Der Dienstagabend-Club
machen.‹
Sie gingen nebeneinander die Straße zum Gasthof hinauf, und ich sah, dass die andere Frau gerade aus der Tür getreten war und sich auf die beiden zubewegte. Von der Frau mit dem Namen Carol erhaschte ich einen flüchtigen Blick, als sie an mir vorbeikam. Ich sah ein sehr weiß gepudertes Kinn und einen flammend rot geschminkten Mund, und es ging mir durch den Sinn, ob Margery von dieser Bekanntschaft wohl sehr begeistert sein würde. Ich hatte Margery allerdings nicht aus der Nähe gesehen, von Weitem wirkte sie ein wenig altmodisch.
Nun, es war natürlich nicht meine Angelegenheit, aber manchmal bekommt man merkwürdige kleine Einblicke ins Leben anderer, und man denkt unwillkürlich darüber nach. Einige Brocken ihrer Unterhaltung drangen an mein Ohr. Sie sprachen vom Baden. Der Ehemann, dessen Name Denis zu sein schien, wollte ein Boot nehmen und an der Küste entlangfahren, um ihnen eine sehenswerte Höhle in der Nähe zu zeigen. Carol stimmte zuerst zu, schlug aber dann einen Spaziergang über die Klippen vor, da sie Boote nicht ausstehen könne. Schließlich einigte man sich dahin, dass Carol den Klippenweg benutzen sollte, um das Ehepaar später bei der Höhle zu treffen, zu der Denis und Margery rudern wollten.
Da sie vom Baden gesprochen hatten, überkam auch mich das Verlangen zu schwimmen. Es war ein sehr heißer Morgen, und meine Arbeit ging sowieso nicht gut voran. Auch bildete ich mir ein, dass die Nachmittagssonne eine ausdrucksstärkere Wirkung auf meinem Bild hervorbringen würde. Also packte ich meine Sachen zusammen und ging zu einem kleinen Strandplatz, den ich vorher schon entdeckt hatte – er lag gerade in entgegengesetzter Richtung zu der Höhle. Nach einem herrlichen Bad verzehrte ich meinen Lunch – Zunge aus der Dose und zwei Tomaten – und kehrte nachmittags zuversichtlich und voller Tatendrang zu meiner Arbeit zurück.
Ganz Rathole schien zu schlafen. Mit der Wirkung der Nachmittagssonne hatte ich Recht gehabt, die Schatten waren weit ausdrucksvoller. Ich nahm an, dass die Badegesellschaft wohlbehalten heimgekehrt war; denn zwei Badeanzüge – ein scharlachroter und ein dunkelblauer – hingen über dem Balkongeländer, um in der Sonne zu trocknen.
Ich hatte eine Ecke in meinem Bild ein wenig verpfuscht und war eine ganze Weile eifrig damit beschäftigt, die Sache in Ordnung zu bringen. Als ich wieder aufblickte, lehnte an einer der Säulen des Gasthofes eine Gestalt, die plötzlich aus dem Nichts hervorgezaubert zu sein schien. Der Mann trug Seemannskleidung und war demzufolge ein Fischer. Er hatte einen langen, dunklen Bart, und wenn ich nach einem Modell für einen typisch spanischen Piraten gesucht hätte, so wäre es kaum möglich gewesen, ein besseres zu finden. In fieberhafter Eile machte ich mich sogleich daran, ihn auf meinem Bild festzuhalten, aus Angst, dass er sich entfernen könnte. Obwohl seine ganze Haltung mehr darauf hindeutete, dass er bereit war, die Säule bis in alle Ewigkeit zu stützen.
Er bewegte sich dann aber doch, glücklicherweise nicht, bevor ich ihn skizziert hatte. Er kam auf mich zu und begann zu sprechen. Meine Güte, und wie dieser Mann reden konnte!
Rathole, erklärte er, sei ein interessantes Fleckchen Erde. Meine Beteuerung, dass ich das bereits wisse, rettete mich jedoch nicht vor seinem folgenden Wortschwall. Er tischte mir noch einmal die ganze Geschichte der Zerstörung des Dorfes auf und schilderte mir temperamentvoll und in allen Einzelheiten, wie der Wirt des ›Polharwith-Wappens‹ als letzter daran glauben musste und auf seiner eigenen Schwelle vom Schwert eines spanischen Kapitäns getötet wurde, wie das Blut auf das Pflaster spritzte und hundert Jahre lang nicht abgewaschen werden konnte.
Es passte alles zu der lässigen, schläfrigen Stimmung des Nachmittags. Die Stimme des Mannes war sanft und monoton, hatte aber gleichzeitig einen unheimlichen Unterton. Obwohl er ein unterwürfiges Wesen zur Schau trug, wirkte er auf mich eher wie ein eiskalter, um nicht zu sagen grausamer Zeitgenosse. Ich verstand plötzlich die Inquisition und all die anderen Gräueltaten der Spanier viel besser als je zuvor.
Während der ganzen Zeit, die er auf mich einredete, hatte ich weitergemalt, und plötzlich merkte ich, dass ich in der durch seine Erzählung verursachten Erregung etwas in mein Bild hineinmalte, das gar nicht vorhanden war. Auf das weiße, sonnenbeschienene Pflaster vor der Tür des Gasthofs hatte ich Blutflecke gemalt.
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