Der digitale Daemon
Organismen und der Menschen schreitet hingegen weiter unaufhaltsam voran und wird durch die Verbreitung von RFID- und GPS-Chips, von breitbandigen Funknetzen und des Internetprotokolls Version 6 (IPv6) einen weiteren Schub erhalten, weil dann mit möglichen 340 Sextillionen Internetadressen im Prinzip weltweit alles und jedes vernetzt werden und in Echtzeit interagieren kann. Dabei werden Sensoren und Aktuoren bis hin zu Robotern mitunter auch auf Nanogrößen schrumpfen, mobile Netzwerke von »Smart Dust« bilden und als Implantate auch in die Körper und Gehirne der Menschen einziehen. Die digitale Vernetzung wird den Planeten mit erheblichen und sehr ambivalenten Folgen in einen mit diesem interagierenden, aber planetaren Datenraum einhüllen. Man kann von einer erweiterten Realität ebenso sprechen wie umgekehrt von einer in die Realität entgrenzten Virtualität. Die wirkliche Informationsrevolution steht uns daher eigentlich erst noch bevor.
Die Kommunikationsmedien, angefangen von der Schrift bis hin zum mobilen Internet, sind in den Städten entstanden und haben die räumliche Verdichtung weitergetrieben – in die der Datenräume und -flüsse. Die Stadt als räumliche Verdichtung hat sich in den elektronischen Schaltungen der Computer fortgesetzt, die ihre Geschwindigkeit und Leistungsfähigkeit mit der Miniaturisierung steigerten, also auch wieder durch eine räumliche Verdichtung, die nun so weit geht, dass die einstigen Computermonster zunächst zu PCs, dann zu Notebooks und PDAs, jetzt zu Netbooks und schließlich zu Handys mutierten, die in jede Hosentasche passen. Mit den Handys haben sich die Menschen auch mit Mikrofonen und Kopfhörern verbunden; demnächst werden immer mehr Menschen mit Datenbrillen herumlaufen und natürlich auch arbeiten, mit denen sich Daten, Bilder und Informationen über die Welt legen und direkt auf die Netzhaut projiziert werden, anstatt sie nur auf einem Bildschirm zu haben. Zudem können mit den Augenbewegungen die Informationen interaktiv gesteuert werden; Maus, Tastatur, Touchscreen und andere Schnittstellen treten zurück, die Hände werden frei, die Augen lösen sich vom Bildschirm, reale und virtuelle Welt verschmelzen.
Das mobile Internet, die Smartphones, das Prinzip des Always On und des Evernet sind mit einer rasanten Geschwindigkeit in das Leben eingebrochen und werden den Aufenthalt im Raum weiter verändern. Die mobile Revolution geht zudem auch noch einmal schneller vonstatten als die an PCs und Notebooks gebundene Internetrevolution, die vor 20 Jahren mit dem World Wide Web und dem Browser einsetzte, also einem intuitiv bedienbaren Fahrzeug für die virtuellen Räume. Smartphones, die Verschmelzung des Telefons, des Internets und des Computers, letztlich auch des Radios und des Fernsehens, sind billiger als Computer und sie ermöglichen neben dem Andocken an die virtuelle Weltmetropole eben auch weltweite Kommunikation an und mit den meisten Orten. Damit werden große Teile der Welt, selbst relativ entlegene und locker bevölkerte Gegenden, zu einem gemeinsamen Raum, zu einer globalen Stadt, die nicht mehr nur, wie das in Zeiten vor dem Telefon, dem Radio, dem Fernsehen und der Bahn, dem Auto und dem Flugzeug der Fall war, in das urbane Netzwerk als Knoten integriert ist.
Von der digitalen und der sozialen Kluft
Die Hoffnungen sind groß gewesen. Noch als Nachhall des Internetbooms am Ende der 1990er Jahre und im Zuge der ebenfalls noch während des Wirtschaftswachtsums ausgearbeiteten Millenniumsziele der Vereinten Nationen fand 2005 der erste Weltgipfel der Informationsgesellschaft statt. In den zur Jahrhundertwende beschlossenen Millenniumszielen, die mit der Aussicht spielten, bis 2015 den Hunger bzw. chronische Unterernährung weltweit halbieren zu können, hieß es, dass die neuen Techniken, vor allem die Informations- und Kommunikationstechniken, im Rahmen einer »globalen Partnerschaft«, möglichst allen zugänglich gemacht werden sollen. Erst ein Sechstel der Menschheit hatte im Jahre 2000 einen Internetzugang, für die Mehrheit der Menschen war das Internet noch verschlossen.
Diese »digitale Spaltung» wollte man ebenso aufheben, wie man die Kluft schließen wollte zwischen den damals noch relativ wenigen, die eine Breitbandverbindung nutzen konnten, und denen, die noch auf Modems oder andere Schmalbandtechniken angewiesen waren. Auf dem Weltgipfel wurde man noch konkreter und forderte, dass die Hälfte der Menschen bis 2015 einen Zugang zum
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