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Der dicke Löwe kommt zuletzt

Der dicke Löwe kommt zuletzt

Titel: Der dicke Löwe kommt zuletzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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flog zum Zelt des Scheichs. Jetzt hörte er, daß sich drinnen etwas regte. Weit und breit war kein Mensch zu sehen, er ließ sich auf der Spitze nieder — er sah aus wie ein bunter Wetterhahn. Er lauschte. Aber der Wind und das Geräusch der Wellen, die auf den Strand aufliefen, übertönten das leise Scharren von Schritten im Zelt. Irgend etwas wurde zurückgeschlagen, es klatschte auf den Boden. Ein Scharnier quietschte... War es der Deckel einer Truhe?
    War Ka der Lösung des Rätsels nahe? Jetzt oder nie mußte er hinein! Mochte geschehen, was wollte!
    Er segelte zum Eingang hinab.
    Im Zelt lastete eine schwüle Luft. Seltsam, daß der Scheich selbst hier leben konnte. Düster war es.
    Ka lugte eifrig herum. Er sah niemanden. Da wagte er sich weiter hinein. In der Mitte des Raumes war ein Loch im Boden — daneben eine geöffnete Falltür. Und der Scheich war wohl in dem verborgenen Keller? Deutlich hörte Ka ihn dort unten gehen und etwas bewegen. Ka versteckte sich unter dem Lager des Scheichs. Dabei fühlte er mit Besorgnis, wie benommen ihn die Luft machte. Durfte er noch länger bleiben?
    Da stieg der Scheich aus der Öffnung empor. Er trug einen kleinen Beutel. Um die Falltür zu schließen, legte er ihn ab. Das Tuch öffnete sich, und ein Fläufchen tabakähnlicher Krümel lag darin. Kleine weiße Rollen kollerten heraus und verteilten sich über den Boden. Eine davon mußte Ka erwischen — aber wie? Ganz nah bei ihm lag so ein Röllchen, eine Zigarette, er brauchte sie nur zu packen... Aber schon näherte sich der Scheich, die Rollen fluchend einsammelnd. Gleich hatte er sie alle. Da rutschte Ka aus seinem Versteck, schnappte sich eine, nur ein paar Millimeter von den Fingerspitzen des Scheichs, flatterte, stolperte, kollerte, erreichte den Eingang und das Freie.
    Der Scheich stieß einen Schrei aus, er schleuderte einen Schuh — zu spät! Was wollte der Vogel mit dieser Beute? Seine Brut füttern? Nun — wohl bekomm’s!
    Ka aber flog, nur von dem Gedanken beherrscht, Sultanien rasch zu erreichen, ohne die weiße Rolle aus dem Schnabel zu verlieren, ohne sie zu beschädigen.
    Sehr schwer! Hunderte von Kilometern hatte er zu überwinden!
    Aber schließlich, alle Vögel tragen ja Halme zum Nest!

Gift und Gegengift

    Als Dok die weiße Rolle bekam, die so sehr einer gewöhnlichen Zigarette glich, entfaltete er eine emsige Tätigkeit. Er schnitt sie auf und verteilte die bräunlichen Brösel gleichmäßig auf einem sorgsam gesäuberten Glastisch. Er nahm sie mit einer Pinzette, roch daran, verbrannte einzelne Krümel, sog den Rauch ein, betrachtete andere durch ein Mikroskop. Und wieder andere löste er in Reagenzgläsern, denen er Chemikalien zusetzte.
    Dok war gründlich. Er verbrauchte die ganze kleine Menge.
    Endlich sagte er: »Diese Zigaretten enthalten ein sehr seltenes Kraut, das die Indianer des südamerikanischen Urwalds auch als Pfeilgift verwenden. Gerät es ins Blut, wirkt es tödlich. In kleinen Mengen geraucht, erzeugt es paradiesische Träume, ohne etwas von seiner Gefährlichkeit zu verlieren. Nur dauert der Verfall länger. Das Sterben kann sich über Jahre hinziehen.«
    »Was machst du jetzt?« fragte Kim.
    »Ich kann glücklicherweise ein zuverlässiges Gegenmittel herstellen. Dann werden wir von geschickten Frauen neue Zigaretten drehen lassen, die diesen hier vollkommen gleichen. Ja — und die müssen wir mit den anderen irgendwie vertauschen. Es muß gelingen! Verteilt der Scheich sie dann an seine Opfer, gibt er ihnen in Wahrheit eine Medizin, die sie sonst vielleicht nicht angerührt hätten. Die von ihm erwartete Wirkung wird nicht eintreten; sie beginnen nicht zu träumen, sondern im Gegenteil, ihr Geist klärt sich — und ihr Zorn wird sich gegen ihn richten. Dann aber wehe ihm!«
    »Dok, du bist fabelhaft!« Pips klatschte in die Hände.
    »Abwarten! Das klingt sehr einfach, aber wir werden alle Klugheit zur Verwirklichung brauchen!«
    In den nächsten Tagen war Dok unermüdlich. Er sammelte Kräuter mit fremdartigen Namen, er trocknete sie und zerrieb sie zu feinem Staub. Aus anderen destillierte er den Saft heraus. Außerdem kaufte er bei den heilkundigen Händlern der Stadt feines weißes Pulver — und alles so unauffällig wie möglich.
    Zunächst mischte Dok einen Brei, aus dem er Tabletten formte. Sie waren winzig und doch wirksam. »Auch der Scheich muß solche Tabletten besitzen«, meinte er. »Anders ist es nicht zu erklären, daß er in der Blauen Wolke leben

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