich Ihnen vielleicht von Nutzen sein könnte.«
» W er glaubt das ? «
Sie ignorierte die Frage. »Ich bin Restauratorin am Israelischen Museu m .«
»Und warum brauche ich eine Restauratorin ? «
»Mein Spe z ialge b iet i s t es, ange b li c h alte Dinge als F ä lschungen zu entlarven.«
»Aber bei m einem Auft r ag haben wir es m it Edelsteinen zu tun, und die sind mein Spezialgebiet. Edelsteine sind im m er alt.« Plötzlich verstand Harry, was David Leslau in bezug auf ihn e m pfund e n hatte. »Ich brauche Sie nicht.«
»In meinen Anweisungen steht leider nichts davon, daß ich Ihnen die Wahl lassen soll«, sagte die Frau ruhig.
»Als ich einwilligte, hierher zu kommen, habe ich mich nicht dazu bereit erklärt, mit jemandem zusammenzuarbeiten.«
»Überschlafen Sie’s noch mal«, schlug sie vor. »Wir können morgen früh darüber sprechen.«
Irgendwie wollte Harry noch nicht gehen. »Ich war den ganzen Nachmittag in Ihrem Museum«, sagte er. Es ärgerte ihn, daß er sich direkt dazu zwingen mußte, zur Tür zu gehen. Am liebsten hätte er sich mit ihr über van Gogh unterhalten.
Jetzt sah er zum ersten Mal einen amüsierten Ausdruck in ihren Augen. »Dann hat es Ihnen anscheinend gefallen. Gute Nacht, Mr. Hopeman.«
»Gute Nacht, Miss Strauss.«
»Eigentlich bin ich Mrs. Strauss«, sagte sie und schloß die Tür.
Eine Stunde später hörte Harry wieder ein Klopfen. Diesmal aber war es an der Zimmertür nebenan. Harry hörte, wie Mrs. Strauss jemanden hereinließ. Es war ein Mann, der mit tiefer Stimme auf Hebräisch mit ihr sprach. Durch die Wand konnte Harry nicht verstehen, worum sich ihre Unterhaltung drehte.
Aber sie lachten viel.
Eine kurze Weile später schalteten sie den Fernseher ein. Harry lag auf dem Bett und hörte den Ton des überlauten Geräts von nebenan, als sein Telefon klingelte.
»Mr. Hopeman, hier ist der Empfang. Wir haben ein Paket für Sie.«
»Post?«
»Nein, es wurde eben von einem Taxi gebracht.«
»Ich rufe Sie zurück«, sagte Harry und legte auf. Als er beim Empfang anrief, hörte er dieselbe Stimme wie vorhin. »Könnten Sie es mir bitte heraufschicken?«, fragte er.
»Ja, Sir.«
Ein paar Minuten später gab ihm ein Hotelpage einen Würfel von etwa fünfzehn Zentimetern Kantenlänge, der in braunes Papier eingeschlagen war, auf dem mit zittriger Handschrift Harrys Name und der des Hotels geschrieben stand. Nachdem der Page gegangen war, stellte Harry das Päckchen mitten auf den Tisch.
Er duschte und zog seinen Pyjama an. Als er aus dem Badezimmer kam, ging drüben plötzlich der Fernseher aus, und es war sehr still.
Harry hielt das Päckchen ans Ohr, aber er hörte nichts. Vor drei Wochen war in der Jaffa Road eine in einem Motorrad versteckte Bombe hochgegangen und hatte mehrere Menschen getötet. Harry hatte am Nachmittag die schwarzen Brandspuren auf dem Gehsteig gesehen.
Hier in Israel konnte alles, eine Puppe, ein Buch, ei n e Kaffeedose, eine Bo m b e sei n . W arum nicht ein kleines, braunes Päckche n ? Harry legte das Päckc h en in die Schreibtischschublade und p ackte U nterwäsche und H e m den drum h e ru m .
Dann stellte er ei n en sch w eren Lederstuhl vor den Schrei b tisc h .
Er war m üde und versuchte zu schlafen, aber statt dessen gingen ihm noch ein m al die Ereignisse des vergangenen Tages durch den Kopf. Schließlich stand er wie d er auf und aß ein paar Datteln. Sie waren süß und saftig. Dann nahm er das Päckchen aus der Schub l ade. Es explodierte nicht, als er es öffnete. In de r Schac h tel waren z us ammengeknüllte ara b ische Zeit un gen, die er v orsic h tig e n tfaltete. In sie
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