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Der Diamant des Salomon

Der Diamant des Salomon

Titel: Der Diamant des Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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verbietet, einem dieser Frömmler zu sagen, er solle sich zum Teufel scheren. Es ist doch genau das bunte G e m i sch aus Orthodoxen und Freidenkern, das das Judentum so lebendig m acht.«
    »Mrs . Silitsk y un d ic h habe n ei n Verhältni s m iteinander.«
    »Na und? Das ist doch Ihre Sache, David«, sagte Harry sanft.
    »Nein, es ist die Sache von Mea She’ari m .« Der Archäologe war blaß geworden. »Rachel ist eine aguna, eine verlassene F rau.«
    »Eine aguna?« Das war eine verheiratete Frau, deren Mann verschwunden war, bisher aber nicht für tot erklärt werden konnte. Harry bekam langsam das Gefühl, als befände er sich in einer jüdischen Liebesschnulze auf der Ro m anseite des Jewish Daily Forward.
    »Pessah, ihr Mann, hat sie vor zwei Jahren verlassen. Sie weiß nicht, wo er ist. Nach tal m udischem Gesetz darf sie sich ohne seine E i nwilligung für die Dauer von sieben Jahren weder von ihm schei d en lassen noch jemand anderes heiraten.«
    »Neh m en S i e sich doch einen Anwalt. Machen Sie den Behörden F euer unter dem Hintern, so wie Sie es in Cleveland auch m achen wü r den.«
    »In Israel gibt es keine zivile Scheidung. Und Rachel ist bei den religiösen Führern persona non grata. Aber die hatten sie bereits abgeschrieben, bevor sie m i ch kennengeler n t hat.«
    » W as hat sie denn getan?«
    »Mea She’arim wird von religiösen Sekten wie den Naturei Ka r t a, den W ächtern der S t adt, kontrolliert. W eil sie glauben, daß Gott den wahren Messias schicken und dann einen wirklichen Judenstaat gründen wird, verdammen sie das von Menschen geschaffene Israel als eine Fehlentwicklung. Deshalb weigern s i e sich, Steuern zu zahlen oder ihre Kinder auf staatliche Schulen zu schicken. Und sie gehen nicht zur W ahl. Als 1973 die Regierung von Golda Meir in schrecklichen Schwierigkeiten steckte und die Mi n i sterpräside n tin ein Vertrauensvotum für ihre Koalition brauchte, m i ßachtete Rachel dieses Gebot und betrat zum ersten m al in ihrem Leben ein Wahllokal.
    Sie und Pessah Silitsky führten deshalb – ebenso wie über andere Glaubensfragen – einen erbitterten S t reit.
    Rachel hatte es sogar gewagt, sich Z eitungen zu kaufen und sie in A bwesenheit ihres Gatten zu lesen. Und so hatte sie begon n en, eige n t lich gegen ihren W illen, auf eine g anz neue und für sie sch m erzhafte und erschreckende Art zu denken.«
    Leslau erla u bte sich ein Lächeln. »Aber vielleic h t hat i h r Mann sie auch bloß wegen des S abbatessens verlassen. Rachel kocht für den Sabbat immer einen wundervollen Eintopf, weil es aber nun ein m al verboten ist, an diesem Tag ein Feuer zu entzünden oder zu löschen, kocht sie Fleisch und Ge m üse schon am Freitag nac h m ittag und stellt den Eintopf die Nac h t und den ganzen Sa m stag über auf eine kleine Spiritusflamm e , wo e r leise vor sich hinköchelt und ein phantastisches Sabbatessen abgibt. Als Rachel ei n m al am Freitag abend zu Bett ge h en wollte, brach der alte Küchentis c h zusam m en, und der Eintopf kippte u m . Viel schlim m er aber war, daß der brennende Spiritus sich über den T epp i ch ergoß. Als Rachels Mann aus dem Schlafzim m er ka m , f a nd er sie in der Küche, wo sie m it den Flam m en k ä mpfte.«
    »Und ? «
    »Es ist doch verboten, am Sabbat ein Feuer zu löschen.« Leslau zuckte mit den Achseln. »Am nächsten Tag kam der Rabbi und fragte sie, ob sie denn in Lebensgefahr gewesen sei. Sie entgegnete, daß sie das nicht genau sagen könne. In diesem Fall, sagte er, habe sie eine schwere Sünde begangen. Des weiteren, fuhr der Rabbi fort, sei ihm zu Ohren gekommen, daß sie in Läden außerhalb des Viertels eingekauft habe. Er selbst habe dafür gesorgt, daß die Läden in Mea She’arim glatt koscher, absolut sauber, seien. Da sie aber ihre Lebensmittel anderswo kaufe, in Läden, die der Rabbi nicht persönlich inspiziert habe, könne er, Pessah Silitsky, nicht mehr garantieren, daß seine Frau ihm in seinen eigenen vier Wänden nicht unkoscheres Essen vorsetze.
    Am Nach m i ttag desselben Tags kam Pessah früh von der Arbeit nach Hause. Er packte ein paar Sachen zusam m en und verließ ohne ein Wort die W ohnung. Sie hat ihn seitdem nie wieder gesehen.«
    Leslau und Harry sahen sich a n . »Ich wußte nicht, daß so etwas heute noch geschieht«, sagte Harry.
    Leslau sch o b seinen St u hl zurück. » Sehen Sie jetzt, w i e eigen und liebenswert die Leute in Mea She’arim sind ? «
    »Sie sind natürlich herzlich

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