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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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einen ganz bestimmten Gipfel haften. Die Stelle war mit einer Vielzahl von Anmerkungen in türkischer Sprache versehen sowie Illustrationen von Gold, Silber, Juwelen, Büchern und Getreide.
    »Das also ist es, wofür sich alle so interessieren«, flüsterte KC und fuhr dabei mit dem Finger über den eingezeichneten Weg, der vom Golf von Bengalen flussaufwärts an der Padma entlangführte, die im weiteren Verlauf zum Jamuna wurde, sich dann über Land nach Darjeeling in Indien zog und schließlich in der Gipfelwelt des Himalaja endete. »Was meinst du, was da ist?«
    »Ich weiß es nicht, und ich will es auch nicht wissen«, antwortete Michael.
    »Du bist nicht mal ein kleines bisschen neugierig?«, frotzelte KC.
    »Wenn Simon sich davor fürchtet, fürchte ich mich auch.« Michael rollte die Karte zusammen und steckte sie zurück in die Röhre. »Ich muss ihm diese beiden Sachen bringen.«
    »Ich komme mit. Ich muss vorher nur noch eben mit Cindy sprechen.« KC hob den Arm, schnüffelte an ihrer Achselhöhle und hob skeptisch die Augenbrauen. »Und duschen muss ich auch.«
    »Ich glaube, das würde uns allen zum Wohle gereichen«, witzelte Michael. »Außerdem wollen wir ja nicht, dass du im Krankenhaus jemanden krank machst. Vielleicht stelle ich mich auch eben unter die Dusche. Simon schläft eh noch.« Er schaute auf seine Armbanduhr. »Halbe Stunde?«
    »Danke.« KC saß immer noch auf der Tischplatte.
    Michael packte seine Papiere zusammen und griff sich sein Mobiltelefon und die Lederrolle mit dem echten Stab.
    KC nahm die Rolle mit der Karte in die Hand. »Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich mir die Karte noch einmal ansehe?«
    »Selbstverständlich nicht«, erwiderte Michael und hängte sich die Tasche mit dem Sultansstab über die Schulter. »Aber lass sie nicht aus den Augen.«
    KC rutschte von der Tischplatte, ging zu Michael, hob die Hände und fuhr mit den Fingern durch sein Haar. Dann küsste sie ihn. Es war ein langer und sinnlicher Kuss, und eine Zeit lang schien die Zeit stillzustehen. All ihre Mühen, alle Gefahren und Ängste waren für den Moment vergessen, und sie ergaben sich ganz dem Augenblick.
    »Ich gehe nicht davon aus, dass wir jetzt miteinander …«, begann Michael zaghaft, als sie sich voneinander gelöst hatten.
    »Später.« KC drehte den Kopf und schaute auf die Treppe, die ins Obergeschoss führte, wo Cindy sich aufhielt.
    »Gut. Ich liebe nichts so sehr, wie eiskalt zu duschen«, sagte Michael, wandte sich um und verließ die Suite.
***
    Cindy öffnete die Badezimmertür. Sie hatte sich ein großes weißes Badelaken um den Körper geschlungen. Mit einer Bürste kämmte sie ihr nasses kastanienbraunes Haar, als sie das Schlafzimmer betrat.
    »Alles in Ordnung?«
    Cindy zuckte vor Schreck zusammen, als sie KC auf dem Bett sitzen sah.
    Die beiden Schwestern starrten einander an wie Fremde. Im nächsten Moment drehte Cindy KC den Rücken zu und trat vor den Spiegel, um weiter ihr Haar zu bürsten, als wäre KC gar nicht da.
    »Es tut mir leid«, sagte KC leise.
    Cindy machte sich am Kleiderschrank zu schaffen, zog ein karamellfarbenes Chanel-Kleid heraus, das unter der Plastikhülle einer Reinigung hing, und hängte es an die Tür.
    »Ich habe das alles nicht gewollt. Ich hätte nie gedacht, dass so etwas passieren könnte.« KC senkte den Kopf.
    Cindy ignorierte KC weiter, zog die Plastikhülle vom Kleid, knüllte sie zusammen und warf sie in den Papierkorb.
    »Ich dachte, ich würde sterben«, sagte sie schließlich. Dabei zitterte ihre Stimme und war kaum lauter als ein Flüstern. Im nächsten Moment wandte sie sich schwungvoll um. In ihren Augen schimmerten Tränen der Wut, und die Haarbürste zitterte in ihren bebenden Händen. »Ich hatte Todesangst, aber nicht wegen der Entführung, KC. Weißt du, was am meisten wehtut? Dass mich der einzige Mensch, dem ich je vertraut habe, hintergangen hat. In jeder Hinsicht. Wärst du mir gegenüber ehrlich gewesen, wäre das alles nicht passiert.« Cindy schüttelte sich vor Abscheu. »Du bist eine Kriminelle. Du bist genau das geworden, was Mom unbedingt verhindern wollte. Du bist eine Verbrecherin, genau wie unser Vater ein Verbrecher war!«
    Cindy verstummte. Sie drehte sich wieder zum Spiegel, hielt sich an der Frisierkommode fest und versuchte, sich zu beruhigen.
    KCs Blick irrte durchs Zimmer. Die Situation war ihr peinlich, und sie suchte nach Worten. Plötzlich fiel ihr auf, dass etwas fehlte. »Wo ist dein Gepäck?«
    »Ich habe

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