Der Dienstagabend-Club
schon. Wir könnten uns zanken, oder sie mag mich erpressen oder dergleichen. Sie hat die Einzelheiten mit mir ausgearbeitet und mir Verschwiegenheit gelobt, aber bei Frauen kann man wirklich nie wissen. Ich sollte es wohl lieber nicht drauf ankommen lassen.«
»Aber, meine Liebe, Sie haben es doch bereits drauf ankommen lassen!«
»O nein!« Jane riss die blauen Augen weit auf. »Haben Sie es denn nicht verstanden? Bis jetzt ist doch noch nichts davon wirklich passiert! Ich habe – ich habe, wie man so sagt, es erst mal den Hunden vorgesetzt.«
»Ich maße mir nicht an, Ihren Theaterslang zu verstehen«, meinte Mrs Bantry würdevoll. »Wollen Sie damit sagen, dass dies ein Projekt der Zukunft ist – und nicht ein in der Vergangenheit liegendes tatsächliches Geschehen?«
»Ich hatte es mir für diesen Herbst vorgenommen – September. Nun weiß ich nicht recht, was ich tun soll.«
»Und Miss Marple hat tatsächlich die Wahrheit erraten und uns nichts davon gesagt? Ein starkes Stück!«, erklärte Mrs Bantry voller Zorn.
»Ich glaube, darum sprach sie davon, dass Frauen zusammenhalten müssten. Sie wollte mein Geheimnis den Männern wohl nicht preisgeben. Das ist sehr nett von ihr. Aber ich habe nichts dagegen, wenn Sie es wissen, Dolly.«
»Nun, schlagen Sie sich die Idee aus dem Kopf, Jane, ich bitte Sie inständig darum.«
»Ich glaube auch«, murmelte Jane. »Vielleicht gibt es doch noch andere alte Damen wie Miss Marple.«
Der Fall von St. Mary Mead
S ir Henry Clithering, Ex-Kommissar von Scotland Yard, war wieder einmal bei seinen Freunden, den Bantrys, in der Nähe des kleinen Dorfes St. Mary Mead zu Gast.
Am Sonnabend Morgen, als er um zehn Uhr fünfzehn – eine angenehme, gastliche Stunde – zum Frühstück nach unten kam, wäre er beinahe mit seiner Gastgeberin, Mrs Bantry, im Türrahmen des Frühstückszimmers zusammengestoßen; denn sie stürzte gerade ziemlich aufgeregt in den Korridor.
Colonel Bantry saß mit puterrotem Gesicht am Tisch.
»Morgen, Clithering«, begrüßte er seinen Gast. »Schöner Tag. Bedienen Sie sich.«
Sir Henry tat, wie ihm geheißen. Als er sich mit seinem Teller voll Nieren und Speck niederließ, meinte sein Gastgeber:
»Dolly ist heute Morgen ein wenig aufgeregt.«
»Ja – hm – den Eindruck hatte ich auch«, erwiderte Sir Henry in sanftem Ton.
Er wunderte sich eigentlich im Stillen darüber. Seine Gastgeberin hatte nämlich ein ruhiges Temperament und ließ sich nicht leicht aus der Fassung bringen. Soweit Sir Henry wusste, besaß sie nur eine Leidenschaft – Blumenzucht.
»Ja«, fuhr Colonel Bantry fort. »Eine Nachricht, die wir heute Morgen erhalten haben, hat sie etwas aus der Fassung gebracht. Ein Mädchen aus dem Dorf – Emmotts Tochter – Emmott, der Wirt vom ›Blauen Eber‹…«
»O ja, natürlich.«
»Ja«, meinte der Colonel sinnend. »Hübsches Mädchen. Hat sich mit einem Mann eingelassen. Übliche Geschichte. Ich hatte mit Dolly ein kleines Wortgefecht deswegen. Töricht von mir. Frauen nehmen keine Vernunft an. Dolly legte sich mächtig für das Mädchen ins Zeug – Sie wissen ja, wie Frauen nun mal sind –, Männer sind alle Scheusale, und so weiter. Aber so einfach ist die Sache nun auch wieder nicht. Heutzutage jedenfalls nicht. Die Mädchen wissen, was sie tun. Ein Bursche, der ein Mädchen verführt, ist nicht unbedingt ein Schurke. In den meisten Fällen hat das Mädchen ebenso viel Schuld. Ich persönlich mochte den jungen Sandford ganz gern. Eher ein junger Esel als ein Don Juan in meinen Augen.«
»Hat dieser Sandford das Mädchen ins Unglück gebracht?«
»Es scheint so. Natürlich weiß ich persönlich nichts Genaues«, setzte der Colonel vorsichtig hinzu. »Alles Geschwätz und Getratsche! Sie wissen ja, wie das hier zugeht. Wie gesagt, ich weiß nichts Positives, und ich bin nicht wie Dolly, die voreilige Schlüsse zieht und mit den Anklagen schnell bei der Hand ist. Zum Kuckuck, man sollte mit seinen Worten sehr vorsichtig umgehen! Sie wissen ja – Leichenschau, und so weiter.«
»Leichenschau?«
Colonel Bantry starrte vor sich hin.
»Ja. Habe ich das nicht erwähnt? Das Mädchen ist ins Wasser gegangen. Darum dreht sich ja das ganze Theater.«
»Das ist eine üble Angelegenheit«, meinte Sir Henry.
»Natürlich. Mag selbst nicht daran denken. Arme, hübsche kleine Range. Ihr Vater ist ein ziemlich harter Mann, wie man so hört. Sie wagte es wohl nicht, ihm gegenüberzutreten.«
Er hielt inne.
»Das hat
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