Der digitale Daemon
Regelbruch innerhalb der bisherigen IT-Logiken darstellt. Wenn plötzlich Daten und Programme nicht mehr auf dem eigenen Gerät abgelegt werden sollen, dann verändert dies zwangsläufig die Funktionsweisen der Geschäftsmodelle und die Denkweisen der Käufer und Verkäufer. Diese Feststellung ist wichtig, denn wir finden sie nicht nur heute in der IT-Branche, sondern auch in allen anderen Branchen jeweils zu den Zeiten, in denen durch Technologiesprünge oder neue Geschäftsmodelle die Machtverteilung der etablierten Player in der jeweiligen Branche komplett auf den Kopf gestellt wurde.
Meist sind hier Regelbrecher am Werk: Rulebreaker nennen wir diese Manager, die bewusst oder unbewusst, aber immer mit Leidenschaft die Grundregeln ihrer Branche verletzen. Diese Rulebreaker haben neue Märkte entdeckt, ganze Branchen an den Rand des Abgrunds gebracht, Millionen verdient und mit eigenen Händen unsere Welt verändert. Ihnen kommt eine besondere Bedeutung für unsere Wirtschaft zu: Sie bringen neue Technologien und Produkte, neue Partner und Netzwerke. Sie übertreten Grenzen, sie stören gewohnte Modelle, brechen mit bekannten Regeln und schaffen neue Märkte. Doch sie bringen nicht nur Neues, sie zerstören auch Altes. Wirkliche Innovation bedeutet die Störung funktionierender Geschäftsmodelle, verteilter Märkte, traditioneller Branchen und etablierter Netzwerke!
Für jeden interessierten Beobachter muss deshalb die erste Frage lauten: Warum? Warum tut sich die erfolgreiche IT-Branche eine solche Selbstkannibalisierung ihrer funktionierenden Geschäftsmodelle an?
Die Regel des Regelbruchs:
Das eigene Geschäftsmodell angreifen
Die Antwort fällt nicht schwer. Natürlich plant niemand, das eigene Geschäft zu verlieren – im Gegenteil. Genau darum müssen große Unternehmen ihre eigenen Geschäftsmodelle angreifen, sie müssen sich selbst kannibalisieren! Denn sie müssen zwangsläufig damit rechnen, dass ihr Geschäftsmodell angegriffen wird. Dies haben in der Vergangenheit schon viele Großkonzerne schmerzlich zu spüren bekommen: Warum wurde der Düsenantrieb für Flugzeuge nicht von den Propellerantriebsherstellern erfunden? Warum entwickelten nicht die Füllfederhalter-Hersteller den Kugelschreiber? Warum wird die Musikindustrie nicht durch Musiklabel revolutioniert und die Buchbranche nicht durch Verlage?
Die Grundwahrheit aller Regelbrüche lautet: Kein Unternehmen wird mit seinem Geschäftsmodell dauerhaft Marktführer bleiben! Es wird jemanden geben, der es angreift und zumeist gewinnt. Doch wenn dies so ist: Was liegt näher als der Gedanke, selbst der Angreifer zu sein. Exakt dies geschieht derzeit unter den großen Playern der IT-Branche. Diese Zeit des Regelbruchs ist eine Phase, in der die Geschwindigkeit der Innovation sowie die Amplitude der strategischen Gewinne und Verluste plötzlich rapide zunehmen. Unternehmen, die nicht rechtzeitig reagieren, werden viel verlieren. Unternehmen, die zur richtigen Zeit dabei sind, haben die Chance, viel zu gewinnen.
Denn konkret geht es bei der Einführung der Cloud-Technologie natürlich nicht nur darum, Daten statt im eigenen Computer an einem anderen Ort zu speichern. Viel wesentlicher geht es darum, die eigenen Daten nicht nur auf dem einen Computer zu nutzen, sondern zugleich auf allen anderen Devices im Tages- und Arbeitsablauf. Die Vision, die die großen Cloud-Betreiber damit verbinden, liegt auf der Hand: Das eigene Betriebssystem soll nicht mehr nur für einen PC benötigt werden, sondern zugleich auch für all die anderen Geräte, die wir im Verlauf eines Tages nutzen. Aus Sicht der normalen Menschen erleben wir hier nicht weniger als den Kampf um das Betriebssystem unseres Lebens.
Aus Sicht der Unternehmen geht es um nicht weniger als um eine neue Machtverteilung in der IT-Welt. Wer jetzt die alten Regeln bricht und dem neuen System seine Regeln aufdrückt, der wird in den kommenden Jahren die strategischen Fäden in den Händen halten.
Wo bleibt die Supernova der Ideen?
Nun läge es nahe, die Schlussfolgerung zu ziehen, dass die kleinen und mittleren Unternehmen der IT-Branche diese Chancen in der Zeit des Regelbruchs besonders offensiv für sich nutzen könnten. Denn zu keinem anderen Zeitpunkt können sie in kurzer Zeit ihrer Konkurrenz so viel Geschäft abnehmen und dauerhaft mit den neuen Regeln die strategische Macht in die Hände bekommen. Richtig! Und doch wieder nicht.
Denn den Mittelständlern in der IT-Branche geht es oft nicht
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